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Unwirksame Preisklauseln für Zinssicherungsgebühr und Zinscap-Prämie

BGH 8.5.2018, XI ZR 790/16

Die von ei­ner Bank ver­wen­de­ten und für Dar­le­hens­verträge mit einem va­ria­blen Zins­satz vor­for­mu­lier­ten Klau­seln hin­sicht­lich ei­ner Zin­scap-Prämie, bzw. ei­ner Zins­si­che­rungs­gebühr sind im Ge­schäfts­ver­kehr mit Ver­brau­chern un­wirk­sam. Die Ab­wei­chung vom ge­setz­li­chen Leit­bild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB in­di­ziert eine un­an­ge­mes­sene Be­nach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners.

Der Sach­ver­halt:
Der kla­gende Ver­brau­cher­schutz­ver­ein wen­det sich mit der Un­ter­las­sungs­klage nach § 1 UKlaG ge­gen fol­gende von der be­klag­ten Bank ver­wen­de­ten und für Dar­le­hens­verträge mit einem va­ria­blen Zins­satz vor­for­mu­lier­ten Klau­seln, mit de­nen die be­klagte Bank in Dar­le­hens­verträgen mit einem va­ria­blen Zins­satz von ih­ren Kun­den eine so­ge­nannte Zin­scap-Prämie bzw. Zins­si­che­rungs­gebühr er­hebt.:

"Zin­scap-Prämie: ...% Zins­satz p.a. ...% va­ria­bel*

*Bis zum ... beträgt der Zins­satz min­des­tens ...p.a. und höchs­tens ...p.a.

Die oben an­geführte Zin­scap-Prämie ist so­fort fällig."

und

"Zins­si­che­rungs­gebühr: ...% Zins­satz p.a. ...% va­ria­bel*

*Bis zum ... beträgt der Zins­satz min­des­tens ...p.a. und höchs­tens ...p.a.

Die oben an­geführte Zin­scap-Prämie ist so­fort fällig."

Der Kläger ist der An­sicht, die be­an­stan­de­ten Klau­seln ver­stießen ge­gen § 307 BGB. Er nimmt die Be­klagte dar­auf in An­spruch, de­ren Ver­wen­dung in Verträgen mit Ver­brau­chern zu un­ter­las­sen.


Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Re­vi­sion der Be­klag­ten hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Dem Kläger steht der gel­tend ge­machte Un­ter­las­sungs­an­spruch zu.

Bei den an­ge­foch­te­nen Klau­seln han­delt es sich um AGB. Auch wenn die Zin­scap-Prämie bzw. Zins­si­che­rungs­gebühr in ein­zel­nen Verträgen mit Kun­den der Be­klag­ten je un­ter­schied­li­che Pro­zentsätze auf­wei­sen, sind die Klau­seln - so wie es für das Vor­lie­gen von AGB vor­aus­ge­setzt wird - auch in­so­weit vor­for­mu­liert, weil die Höhe der Zin­scap-Prämie bzw. der Zins­si­che­rungs­gebühr von der Be­klag­ten an­hand be­stimm­ter Vor­ga­ben er­rech­net wird. Ein "Aus­han­deln" der Zin­scap-Prämie bzw. der Zins­si­che­rungs­gebühr hat die in­so­fern dar­le­gungs­pflich­tige Be­klagte nicht hin­rei­chend dar­ge­tan.

Die Klau­seln un­ter­lie­gen zu­dem gem. § 307 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 und 2 BGB der In­halts­kon­trolle, weil sie je­weils eine von Rechts­vor­schrif­ten ab­wei­chende Re­ge­lung vor­se­hen. Sie sind aus der maßgeb­li­chen Sicht ei­nes recht­lich nicht vor­ge­bil­de­ten Durch­schnitts­kun­den so zu ver­ste­hen, dass mit der Ver­ein­ba­rung ei­nes va­ria­blen Zins­sat­zes nebst Fest­le­gung ei­ner Zins­ober- und -un­ter­grenze eine Re­ge­lung über die Zinshöhe ge­trof­fen und zu­gleich in Ge­stalt der Zin­scap-Prämie bzw. Zins­si­che­rungs­gebühr in­ner­halb der von der Be­klag­ten als ein­heit­li­che Re­ge­lung aus­ge­stal­te­ten Be­stim­mung ein zusätz­li­ches lauf­zeit­un­abhängi­ges (Teil-)Ent­gelt für die Über­las­sung der Dar­le­hens­va­luta fest­ge­legt wird. Die Prämie/Gebühr dient dazu, der Bank für den Fall, dass der va­ria­ble Zins die ver­ein­barte Zins­ober­grenze über­schrei­tet, einen Aus­gleich für ent­ge­hende Zins(mehr)ein­nah­men zu ver­schaf­fen und stellt da­mit ein wei­te­res (Teil-)Ent­gelt dar, das der Dar­le­hens­neh­mer zu­sam­men mit dem Zins als Ge­gen­leis­tung für die Über­las­sung der Dar­le­hens­va­luta schul­det.

Nach der zu­grunde zu le­gen­den kun­den­feind­lichs­ten Aus­le­gung (§ 305c Abs. 2 BGB) ist die Zin­scap-Prämie bzw. Zins­si­che­rungs­gebühr auch lauf­zeit­un­abhängig aus­ge­stal­tet, da sie bei Ver­trags­schluss so­fort fällig ist, ohne dass die an­ge­grif­fe­nen Klau­seln eine an­tei­lige Er­stat­tung für den Fall vor­zei­ti­ger Ver­trags­be­en­di­gung vor­se­hen. Mit die­sem Klau­sel­verständ­nis un­ter­lie­gen die strei­ti­gen Be­stim­mun­gen der In­halts­kon­trolle, weil dem ge­setz­li­chen Leit­bild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zu­folge al­lein der lauf­zeit­abhängige Zins der Preis und da­mit die Ge­gen­leis­tung für die Über­las­sung der Dar­le­hens­va­luta ist. Der da­nach eröff­ne­ten In­halts­kon­trolle hal­ten die Klau­seln nicht stand. Die Ab­wei­chung vom ge­setz­li­chen Leit­bild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB in­di­ziert eine un­an­ge­mes­sene Be­nach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners. Umstände, nach de­nen die Klau­seln auf der Grund­lage ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung die Kun­den der Be­klag­ten gleich­wohl nicht un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen, sind we­der vor­ge­tra­gen noch sonst er­sicht­lich.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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