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Unverhältnismäßig hohe Geschäftsführervergütung: keine Gemeinnützigkeit

BFH v. 12.3.2020 - V R 5/17

Zur Fest­stel­lung von Mit­tel­fehl­ver­wen­dun­gen i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO durch überhöhte Vergütun­gen an den Ge­schäftsführer ei­ner ge­meinnützi­gen Körper­schaft sind die Grundsätze der vGA zu berück­sich­ti­gen. Maßstab des ex­ter­nen Fremd­ver­gleichs sind da­bei die für ver­gleich­bare Tätig­kei­ten auch von Wirt­schafts­un­ter­neh­men gewähr­ten Vergütun­gen. Gewährt die Körper­schaft ih­rem Ge­schäftsführer eine Ver­sor­gungs­zu­sage, die über eine Un­terstützungs­kasse erfüllt wird, ist der für den Ge­schäftsführer lie­gende Vor­teil in Höhe der fik­ti­ven Jah­res­net­toprämie in die Ge­samt­aus­stat­tung ein­zu­be­zie­hen. Bei klei­ne­ren Verstößen ge­gen das Mit­tel­ver­wen­dungs­ge­bot des § 55 AO ist ein Ent­zug der Ge­meinnützig­keit un­verhält­nismäßig (Ba­ga­tell­vor­be­halt).

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist, ob die kla­gende gGmbH in den Jah­ren 2005 bis 2010 (Streit­jahre) als ge­meinnützige Körper­schaft an­zu­er­ken­nen ist. Das Fi­nanz­amt ver­sagte der Kläge­rin, die sich in der psych­ia­tri­schen Ar­beit en­ga­giert und in ers­ter Li­nie Leis­tun­gen im Be­reich der Ge­sund­heits- und So­zi­al­bran­che er­bringt, we­gen un­an­ge­mes­sen ho­her Ge­schäftsführ­er­bezüge die Ge­meinnützig­keit für die Jahre 2005 bis 2010.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte ganz über­wie­gend kei­nen Er­folg. Le­dig­lich für die Streit­jahre 2006 und 2007 war sie er­folg­reich.

Die Gründe:
Die Re­vi­sion der Kläge­rin war al­lein in Be­zug auf die Streit­jahre 2006 und 2007 er­folg­reich, weil das FG für das Jahr 2006 nicht berück­sich­tigt hat, dass die An­ge­mes­sen­heits­grenze le­dig­lich ge­ringfügig (um rd. 3.000 €) über­schrit­ten war und es für das Jahr 2007 un­ter­las­sen hat, bei der An­ge­mes­sen­heitsprüfung einen Si­cher­heits­zu­schlag an­zu­set­zen. Im Er­geb­nis zu­tref­fend ist das Ur­teil je­doch in­so­weit, als die Kläge­rin in den Streit­jah­ren 2005 so­wie 2008 bis 2010 nicht ge­meinnützig war.

Ob im Ein­zel­fall un­verhält­nismäßig hohe Vergütun­gen an­zu­neh­men sind, ist durch einen sog. Fremd­ver­gleich zu er­mit­teln. Als Aus­gangs­punkt hierfür können all­ge­meine Ge­halts­struk­tur­un­ter­su­chun­gen für Wirt­schafts­un­ter­neh­men her­an­ge­zo­gen wer­den, ohne dass da­bei ein "Ab­schlag" für Ge­schäftsführer von ge­meinnützi­gen Or­ga­ni­sa­tio­nen vor­zu­neh­men ist. Da sich der Be­reich des An­ge­mes­se­nen auf eine Band­breite er­streckt, sind nur die­je­ni­gen Bezüge als un­an­ge­mes­sen zu be­wer­ten, die den oberen Rand die­ser Band­breite um mehr als 20 % über­stei­gen. Liegt ein un­an­ge­mes­sen ho­hes Ge­schäftsführer­ge­halt vor, ist un­ter Berück­sich­ti­gung des Verhält­nismäßig­keits­prin­zips ein Ent­zug der Ge­meinnützig­keit al­ler­dings erst dann ge­recht­fer­tigt, wenn es sich nicht le­dig­lich um einen ge­ringfügi­gen Ver­stoß ge­gen das Mit­tel­ver­wen­dungs­ge­bot han­delt.

Hin­ter­grund:
Das Ur­teil ist von weit­rei­chen­der Be­deu­tung für die Be­steue­rung ge­meinnützi­ger Körper­schaf­ten, da es die Grund­la­gen für die Er­mitt­lung von noch zulässi­gen Ge­schäftsführ­er­bezügen auf­zeigt und diese Grundsätze auch auf an­dere Ge­schäfts­be­zie­hun­gen mit ge­meinnützi­gen Körper­schaf­ten (z.B. Miet-, Pacht-, Dar­le­hens­verträge) an­ge­wen­det wer­den können.

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