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Umsatzsteuer: Anteiliger Vorsteuerabzug für Leistungen eines Insolvenzverwalters

FG Köln 9.5.2014, 4 K 2584/13

Eine wirt­schaft­li­che Zu­rech­nung der In­sol­venz­ver­wal­tertätig­keit zum wirt­schaft­li­chen Be­reich des Un­ter­neh­mens ori­en­tiert am Maßstab der In­sol­venz­for­de­run­gen ist sach­ge­recht. Die Ver­wer­tung des Vermögens ist nur das Mit­tel zum Zweck, das letzt­end­lich dem ei­gent­li­chen Ziel der Ver­wal­tertätig­keit dient, nämlich der Til­gung der Ver­bind­lich­kei­ten. Im Übri­gen ist die Quote der be­trieb­li­chen In­sol­venz­for­de­run­gen auch ein prak­ti­ka­bler Auf­tei­lungsmaßstab.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war im Jahr 2006 zum In­sol­venz­ver­wal­ter über den Nach­lass ei­nes Apo­the­kers be­stellt wor­den. Die­ser war be­reits vor sei­nem Tod zah­lungs­unfähig nach § 17 InsO we­gen so­fort fälli­ger, aber nicht be­dien­ba­rer Ver­bind­lich­kei­ten. Die Haupt­ver­bind­lich­keit - re­sul­tie­rend aus der Über­nahme der Apo­theke - machte einen An­teil von 530.056 € der In­sol­venz­for­de­run­gen aus, die sich ins­ge­samt auf ca. 889.393 € be­lie­fen. Den Ver­bind­lich­kei­ten des Klägers stan­den Ak­tiva aus dem Pri­vat­vermögen i.H.v. 753.415 € so­wie dem Be­triebs­vermögen i.H.v. 12.400 € ge­genüber.

Im Juli 2012 reichte der Kläger auf elek­tro­ni­schem Wege die Um­satz­steu­er­vor­an­mel­dung des II. Ka­len­der­vier­tel­jah­res 2012 für den In­sol­venz­schuld­ner ein. Diese wies einen Vor­steuerüber­hang von 10.219 € aus. Die erklärte Vor­steuer re­sul­tierte aus der Rech­nung des In­sol­venz­ver­wal­ters i.H.v. 64.005 €, in der eine 19%ige Vor­steuer i.H.v. 10.219 € aus­ge­wie­sen war.

Das Fi­nanz­amt setzte hin­ge­gen die Um­satz­steuer mit -3.372 € fest, was ei­ner Kürzung des erklärten Be­tra­ges um 67 % ent­sprach. Hin­ter­grund die­ser Kürzung war eine Dif­fe­ren­zie­rung hin­sicht­lich der Vor­steu­er­beträge da­nach, ob die vom Kläger ver­wer­te­ten Ak­tiva des In­sol­venz­schuld­ners aus des­sen Pri­vat­vermögen oder aber aus des­sen be­trieb­li­chem Vermögen stamm­ten. Das Fi­nanz­amt ging da­von aus, dass 67 % der ver­wer­te­ten Ak­tiva aus dem Pri­vat­vermögen stamm­ten.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage teil­weise statt. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Sa­che die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte die Um­satz­steu­er­er­stat­tung zu Un­recht le­dig­lich auf 3.372 € und nicht auf 6.131 € fest­ge­setzt. Zwar war das Un­ter­neh­men des In­sol­venz­schuld­ners nicht zum vollen Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigt. Die Vor­steuer war aber i.H.v. 60% der von dem Kläger als In­sol­venz­ver­wal­ter be­zo­ge­nen Ein­gangs­leis­tung ab­zu­zie­hen.

Der (Nach­lass-) In­sol­venz­schuld­ner hatte als Un­ter­neh­mer eine sons­tige Leis­tung be­zo­gen. Zwar en­det die Un­ter­neh­merei­gen­schaft grundsätz­lich, wenn der Un­ter­neh­mer keine Umsätze mehr tätigt. Un­ter­neh­me­ri­sch tätig ist aber auch noch der­je­nige, der sein Un­ter­neh­men ab­wi­ckelt. Die In­sol­ven­zeröff­nung hat auf die Un­ter­neh­merei­gen­schaft des In­sol­venz­schuld­ners grundsätz­lich kei­nen Ein­fluss. Die sons­tige Leis­tung des In­sol­venz­ver­wal­ters wurde im vor­lie­gen­den Fall von die­sem nur zum einem An­teil von 60% für das Un­ter­neh­men des In­sol­venz­schuld­ners aus­geführt.

Die Ein­gangs­leis­tung des In­sol­venz­ver­wal­ters gehört zu den all­ge­mei­nen Auf­wen­dun­gen des In­sol­venz­schuld­ners und be­rech­tigt da­her zum Vor­steu­er­ab­zug. Schließlich hängen die Kos­ten di­rekt und un­mit­tel­bar mit der wirt­schaft­li­chen Ge­samttätig­keit des In­sol­venz­schuld­ners zu­sam­men. Die Ein­gangs­leis­tung des In­sol­venz­schuld­ners be­zog sich hier nicht nur auf sei­nen un­ter­neh­me­ri­schen Be­reich, son­dern auch auf den nicht­un­ter­neh­me­ri­schen. Denn der In­sol­venz­ver­wal­ter veräußerte das ge­samte pri­vate und un­ter­neh­me­ri­sche Vermögen des In­sol­venz­schuld­ners zur Be­die­nung der pri­va­ten und un­ter­neh­me­ri­schen Ver­bind­lich­kei­ten. Bei der so­mit hier er­for­der­li­chen Vor­steu­er­auf­tei­lung für Leis­tungs­bezüge, die ei­ner wirt­schaft­li­chen und ei­ner nicht­wirt­schaft­li­chen Tätig­keit des Un­ter­neh­mers dien­ten, war § 15 Abs. 4 UStG ana­log an­zu­wen­den. Eine Auf­tei­lung durch den Un­ter­neh­mer selbst gem. § 15 Abs. 4 S. 2 UStG war nicht er­folgt.

Das Ge­richt hielt eine wirt­schaft­li­che Zu­rech­nung der In­sol­venz­ver­wal­tertätig­keit zum wirt­schaft­li­chen Be­reich des Un­ter­neh­mens ori­en­tiert am Maßstab der In­sol­venz­for­de­run­gen für sach­ge­recht. Die Ver­wer­tung des Vermögens ist nur das Mit­tel zum Zweck, das letzt­end­lich dem ei­gent­li­chen Ziel der Ver­wal­tertätig­keit dient, nämlich der Til­gung der Ver­bind­lich­kei­ten. Im Übri­gen ist die Quote der be­trieb­li­chen In­sol­venz­for­de­run­gen auch ein prak­ti­ka­bler Auf­tei­lungsmaßstab. Denn die Beträge der zu be­die­nen­den For­de­run­gen sind ohne wei­te­res er­mit­tel­bar und be­ru­hen grundsätz­lich auf fest­ste­hen­den Zah­len. Das Fi­nanz­amt hatte da­ge­gen eine Zu­rech­nung nach dem Verhält­nis der Vermögens­an­teile, wie sie vom In­sol­venz­ver­wal­ter im Be­richt zur ers­ten Gläubi­ger­ver­samm­lung er­mit­telt wor­den wa­ren, vor­ge­nom­men. Eine daran ori­en­tierte Auf­tei­lung war je­doch we­der sach­ge­recht noch war sie in die­sem Fall frei von Rechts­feh­lern.

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