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Tarifbegünstigung des Betriebsaufgabegewinns trotz vorheriger Ausgliederung

BFH 28.5.2015, IV R 26/12

Der Ge­winn aus der Auf­gabe ei­nes Be­triebs un­ter­liegt auch dann der Ta­rif­begüns­ti­gung gem. § 34 EStG, wenn im en­gen zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit der Be­triebs­auf­gabe eine das ge­samte Nenn­ka­pi­tal um­fas­sende Be­tei­li­gung an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft zum Buch­wert in ein an­de­res Be­triebs­vermögen über­tra­gen oder überführt wird. Denn eine der­ar­tige Be­tei­li­gung wird in § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG einem Teil­be­trieb gleich­ge­stellt.

Der Sach­ver­halt:
Der während des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens ver­stor­bene M, der von der Kläge­rin be­erbt wurde, war al­lei­ni­ger Kom­man­di­tist der RS-KG. Zu­dem war er al­lei­ni­ger Ge­sell­schaf­ter der Kom­ple­mentär-GmbH (RS-GmbH), die am Vermögen der RS-KG nicht be­tei­ligt war. Die RS-KG ver­mie­tete den in ih­rem Mit­ei­gen­tum ste­hen­den Grundstück­steil zunächst im Rah­men ei­ner Be­triebs­auf­spal­tung an die GS-GmbH, an der M. eben­falls sämt­li­che Ge­sell­schafts­an­teile hielt. Ab 2002 und da­mit auch im Streit­jahr 2004 wur­den an die GS-GmbH, nach­dem diese ih­ren Be­triebs­sitz an einen an­de­ren Ort ver­legt hatte, nur noch fünf Ga­ra­gen als La­gerfläche ver­mie­tet.

Nach Ge­sell­schaf­ter­be­schluss schied die RS-GmbH zum 30.12.2004 aus der RS-KG aus. M. überführte so­dann das bis­he­rige Ge­sell­schafts­vermögen der RS-KG in sein Pri­vat­vermögen. Die An­teile an der GS-GmbH und an der RS-GmbH, die beide bis zum 30.12.2004 im Son­der­be­triebs­vermögen des M. bei der RS-KG bi­lan­ziert wur­den, überführte er in sein Son­der­be­triebs­vermögen bei der V-KG, an der er zu 40 % als Kom­man­di­tist be­tei­ligt war.

Für die Überführung der Mit­ei­gen­tums­an­teile an dem Grundstück in das Pri­vat­vermögen des M er­mit­telte die RS-KG im Rah­men der Fest­stel­lungs­erklärung 2004 einen Auf­ga­be­ge­winn, der in vol­lem Um­fang dem M. zu­ge­rech­net wurde. Das Fi­nanz­amt stellte zunächst an­trags­gemäß einen auf M. ent­fal­len­den ta­rif­begüns­tig­ten Auf­ga­be­ge­winn i.H.v. 46.759 € fest. Doch nach er­neu­ter Prüfung ging die Behörde da­von aus, dass der Auf­ga­be­ge­winn nicht ta­rif­begüns­tigt sei. Schließlich seien anläss­lich der Be­triebs­auf­gabe nicht alle stil­len Re­ser­ven auf­ge­deckt wor­den. Denn die An­teile an der GS-GmbH und an der RS-GmbH, die we­sent­li­che Be­triebs­grund­la­gen i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG dar­stell­ten, seien ohne Auf­de­ckung der stil­len Re­ser­ven in ein an­de­res Son­der­be­triebs­vermögen des M. überführt wor­den.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Gründe:
Zu Un­recht war das FG da­von aus­ge­gan­gen, dass die Überführung der An­teile an der GS-GmbH und an der RS-GmbH aus dem Son­der­be­triebs­vermögen des M. bei der RS-KG in des­sen Son­der­be­triebs­vermögen bei der V-KG der Ta­rif­begüns­ti­gung des Auf­ga­be­ge­winns der RS-KG ent­ge­gen­stand.

Gem. § 34 Abs. 1 S. 1 EStG un­ter­lie­gen in dem zu ver­steu­ern­den Ein­kom­men ent­hal­tene außer­or­dent­li­che Einkünfte der Ta­rif­begüns­ti­gung nach den S. 2 bis 4. Gem. § 34 Abs. 2 Hs. 1 EStG kom­men als außer­or­dent­li­che Einkünfte nur die enu­me­ra­tiv in § 34 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 EStG auf­geführ­ten Einkünfte in Be­tracht, so u.a. nach Nr. 1 Veräußerungs­ge­winne i.S.d. § 16 EStG. Zu den in § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG auf­geführ­ten Veräußerungs­ge­win­nen i.S.d. § 16 Abs. 1 EStG und den gem. § 16 Abs. 3 EStG gleich­ge­stell­ten Auf­ga­be­ge­win­nen gehören u.a. die Ge­winne aus der Veräußerung/Auf­gabe des gan­zen Ge­wer­be­be­triebs, ei­nes Teil­be­triebs oder ei­nes  Mit­un­ter­neh­me­ran­teils. Als Teil­be­trieb gilt nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auch die das ge­samte Nenn­ka­pi­tal um­fas­sende Be­tei­li­gung an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft.

Die Ta­rif­begüns­ti­gung knüpft da­mit nach der ausdrück­li­chen Ent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers nicht stets an die vollständige Auf­gabe des be­trieb­li­chen En­ga­ge­ments an. Ebenso hat der BFH - an­ge­sichts der dop­pelstöcki­gen Struk­tur un­ter Her­an­zie­hung des Trans­pa­renz­grund­sat­zes - die Veräußerung der An­teile an ei­ner Ober­ge­sell­schaft als ta­rif­begüns­tigte Veräußerung be­ur­teilt, ob­wohl im zeit­li­chen Kon­text mit die­ser Veräußerung An­teile der Ober­ge­sell­schaft an ei­ner Un­ter­ge­sell­schaft zum Buch­wert aus­ge­glie­dert wor­den wa­ren (BFH-Urt. v. 25.2.2010, Az.: IV R 49/08).

Diese Recht­spre­chung ist auf alle in § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 bis 3 EStG ge­nann­ten Sach­ge­samt­hei­ten zu er­stre­cken. Da­nach un­ter­liegt der Ge­winn aus der Auf­gabe ei­nes Be­triebs auch dann der Ta­rif­begüns­ti­gung gem. § 34 EStG, wenn im en­gen zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit der Be­triebs­auf­gabe eine das ge­samte Nenn­ka­pi­tal um­fas­sende Be­tei­li­gung an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft zum Buch­wert in ein an­de­res Be­triebs­vermögen über­tra­gen oder überführt wird. Denn eine der­ar­tige Be­tei­li­gung wird in § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG einem Teil­be­trieb gleich­ge­stellt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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