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Regelmäßige Arbeitsstätte nach unbefristeter Versetzung

BFH 8.8.2013, VI R 59/12

Wird ein Ar­beit­neh­mer un­be­fris­tet ver­setzt und ist eine Ver­weil­dauer von vier Jah­ren an der be­trieb­li­chen Ein­rich­tung des Ar­beit­ge­bers ab­seh­bar, kann von ei­ner auf Dauer und Nach­hal­tig­keit an­ge­legte re­gelmäßige Ar­beitsstätte aus­ge­gan­gen wer­den. In­so­fern kann der Ar­beit­neh­mer die Kos­ten für die Wege von sei­ner Woh­nung zur Ar­beitsstätte nur be­grenzt gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG als Wer­bungs­kos­ten zum Ab­zug brin­gen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Po­li­zei­be­am­ter in NRW. Er wohnt mit sei­ner Fa­mi­lie in S. im Kreis I. Bis ein­schließlich Sep­tem­ber 2000 war er bei der Kreis­po­li­zei­behörde I. tätig. Im Au­gust 2000 wurde er als Fach­leh­rer un­be­fris­tet zum Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut in H. ver­setzt. Die Rück­ver­set­zung zur bis­he­ri­gen Behörde sollte vor­aus­sicht­lich zum Ok­to­ber 2004 er­fol­gen. Im An­schluss daran wurde der Kläger bei dem Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut bis 2010 noch in wei­te­ren Po­si­tio­nen tätig. Nach dem Wil­len des Dienst­herrn soll das in der Aus- und Fort­bil­dung ein­ge­setzte Per­so­nal der Po­li­zei in einem ge­ord­ne­ten Ver­fah­ren ro­tie­ren, um den Pra­xis­be­zug der Aus- und Fort­bil­dung zu gewähr­leis­ten. Die Ver­wen­dungs­dauer der Do­zen­ten ist des­halb grundsätz­lich auf vier Jahre mit der Möglich­keit der ein­ma­li­gen Verlänge­rung um zwei Jahre be­grenzt.

Ende März 2009 wies das zuständige Lan­des­amt dem Kläger eine Stelle als "Mo­dul­grup­pen­lei­ter" in dem Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut zu, die mit einem End­ter­min von Au­gust 2013 ver­se­hen war. Als je­weils an­schließende Wunsch­behörde des Klägers wurde in den Stel­len­zu­wei­sun­gen im­mer wie­der die Kreis­po­li­zei­behörde in I. an­ge­ge­ben. Das Fi­nanz­amt ver­trat hin­sicht­lich des Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des für das Streit­jahr 2008 die Auf­fas­sung, dass es sich bei dem Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut um die re­gelmäßige Ar­beitsstätte des Klägers han­dele und des­sen Kos­ten für die Wege von sei­ner Woh­nung dort­hin nur be­grenzt gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG als Wer­bungs­kos­ten zum Ab­zug zu­ge­las­sen wer­den könn­ten.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion des Klägers vor dem BFH blieb er­folg­los.

Die Gründe:
Das Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut war im Streit­jahr die re­gelmäßige Ar­beitsstätte des Klägers i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG.

Ob der Ar­beit­neh­mer le­dig­lich - un­ter Bei­be­hal­tung sei­ner bis­he­ri­gen re­gelmäßigen Ar­beitsstätte - "vorüber­ge­hend" in ei­ner an­de­ren be­trieb­li­chen Ein­rich­tung sei­nes Ar­beit­ge­bers tätig wird oder von An­be­ginn dau­er­haft an den neuen Be­schäfti­gungs­ort ent­sandt wurde und dort eine (neue) re­gelmäßige Ar­beitsstätte begründet hat, ist nach den Ge­samt­umständen des Ein­zel­falls zu be­ur­tei­len. Das Ge­setz gibt der­zeit noch (an­ders als künf­tig § 9 Abs. 4 EStG i.d.F. des Ge­set­zes zur Ände­rung und Ver­ein­fa­chung der Un­ter­neh­mens­be­steue­rung und des steu­er­li­chen Rei­se­kos­ten­rechts vom 20.2.2013) keine zeit­li­che Ober­grenze für die An­nahme ei­ner vorüber­ge­hen­den Auswärtstätig­keit vor.

In­fol­ge­des­sen war im vor­lie­gen­den Fall das Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut die re­gelmäßige Ar­beitsstätte des Klägers. Der Kläger war im Jahr 2000 un­be­fris­tet an das Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut ver­setzt wor­den. Er mus­ste so­mit zu Be­ginn sei­ner Tätig­keit da­von aus­ge­hen, an sei­ner neuen Dienst­stelle nicht nur vorüber­ge­hend, son­dern dau­er­haft tätig zu sein. Un­er­heb­lich war, ob im Fall ei­ner un­be­fris­te­ten Ver­set­zung an eine an­dere be­trieb­li­che Ein­rich­tung diese stets zur re­gelmäßigen Ar­beitsstätte wird. Denn hier war dies selbst un­ter Be­ach­tung der Tat­sa­che, dass der Ver­wen­dungs­zeit­raum als Do­zent im Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut nach den mi­nis­te­ri­el­len Vor­ga­ben re­gelmäßig auf vier Jahre be­grenzt ist, zu be­ja­hen. Denn bei ei­ner ab­seh­ba­ren Ver­weil­dauer an ei­ner be­trieb­li­chen Ein­rich­tung des Ar­beit­ge­bers nach ei­ner Ver­set­zung von min­des­tens vier Jah­ren liegt eine auf Dauer und Nach­hal­tig­keit an­ge­legte (re­gelmäßige) Ar­beitsstätte vor, auf die sich der Ar­beit­neh­mer zur Min­de­rung der We­ge­kos­ten ent­spre­chend ein­stel­len kann.

So­weit der Kläger seit 2000 bis zum Streit­jahr und darüber hin­aus in un­ter­schied­li­chen Funk­tio­nen im Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut tätig war, stand dies der An­nahme ei­ner re­gelmäßigen Ar­beitsstätte nicht ent­ge­gen, auch wenn die Funk­ti­ons­zu­wei­sun­gen je­weils be­fris­tet wa­ren. Denn die un­ter­schied­li­chen Auf­ga­ben nahm der Kläger auf der Grund­lage der (un­be­fris­te­ten) Ver­set­zungs­verfügung aus 2000 in der­sel­ben be­trieb­li­chen Ein­rich­tung des Ar­beit­ge­bers, dem Po­li­zei­aus­bil­dungs­in­sti­tut, wahr.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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