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Steuerberatung

Abgrenzungsmerkmal erste Tätigkeitsstätte bei Lokführer

FG Köln 11.7.2018, 4 K 2812/17

Bei den ar­beits­recht­li­chen Fahr­ten ei­nes Werks­bahn-Lokführers han­delt es sich re­gelmäßig um Fahr­ten zur ers­ten Tätig­keitsstätte, da es sich bei dem Werks­gelände um ein räum­lich ge­schlos­se­nes, zu­sam­menhängen­des be­trieb­li­ches Gelände des Ar­beit­ge­bers han­delt. Da­her sind die Fahr­ten nur mit der ein­fa­chen Ent­fer­nungs­pau­schale ab­zieh­bar. Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen können auf­grund der feh­len­den auswärti­gen Tätig­keit ebenso nicht berück­sich­tigt wer­den.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger be­zog im Streit­jahr 2015 Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit als an­ge­stell­ter Lokführer der X AG. Im Rah­men der Er­mitt­lung sei­ner Einkünfte machte er u.a. Kos­ten für die Rei­ni­gung sei­ner Be­rufs­klei­dung i.H.v. 432,96 € so­wie Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen i.H.v. 2.316 € (193 Tage mit mehr als 8 h à 12 €) als Wer­bungs­kos­ten gel­tend.

Das be­klagte Fi­nanz­amt setzte die Ein­kom­men­steuer für 2015 auf 6.340 € fest und berück­sich­tigte die gel­tend ge­mach­ten Ver­pfle­gungs­auf­wen­dun­gen nicht, da es sich bei den ar­beits­recht­li­chen Fahr­ten um Fahr­ten zur ers­ten Tätig­keitsstätte han­dele. Diese Fahr­ten seien nur mit der Ent­fer­nungs­pau­schale ab­zieh­bar. Es liege keine Auswärtstätig­keit vor. Berück­sich­tigt wur­den da­her in dem Be­scheid le­dig­lich Wege zwi­schen Woh­nung und erst Tätig­keitsstätte i.H.v. 1.101 €.

Der Kläger legte Ein­spruch ein. Es liege eine Fahrtätig­keit als Lokführer vor. Er ver­leibe nicht an der ers­ten Tätig­keitsstätte und sei ab dem ers­ten Auf­su­chen mehr als acht Stun­den ab­we­send. Es seien Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen i.H.v. 2.316 € zu berück­sich­ti­gen und der Ab­zug der tatsäch­lich ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter i.H.v. 2.220,20 € möglich. Das Fi­nanz­amt wies den dies­bezügli­chen Ein­spruch als un­begründet zurück, da das be­triebs­ei­gene Schie­nen­netz eine großräum­ige Ar­beitsstätte dar­stelle. Die Ein­rich­tun­gen auf dem Gelände seien alle durch das Schie­nen­netz zu ei­ner Ar­beitsstätte ver­bun­den.

Die da­ge­gen ge­rich­tete Klage hatte vor dem FG kei­nen Er­folg. Die Re­vi­sion wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung zu­ge­las­sen.

 

Die Gründe:

Der Be­klagte hat es zu Recht ab­ge­lehnt, wei­tere Fahrt­kos­ten i.H.v. 1.101 € so­wie Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen i.H.v. 2.316 € als Wer­bungs­kos­ten bei den Einkünf­ten aus nicht­selbständi­ger Ar­beit zu berück­sich­ti­gen. Wei­tere Fahrt­kos­ten als die bis­her an­er­kann­ten 1.101 € sind nicht an­zu­er­ken­nen, da eine er­ste Tätig­keitsstätte vor­han­den ist und da­her die Ab­zugs­be­schränkung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ESt greift.

Das hier ent­schei­dende Merk­mal der ers­ten Tätig­keitsstätte ist nach § 9 Abs. 4 EStG die orts­feste be­trieb­li­che Ein­rich­tung des Ar­beit­ge­bers, ei­nes ver­bun­de­nen Un­ter­neh­mens oder ei­nes vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Drit­ten, der der Ar­beit­neh­mer dau­er­haft zu­ge­ord­net ist. Für die Aus­le­gung der Merk­male orts­feste be­trieb­li­che Ein­rich­tung des Ar­beit­ge­bers kann auf die langjährige BFH-Recht­spre­chung zur re­gelmäßigen Ar­beitsstätte zurück­ge­grif­fen wer­den. Da­nach ist ein größeres, räum­lich ge­schlos­se­nes Ge­biet als re­gelmäßige Ar­beitsstätte an­zu­se­hen, wenn es sich um ein zu­sam­menhängen­des Gelände des Ar­beit­ge­bers han­delt, auf dem der Ar­beit­neh­mer auf Dauer und mit ei­ner ge­wis­sen Nach­hal­tig­keit tätig wird. Auf Grund­lage die­ser Recht­spre­chung und der ge­setz­li­chen Vor­ga­ben stellt das Ein­satz­ge­biet des Klägers bei der X AG seine er­ste Tätig­keitsstätte dar. Das Schie­nen­netz ist eine dau­er­hafte be­trieb­li­che Ein­rich­tung des Ar­beit­ge­bers. Un­er­heb­lich ist, ob das Schie­nen­netz dem Ar­beit­ge­ber des Klägers wirk­lich gehört. Auf die zi­vil­recht­li­chen Ei­gen­tums­verhält­nisse kommt es bei der Be­ur­tei­lung nicht an, son­dern auf die tatsäch­li­che Sach­herr­schaft und diese ist ge­ge­ben.

Der Um­stand, dass das Ein­satz­ge­biet des Klägers eine Stre­cke durch meh­rere Ort­schaf­ten um­fasst und die be­trieb­li­chen Ein­rich­tun­gen teil­weise nur durch das Schie­nen­netz ver­bun­den sind, steht der An­nahme ei­ner ers­ten Tätig­keitsstätte nicht ent­ge­gen. Zum einen ist auch hier die tatsäch­li­che Sach­herr­schaft ent­schei­dend und zum an­de­ren führt die Ver­bin­dung der be­trieb­li­chen Ein­rich­tun­gen durch das Netz dazu, dass eine durchgängige be­trieb­li­che Fläche ge­ge­ben ist. Das Schie­nen­netz gehört nicht zum außer­be­trieb­li­chen Be­reich, son­dern stellt selbst auch eine be­trieb­li­che Ein­rich­tung dar, die al­les mit­ein­an­der verknüpft und ver­bin­det. Es ent­steht eine zu­sam­menhängende be­trieb­li­che Fläche. Der Kläger be­wegt sich nicht im öff­ent­li­chen Raum, son­dern aus­schließlich auf be­trieb­li­chem Gelände. Auch die flächenmäßige Aus­deh­nung des Schie­nen­net­zes über meh­rere Stadt­teile steht der An­nahme der ers­ten Tätig­keitsstätte nicht ent­ge­gen. Ab wel­cher Größe, die Grenze zu zie­hen ist, lässt sich schwer ver­all­ge­mei­nern. Je­den­falls ist im Streit­fall aber noch eine großflächige Tätig­keitsstätte ge­ge­ben, da das Gelände nicht be­lie­big er­wei­ter­bar ist und es in­ner­halb von 45 Mi­nu­ten vollständig be­fah­ren wer­den kann.

Im Hin­blick dar­auf können auch die Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen nicht berück­sich­tigt wer­den. De­ren Ab­zug setzt ebenso vor­aus, dass keine er­ste Tätig­keitsstätte vor­han­den ist. Es liegt keine auswärtige be­ruf­li­che Tätig­keit vor.

 

Link­hin­weis:

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