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Progressionsvorbehalt und Arbeitnehmer-Pauschbetrag

BFH 25.9.2014, III R 61/12

Zur Be­rech­nung des Pro­gres­si­ons­vor­be­halts sind steu­er­freie Leis­tun­gen nach § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1j EStG (hier: El­tern­geld) nicht um den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag zu ver­min­dern, wenn bei der Er­mitt­lung der Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit den Pausch­be­trag über­stei­gende Wer­bungs­kos­ten ab­ge­zo­gen wur­den. Der Ge­setz­ge­ber hat die Ver­min­de­rung der in § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auf­geführ­ten steu­er­freien Leis­tun­gen um den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag vor­ge­se­hen, weil diese ty­pi­scher­weise und in den prak­ti­sch meis­ten Fällen Ein­nah­men aus nicht­selbständi­ger Ar­beit er­set­zen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagte Ehe­gat­ten, die im Streit­jahr 2009 Einkünfte aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung so­wie aus nicht­selbständi­ger Ar­beit er­zielt hat­ten. Der Kläger hatte da­ne­ben Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb. Auf­grund des Ge­set­zes zum El­tern­geld und zur El­tern­zeit hatte er im Streit­jahr außer­dem El­tern­geld i.H.v. 1.359 € be­zo­gen. Bei der Kläge­rin wa­ren es 761 €.

Das Fi­nanz­amt legte dem Ein­kom­men­steu­er­be­scheid erklärungs­gemäß Ein­nah­men des Klägers aus nicht­selbständi­ger Ar­beit i.H.v. 35.970 € und Wer­bungs­kos­ten von ins­ge­samt 1.142 € zu­grunde. Von den Ein­nah­men der Kläge­rin aus nicht­selbständi­ger Ar­beit i.H.v. 3.012 € zog die Behörde je­doch statt der erklärten Wer­bungs­kos­ten i.H.v. 329 € den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag von da­mals 920 € ab. Für die Er­mitt­lung des be­son­de­ren Steu­er­sat­zes er­fasste das Fi­nanz­amt gem. § 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG das gem. § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1j EStG dem Pro­gres­si­ons­vor­be­halt un­ter­lie­gende El­tern­geld bei­der Kläger je­weils in vol­ler Höhe.

Die Kläger wa­ren der An­sicht, das dem Pro­gres­si­ons­vor­be­halt un­ter­lie­gende El­tern­geld des Klägers sei um 920 € zu min­dern, weil sein Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag - an­ders als der der Kläge­rin - bei der Einkünf­te­er­mitt­lung noch nicht ver­braucht wor­den sei. Des­halb sei das vom Kläger be­zo­gene El­tern­geld im Hin­blick auf den Pro­gres­si­ons­vor­be­halt statt mit 1.359 € le­dig­lich i.H.v. 439 € zu berück­sich­ti­gen.

Das FG gab der Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Das FG hatte das vom Kläger be­zo­gene El­tern­geld zu Un­recht um den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag ge­min­dert.

Da der Kläger im Streit­jahr gem. § 3 Nr. 67 EStG steu­er­freies El­tern­geld be­zo­gen hatte, war auf sein zu ver­steu­ern­des Ein­kom­men ein be­son­de­rer Steu­er­satz an­zu­wen­den. Zur Er­mitt­lung die­ses be­son­de­ren Steu­er­sat­zes war das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men um die Summe des El­tern­gel­des nach Ab­zug des Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trags gem. § 9a S. 1 Nr. 1 EStG zu erhöhen, so­weit der Pausch­be­trag nicht bei der Er­mitt­lung der Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit ab­zieh­bar war (§ 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG).

Der Ge­set­zes­wort­laut sprach we­der für noch ge­gen die Auf­fas­sung des FG. Die vom FG ver­tre­tene Aus­le­gung ver­fehlt aber den Zweck der Re­ge­lung des § 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG. Das El­tern­geld ist nämlich zur Be­rech­nung des Pro­gres­si­ons­vor­be­halts nicht um den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag zu ver­min­dern, wenn bei der Er­mitt­lung der Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit den Pausch­be­trag über­stei­gende Wer­bungs­kos­ten ab­ge­zo­gen wur­den. Der Ge­setz­ge­ber hat die Ver­min­de­rung der in § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auf­geführ­ten steu­er­freien Leis­tun­gen um den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag vor­ge­se­hen, weil diese ty­pi­scher­weise und in den prak­ti­sch meis­ten Fällen Ein­nah­men aus nicht­selbständi­ger Ar­beit er­set­zen. Ein Ar­beit­neh­mer kann da­her nicht von den Ein­nah­men aus sei­nem ers­ten Ar­beits­verhält­nis die tatsäch­li­chen Wer­bungs­kos­ten und von den Ein­nah­men aus sei­nem zwei­ten Ar­beits­verhält­nis den Pausch­be­trag ab­zie­hen.

Der mit der Pausch­be­trags­re­ge­lung des § 9a EStG ver­folgte Ver­ein­fa­chungs­zweck kann nicht mehr er­reicht wer­den, wenn die Wer­bungs­kos­ten be­reits kon­kret er­mit­telt wur­den. Die vom FG ver­tre­tene Begüns­ti­gungs­ku­mu­la­tion durch den An­satz der den Pausch­be­trag über­stei­gen­den tatsäch­li­chen Wer­bungs­kos­ten bei der Einkünf­te­er­mitt­lung und den Ab­zug des Pausch­be­trags bei der Er­mitt­lung des be­son­de­ren Steu­er­sat­zes ließ sich in­so­fern nicht mit dem Ver­ein­fa­chungs­zweck des § 9a S. 1 Nr. 1 EStG recht­fer­ti­gen. Außer­dem würden Ar­beit­neh­mer mit Wer­bungs­kos­ten ober­halb des Pausch­be­trags ge­genüber Ar­beit­neh­mern mit Wer­bungs­kos­ten un­ter­halb des Pausch­be­trags begüns­tigt. Das wäre we­gen des all­ge­mei­nen Gleich­heits­sat­zes gem. Art. 3 Abs. 1 GG so­wie des Grund­sat­zes der Be­steue­rung nach der Leis­tungsfähig­keit be­denk­lich.

Link­hin­weis:

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