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OLG Frankfurt a.M. zur Verjährungsverkürzung für Prospekthaftungsansprüche bei Fondsbeteiligungen

Urteil des OLG Frankfurt a.M. vom 19.7.2012 - 3 U 24/12

Die Abkürzung der Verjährung von Pro­spekt­haf­tungs­an­sprüchen des An­le­gers auf sechs Mo­nate seit Kennt­nis bzw. drei Jahre nach Bei­tritt ist zulässig, wenn der Rah­men von § 202 BGB ein­ge­hal­ten wird und die Klau­sel in der Bei­tritts­erklärung als all­ge­meine Ge­schäfts­be­din­gung den An­for­de­run­gen von § 307 BGB genügt. Ein Fonds­kon­zept, das dar­auf an­ge­legt ist, dass der An­le­ger wirt­schaft­lich ge­se­hen dar­auf hof­fen muss, dass möglichst viele Ver­si­cherte kein ho­hes Le­bens­al­ter er­rei­chen, son­dern frühzei­tig ver­ster­ben, er­scheint ethi­sch aus­ge­spro­chen frag­lich.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hatte sich im Jahr 2004 an einem Fonds der Be­klag­ten be­tei­ligt. Das Kon­zept des Fonds lief dar­auf hin­aus, für seine Ge­sell­schaf­ter da­durch Ge­winne zu er­zie­len, dass er US-ame­ri­ka­ni­sche Le­bens­ver­si­che­run­gen von den Begüns­tig­ten auf­kaufte, und zwar in der Er­war­tung, dass die Ver­si­che­rungs­leis­tung so zei­tig fällig wird, dass diese die Prämi­en­zah­lun­gen über­steigt. Die Ren­ta­bi­lität der An­lage hing da­mit in ent­schei­den­der Weise von der wei­te­ren Le­bens­er­war­tung der ver­si­cher­ten Per­son ab.

In der Bei­tritts­erklärung hat­ten die Par­teien die Verjährung für die ein­schlägi­gen An­sprüche auf sechs Mo­nate nach Kennt­nis bzw. auf drei Jahre nach Bei­tritt verkürzt. Die Klau­sel ent­hielt den Zu­satz "so­weit nicht an­der­wei­tig zwin­gend vor­ge­schrie­ben" und be­schränkte so­mit die Verkürzung der Verjährung auf Fälle, in de­nen die Pro­spekt­ver­ant­wort­li­chen nicht grob fahrlässig oder vorsätz­lich han­del­ten.

Im Jahr 2011 machte der Kläger ge­gen die Be­klagte ge­richt­lich An­sprüche aus Pro­spekt­haf­tung gel­tend. Er trug vor, dass er erst 2009 von den Pro­spektmängeln er­fah­ren habe. Das LG wies die Klage ab. Die Be­ru­fung des Klägers blieb vor dem OLG er­folg­los. Die Re­vi­sion zum BGH wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die An­sprüche aus der Pro­spekt­haf­tung wa­ren be­reits verjährt.

Die Par­teien hat­ten in der Bei­tritts­erklärung die Verjährung für die ein­schlägi­gen An­sprüche in zulässi­ger Weise auf sechs Mo­nate nach Kennt­nis bzw. auf drei Jahre nach Bei­tritt verkürzt. Grundsätz­lich ist - je­den­falls nach dem re­for­mier­ten Verjährungs­recht, das hier ein­schlägig war - eine Verkürzung der Verjährungs­fris­ten zulässig, wenn der Rah­men von § 202 BGB ein­ge­hal­ten wird. Außer­dem muss die Klau­sel in der Bei­tritts­erklärung als all­ge­meine Ge­schäfts­be­din­gung den An­for­de­run­gen von § 307 BGB genügt. Der BGH hatte in ei­ner Ent­schei­dung vom 23.4.2012 (Az.: II ZR 211/09) eine ähn­li­che Klau­sel dann für un­wirk­sam ge­hal­ten, wenn sie - auch nur mit­tel­bar - die Haf­tung auch für gro­bes Ver­schul­den aus­schließt, in­dem sie die Verjährungs­frist ge­ne­rell verkürzt.

Die vor­lie­gende Klau­sel be­schränkte die Verkürzung der Verjährung auf Fälle, in de­nen die Pro­spekt­ver­ant­wort­li­chen nicht grob fahrlässig oder vorsätz­lich han­del­ten. Die Klau­sel ließ sich so­mit auf einen un­be­denk­li­chen In­halt zurückführen und war mit § 202 BGB ver­ein­bar. Da der Bei­tritt 2004 er­folgte, war die Verjährung vor Kla­ge­er­he­bung (2011) ein­ge­tre­ten.

Darüber hin­aus hielt die Klau­sel auch ei­ner In­halts­kon­trolle nach § 307 BGB stand. Die Ein­schränkung der Verjährung wäre nur dann nicht mit dem Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung zu ver­ein­ba­ren, wenn man im kennt­nis­abhängi­gen Verjährungs­be­ginn einen sol­chen Grund­ge­dan­ken sieht. Doch ge­rade § 199 Abs. 2, 3, 3a u. 4 BGB zei­gen, dass das Ge­setz Aus­nah­men von der kennt­nis­abhängi­gen Verjährung zulässt. Für ein In­ter­esse an der Verkürzung dürfte zu­dem das Ar­gu­ment der Rechts­si­cher­heit spre­chen; denn die an­de­ren Ge­sell­schaf­ter ha­ben grundsätz­lich ein In­ter­esse daran, dass Rück­ab­wick­lungs­be­geh­ren von Mit­ge­sell­schaf­tern möglichst ra­sch be­kannt wer­den.

Letzt­lich war die Frage, ob die Be­tei­li­gung des Klägers nach § 138 BGB nicht als un­wirk­sam an­ge­se­hen wer­den muss, weil das Fonds­kon­zept sit­ten­wid­rig ist, nicht ganz un­er­heb­lich. Schließlich hängt die Ren­ta­bi­lität der An­lage in ent­schei­den­der Weise von der wei­te­ren Le­bens­er­war­tung der ver­si­cher­ten Per­son ab. Das be­deu­tet nichts an­de­res, als dass der An­le­ger wirt­schaft­lich ge­se­hen dar­auf hof­fen muss, dass möglichst viele Ver­si­cherte kein ho­hes Le­bens­al­ter er­rei­chen, son­dern frühzei­tig ver­ster­ben. Ein sol­ches Fonds­kon­zept er­scheint ethi­sch aus­ge­spro­chen frag­lich. Die Frage mus­ste hier je­doch nicht ab­schließend ent­schie­den wer­den, da ein be­rei­che­rungs­recht­li­cher Rück­for­de­rungs­an­spruch we­gen § 817 BGB aus­ge­schlos­sen wäre, weil der Kläger durch seine Be­tei­li­gung an dem Fonds eben­falls sit­ten­wid­rig han­delte.

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