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Keine Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb von Wohnungseigentum ohne Selbstnutzung

BFH 5.10.2016, II R 32/15

Der Er­werb von Woh­nungs­ei­gen­tum von To­des we­gen durch ein Kind ist nicht steu­er­be­freit, wenn das Kind die Woh­nung nicht selbst nutzt, son­dern un­ent­gelt­lich einem Drit­ten zur Nut­zung überlässt. Das gilt auch bei ei­ner un­ent­gelt­li­chen Über­las­sung an nahe An­gehörige.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Al­lein­er­bin ih­res im Ja­nuar 2010 ver­stor­be­nen Va­ters (V), nach­dem ihre Mut­ter (M) als tes­ta­men­ta­ri­sch ein­ge­setzte Er­bin die Erb­schaft nach V aus­ge­schla­gen hat. Zum Nach­lass gehört u.a. ein Mit­ei­gen­tums­an­teil zu 1/2 an ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung. V hat zu­sam­men mit M die Woh­nung bis zu sei­nem Tod selbst be­wohnt. Nach dem Tod des V wohnt M wei­ter­hin in der Woh­nung. Die Kläge­rin überlässt M ih­ren hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teil un­ent­gelt­lich zur Nut­zung. Sie selbst über­nach­tet dort ge­le­gent­lich und nutzt einen Raum der Woh­nung für die Ver­wal­tung des Nach­las­ses.

In ih­rer Erb­schaft­steu­er­erklärung be­an­tragte die Kläge­rin für den Er­werb des hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teils an der Woh­nung die Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG. Das Fi­nanz­amt setzte Erb­schaft­steuer i.H.v. rd. 54.000 € fest. Die be­an­tragte Steu­er­be­frei­ung wurde nicht gewährt. Die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung des Mit­ei­gen­tums­an­teils an M stelle keine Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG dar.

Das FG gab der Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hat für den Er­werb des hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teils an der al­lein von M be­wohn­ten Woh­nung zu Recht die Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ver­sagt.

Nach ih­rem Wort­laut er­fasst die Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG eine auf einem be­bau­ten Grundstück i.S.d. § 181 Abs. 1 Nr. 1 BewG ge­le­gene Woh­nung, wenn die Woh­nung beim Er­wer­ber un­verzüglich zur Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken be­stimmt ist (Fa­mi­li­en­heim). Eine Woh­nung ist zur Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken be­stimmt, wenn der Er­wer­ber die Ab­sicht hat, die Woh­nung selbst zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken zu nut­zen, und diese Ab­sicht auch tatsäch­lich um­setzt. Es ist not­wen­dig, dass der Er­wer­ber in die Woh­nung ein­zieht und sie als Fa­mi­li­en­heim für ei­gene Wohn­zwe­cke nutzt.

Eine Nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ist auch dann noch ge­ge­ben, wenn das Kind, z.B. als Be­rufs­pend­ler, meh­rere Wohn­sitze hat, das Fa­mi­li­en­heim aber sei­nen Le­bens­mit­tel­punkt bil­det. Für eine Be­stim­mung zur Selbst­nut­zung reicht eine bloße Wid­mung zur Selbst­nut­zung durch den Er­wer­ber - z.B. durch An­gabe in der Erb­schaft­steu­er­erklärung - nicht aus Die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung der Woh­nung zur Nut­zung an einen Drit­ten stellt keine Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken dar. Dies gilt auch bei ei­ner un­ent­gelt­li­chen Über­las­sung an An­gehörige i.S.d. § 15 AO.

Der Zweck des § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG recht­fer­tigt nicht die An­wen­dung der Vor­schrift auf die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung des Er­werbs zur Nut­zung an Fa­mi­li­en­an­gehörige. Der Ge­setz­ge­ber hat zum Aus­druck ge­bracht, dass der Schutz des fa­miliären Le­bens­raums es ge­biete, die Steu­er­be­frei­ung da­von abhängig zu ma­chen, dass das Kind als Er­wer­ber das Fa­mi­li­en­heim auch tatsäch­lich selbst zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken nutzt. Als ausdrück­lich schädlich hat er zwar in der Ge­set­zes­begründung le­dig­lich den Ver­kauf, eine Ver­mie­tung oder einen länge­ren Leer­stand auf­geführt. Schädlich ist darüber hin­aus aber auch eine un­ent­gelt­li­che Über­las­sung an Dritte, selbst wenn es sich um An­gehörige i.S.d. § 15 AO han­delt. Denn auch in die­sem Fall liegt eine un­mit­tel­bare tatsäch­li­che Selbst­nut­zung der Woh­nung nicht vor.

Da­nach steht der Kläge­rin für den Er­werb des hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teils an der Woh­nung die gel­tend ge­machte Steu­er­be­frei­ung nicht zu. Die Woh­nung war nach dem Er­werb nicht un­verzüglich zur Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken be­stimmt. Die sub­jek­tive Ab­sicht der Kläge­rin zur Selbst­nut­zung reicht nicht aus. Ebenso we­nig aus­rei­chend ist die ge­le­gent­li­che Mit­be­nut­zung von Räum­lich­kei­ten in der Woh­nung zur Über­nach­tung oder zur Nach­lass­ver­wal­tung. Die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung des hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teils an der Woh­nung durch die Kläge­rin an ihre Mut­ter steht ei­ner Selbst­nut­zung nicht gleich.

Link­hin­weis:

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