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Steuerberatung

Keine doppelte Haushaltsführung bei Hauptwohnung am Beschäftigungsort

BFH 16.11.2017, VI R 31/16

Eine dop­pelte Haus­haltsführung liegt nicht vor, wenn die Haupt­woh­nung, d.h. der "ei­gene Haus­stand", eben­falls am Be­schäfti­gungs­ort be­le­gen ist. Dies ist der Fall, wenn der Steu­er­pflich­tige von die­ser seine Ar­beitsstätte in zu­mut­ba­rer Weise täglich er­rei­chen kann.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist, ob die Vor­aus­set­zun­gen für eine steu­er­recht­lich an­zu­er­ken­nende dop­pelte Haus­haltsführung (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG) vor­lie­gen, wenn die re­gelmäßige Ar­beitsstätte des Klägers in ei­ner der­art ge­rin­gen Ent­fer­nung von der Fa­mi­li­en­woh­nung be­le­gen ist, so dass es zu­mut­bar ist, diese ar­beitstäglich von der Fa­mi­li­en­woh­nung aus an­zu­fah­ren. Der ein­fa­che Ar­beits­weg des Klägers von sei­ner Fa­mi­li­en­woh­nung zu sei­ner re­gelmäßigen Ar­beitsstätte be­trug hier 36 km. Dies führt zu ei­ner Fahr­zeit bei Pkw-Be­nut­zung von max. ei­ner Stunde und bei Be­nut­zung öff­ent­li­cher Ver­kehrs­mit­tel zu ei­ner Fahr­zeit von durch­schnitt­lich 1:05 bis 1:11 Stun­den.

Das Fi­nanz­amt lehnte die steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung von Kos­ten ei­ner dop­pel­ten Haus­haltsführung ab, da es auf­grund der ge­rin­gen Ent­fer­nung zwi­schen Fa­mi­li­en­woh­nung und Be­schäfti­gungs­ort nicht zu einem Aus­ein­an­der­fal­len des Orts des ei­ge­nen Haus­stands und des Be­schäfti­gungs­orts ge­kom­men sei.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner dop­pel­ten Haus­haltsführung im Streit­jahr nicht vor­la­gen.

Der Ort des ei­ge­nen Haus­stands und der Be­schäfti­gungs­ort müssen zwin­gend aus­ein­an­der­fal­len, denn nur dann ist der Ar­beit­neh­mer außer­halb des Or­tes, in dem er einen ei­ge­nen Haus­stand un­terhält, i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG be­schäftigt. Eine dop­pelte Haus­haltsführung ist des­halb nicht ge­ge­ben, wenn der Steu­er­pflich­tige - wie hier - in ei­ner Woh­nung am Be­schäfti­gungs­ort aus be­ruf­li­chen Gründen einen Zweit­haus­halt führt und auch der vor­han­dene "ei­gene Haus­stand" am Be­schäfti­gungs­ort be­le­gen ist. Denn dann fal­len der Ort des ei­ge­nen Haus­stands und der Be­schäfti­gungs­ort nicht aus­ein­an­der.

Es ent­spricht der langjähri­gen BFH-Recht­spre­chung, den Be­griff des Be­schäfti­gungs­orts weit aus­zu­le­gen und dar­un­ter ins­be­son­dere nicht nur die nämli­che po­li­ti­sche Ge­meinde, in der die er­ste Tätig­keitsstätte liegt, zu ver­ste­hen. Ein Ar­beit­neh­mer wohnt auch dann am Be­schäfti­gungs­ort i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG, wenn er in der Um­ge­bung der po­li­ti­schen Ge­meinde wohnt, in der sich seine Ar­beitsstätte be­fin­det, und von dort aus zur Ar­beitsstätte fährt. Eine Woh­nung dient dem Woh­nen am Be­schäfti­gungs­ort, wenn sie dem Ar­beit­neh­mer un­ge­ach­tet von Ge­meinde - oder Lan­des­gren­zen ermöglicht, seine Ar­beitsstätte täglich auf­zu­su­chen. Dies ist der Fall bei We­ge­zei­ten von etwa ei­ner Stunde.

Die Ent­schei­dung darüber, ob die frag­li­che Woh­nung so zur Ar­beitsstätte ge­le­gen ist, dass der Ar­beit­neh­mer in zu­mut­ba­rer Weise täglich von dort seine Ar­beitsstätte auf­su­chen kann, ob­liegt in ers­ter Li­nie der ta­trich­ter­li­chen Würdi­gung durch das FG. Denn die Ant­wort dar­auf kann nur auf­grund der Berück­sich­ti­gung und Würdi­gung al­ler we­sent­li­chen Umstände des Ein­zel­falls ge­ge­ben wer­den und ist ins­be­son­dere von den in­di­vi­du­el­len Ver­kehrs­ver­bin­dun­gen und We­ge­zei­ten zwi­schen der Woh­nung und der Ar­beitsstätte abhängig; da­bei ist na­tur­gemäß die Ent­fer­nung zwi­schen Woh­nung und Ar­beitsstätte ein we­sent­li­ches, al­ler­dings kein al­lein ent­schei­dungs­er­heb­li­ches Merk­mal.

Da das Ge­setz eine Min­dest­ent­fer­nung zwi­schen Haupt  und be­ruf­li­cher Zweit­woh­nung nicht be­stimmt, ist im je­wei­li­gen Ein­zel­fall un­ter Berück­sich­ti­gung der sach­ver­haltsmäßigen Be­son­der­hei­ten zu ent­schei­den, ob eine Woh­nung am Be­schäfti­gungs­ort vor­liegt. Vor­lie­gend wa­ren diese Vor­aus­set­zun­gen auf­grund der ge­rin­gen Ent­fer­nung und der gu­ten und zu­mut­ba­ren tägli­chen Er­reich­bar­keit des Be­schäfti­gungs­orts ge­ge­ben, so dass die Berück­sich­ti­gung von Kos­ten ei­ner dop­pel­ten Haus­haltsführung nicht in Be­tracht kam.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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