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Kein Notgeschäftsführer für die GbR

BGH 23.9.2014, II ZB 4/14

Für eine GbR ist grundsätz­lich kein Not­ge­schäftsführer zu be­stel­len, je­den­falls wenn sie keine Pu­bli­kums­ge­sell­schaft ist. . Der Weg­fall der Ge­schäftsführungs­be­fug­nis bei einem ge­schäftsführen­den Ge­sell­schaf­ter oder sein Weg­fall ma­chen die GbR auch beim Feh­len von Vor­keh­run­gen im Ge­sell­schafts­ver­trag nicht hand­lungs­unfähig, weil dafür Re­ge­lun­gen im Ge­setz vor­han­den oder von der Recht­spre­chung ent­wi­ckelt wor­den sind.

Der Sach­ver­halt:
Im De­zem­ber 1995 gründe­ten F. M., des­sen Ehe­frau A. M. so­wie de­ren vier Kin­der, die Be­tei­lig­ten zu 1) bis 4), zur Be­wirt­schaf­tung dreier Haus­grundstücke die M-GbR. F. M. und seine Ehe­frau wa­ren je­weils mit 2 Pro­zent, die Kin­der je­weils mit 24 Pro­zent be­tei­ligt. Der Ge­sell­schafts­ver­trag lau­tet aus­zugs­weise:

"§ 6 Ge­schäftsführung und Ver­tre­tung

1. Zur Ge­schäftsführung und Ver­tre­tung ist aus­schließlich der Ge­sell­schaf­ter F. M. be­ru­fen. So­weit die­ser ver­hin­dert sein sollte, wird die­ser, so­fern er nicht einen Drit­ten mit schrift­li­cher Voll­macht zu sei­nem Ver­tre­ter be­stimmt, von sei­ner Ehe­frau in sei­ner Ge­schäftsführer­stel­lung ver­tre­ten. Eine Ver­tre­tung durch an­dere Fa­mi­li­en­an­gehörige ist nicht möglich.

§ 9 Tod ei­nes Ge­sell­schaf­ters

9.1. Durch den Tod ei­nes Ge­sell­schaf­ters wird die Ge­sell­schaft nicht auf­gelöst. Sie wird mit den oder dem Er­ben des ver­stor­be­nen Ge­sell­schaf­ters fort­ge­setzt, so­weit es sich um Ver­wandte ge­ra­der Li­nie oder Ad­op­tiv­kin­der han­delt und die ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­ter nicht mit 3/4-Mehr­heit be­schließen, dass diese ab­zu­fin­den sind."

Später über­trug F. M. die lau­fen­den Ge­schäfte der GbR auf die Be­tei­ligte zu 1) und be­vollmäch­tigte sie u.a., in sei­nem Na­men Miet­verträge ab­zu­schließen, auf­zu­he­ben und zu ge­stal­ten; zu­dem stat­tete er sie mit ei­ner Konto- und De­pot­voll­macht u.a. für das Konto aus, auf das die Mie­ter der ver­wal­te­ten Haus­grundstücke seit Jahr­zehn­ten die Miete zahl­ten. Im Sep­tem­ber 2008 ver­st­arb F. M. In der Folge kam es zu Un­stim­mig­kei­ten über die Frage, auf wel­ches Konto die Mie­ter der Woh­nun­gen ihre Mie­ten zah­len sol­len, wer verfügungs­be­rech­tigt über die auf­ge­lau­fe­nen Mie­ten ist und wer zur Ver­tre­tung der Ge­sell­schaft be­ru­fen ist, so­wie zu ei­ner Viel­zahl von Ge­richts­pro­zes­sen zwi­schen den Be­tei­lig­ten.

Der Be­tei­ligte zu 4) er­stritt im Ja­nuar 2010 ein rechtskräfti­ges Teil­ur­teil, in dem die Be­tei­lig­ten zu 1) bis 3) und A. M. ver­ur­teilt wur­den, einen An­trag auf Eröff­nung ei­nes Gi­ro­kon­tos auf den Na­men der GbR als Kon­to­in­ha­be­rin bei ge­mein­schaft­li­cher Verfügungs­be­rech­ti­gung al­ler Ge­sell­schaf­ter der GbR zu stel­len, und die Mie­ter der Woh­nun­gen der GbR an­zu­wei­sen, die Mie­ten nur noch auf das neu zu eröff­nende Gi­ro­konto zu leis­ten. Die Ge­sell­schaf­ter konn­ten keine von al­len ge­tra­gene Ei­ni­gung über diese Punkte er­zie­len, so dass eine Viel­zahl von Mie­tern dazu über­ge­gan­gen ist, die Mie­ten bei dem Amts­ge­richt zu hin­ter­le­gen oder an die Be­tei­ligte zu 1) bar zu zah­len. Mit Be­schluss vom 8.10.2012 wurde der Be­tei­ligte zu 4) aus der Ge­sell­schaft aus­ge­schlos­sen. Über seine Klage auf Fest­stel­lung der Un­wirk­sam­keit die­ses Be­schlus­ses ist bis­her nicht ent­schie­den.

Das AG wies den An­trag der Be­tei­lig­ten zu 1), der Ge­sell­schaft einen Not­ge­schäftsführer ana­log § 29 BGB zu be­stel­len, zurück. Während des Be­schwer­de­ver­fah­rens ver­st­arb A. M. Das OLG wies die Be­schwer­den de Be­tei­lig­ten zurück. Die Rechts­be­schwerde der Be­tei­lig­ten zu 1) hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht die Be­stel­lung ei­nes Not­ge­schäftsführers für die Ge­sell­schaft ent­spre­chend § 29 BGB ab­ge­lehnt.

Für eine GbR ist grundsätz­lich kein Not­ge­schäftsführer zu be­stel­len, je­den­falls wenn sie keine Pu­bli­kums­ge­sell­schaft ist. Für die ent­spre­chende An­wen­dung der Re­ge­lung des § 29 BGB feh­len die recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen. Es fehlt ins­bes. be­reits eine plan­wid­rige Re­ge­lungslücke. Der Not­vor­stand überbrückt bei der ju­ris­ti­schen Per­son eine vorüber­ge­hende Hand­lungs­unfähig­keit beim Feh­len ei­nes or­dent­lich be­stell­ten Vor­stands. Der Weg­fall der Ge­schäftsführungs­be­fug­nis bei einem ge­schäftsführen­den Ge­sell­schaf­ter oder sein Weg­fall ma­chen die GbR da­ge­gen auch beim Feh­len von Vor­keh­run­gen im Ge­sell­schafts­ver­trag nicht hand­lungs­unfähig, weil dafür Re­ge­lun­gen im Ge­setz vor­han­den oder von der Recht­spre­chung ent­wi­ckelt wor­den sind.

Der Weg­fall des (ein­zi­gen) ge­schäftsführungs­be­rech­tig­ten Ge­sell­schaf­ters durch Tod führt zur Ge­samt­ge­schäftsführungs­be­fug­nis der ver­blie­be­nen Ge­sell­schaf­ter (§ 709 Abs. 1 BGB). Bei Ent­zie­hung der Ge­schäftsführungs­be­fug­nis oder Amts­nie­der­le­gung gilt Ent­spre­chen­des; ggf. bleibt es bei der Ge­schäftsführungs­be­fug­nis der übri­gen ge­schäftsführungs­be­fug­ten Ge­sell­schaf­ter. Dass sich die ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­ter blo­ckie­ren können, ist in der Ge­samt­ge­schäftsführungs­be­fug­nis als dem ge­setz­li­chen Re­gel­fall bei der GbR an­ge­legt und begründet da­her keine Re­ge­lungslücke.

So­weit etwa im Hin­blick auf den Aus­schluss des ge­schäftsführungs- und ver­tre­tungs­be­fug­ten Ge­sell­schaf­ters recht­li­che Un­si­cher­hei­ten be­ste­hen, kann die Ge­schäftsführungs- und Ver­tre­tungs­be­fug­nis durch eine einst­wei­lige Verfügung vorläufig ge­re­gelt wer­den. Wenn ein drin­gen­der Hand­lungs­be­darf we­gen ei­ner Ge­fahr für die Ge­sell­schaft oder ihr Vermögen be­steht, die kei­nen Auf-schub bis zu ei­ner Ent­schei­dung der Ge­sell­schaf­ter dul­det, be­darf es eben­falls kei­nes Not­ge­schäftsführers. Je­der Ge­sell­schaf­ter hat ent­spre­chend § 744 Abs. 2 BGB die Be­fug­nis zu den Maßnah­men, die zur Er­hal­tung ei­nes zum Ge­sell­schafts­vermögen gehören­den Ge­gen­stan­des oder der Ge­sell­schaft selbst not­wen­dig sind.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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