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Insolvenz des Antragstellers: Unterbrechung eines Löschungsverfahrens

BGH v. 31.1.2019 - I ZB 114/17

Die Eröff­nung ei­nes inländi­schen oder an­er­ken­nungsfähi­gen ausländi­schen In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen des­je­ni­gen, der beim Deut­schen Pa­tent- und Mar­ken­amt die Löschung ei­ner Marke we­gen ab­so­lu­ter Schutz­hin­der­nisse be­an­tragt, führt zur Un­ter­bre­chung des Ver­fah­rens, wenn der Löschungs­an­trag­stel­ler und der Mar­ken­in­ha­ber Wett­be­wer­ber sind. In die­sem Fall be­steht auch ohne anhängi­ges Ver­let­zungs­ver­fah­ren ein Be­zug des Löschungs­ver­fah­rens zum Vermögen des Löschungs­an­trag­stel­lers.

Der Sach­ver­halt:
Für die Mar­ken­in­ha­be­rin ist seit Juli 2001 die drei­di­men­sio­nale IR-Marke Nr. 763 699 Kaf­fee­kap­sel) für die Wa­ren der Klasse 30 ein­ge­tra­gen. Seit Ja­nuar 2003 ist der Schutz auf Deutsch­land er­streckt. Die in der Schweiz ge­schäfts­ansässige An­trag­stel­le­rin hatte im Ok­to­ber 2011 beim Deut­schen Pa­tent- und Mar­ken­amt die Schutz­ent­zie­hung für Deutsch­land in Be­zug auf die Wa­ren "Kaf­fee, Kaf­fee­ex­trakte und kaf­fee­ba­sierte Zu­be­rei­tun­gen, Kaf­fee­er­satz und künst­li­che Kaf­fee­ex­trakte" mit der Begründung be­an­tragt, das Zei­chen sei nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 Mar­kenG schut­zunfähig.

Das Deut­sche Pa­tent- und Mar­ken­amt hat der IR-Marke dar­auf­hin den Schutz für Deutsch­land ent­zo­gen. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Be­schwerde der Mar­ken­in­ha­be­rin blieb vor dem BPatG er­folg­los. Mit ih­rer zu­ge­las­se­nen Rechts­be­schwerde er­strebt die Mar­ken­in­ha­be­rin die Zurück­wei­sung des Schutz­ent­zie­hungs­an­trags. Die An­trag­stel­le­rin be­an­tragt, das Rechts­mit­tel zurück­zu­wei­sen.

Über das Vermögen der An­trag­stel­le­rin ist im No­vem­ber 2018 in der Schweiz das Kon­kurs­ver­fah­ren eröff­net wor­den. Die Mar­ken­in­ha­be­rin war dar­auf­hin der An­sicht, das Ver­fah­ren sei un­ter­bro­chen. Der BGH teilte diese Auf­fas­sung.

Gründe:
Es wird fest­ge­stellt, dass das Rechts­be­schwer­de­ver­fah­ren gem. § 352 Abs. 1 Satz 1, § 343 Abs. 1 InsO we­gen der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen der An­trag­stel­le­rin un­ter­bro­chen ist.

Die Frage, ob die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen ei­nes Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten an einem mar­ken­recht­li­chen Löschungs­ver­fah­ren nach § 54 Mar­kenG zur Un­ter­bre­chung des Ver­fah­rens nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Mar­kenG i.V.n. § 240 ZPO (§ 352 Abs. 1 Satz 1 InsO) führen kann, ist strei­tig. Das Deut­sche Pa­tent- und Mar­ken­amt lehnt eine An­wen­dung des § 240 ZPO im Wi­der­spruchs- und Ein­spruchs­ver­fah­ren ab. In der Recht­spre­chung des BPatG wird die An­wen­dung des § 240 ZPO im mar­ken­recht­li­chen Löschungs­ver­fah­ren weit­ge­hend be­jaht. In der Li­te­ra­tur wird über­wie­gend für eine An­wend­bar­keit des § 240 ZPO plädiert.

Der Se­nat ist der An­sicht, dass nicht all­ge­mein ent­schie­den wer­den, ob die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen des Löschungs­an­trag­stel­lers in je­dem Fall gem. § 240 ZPO (§ 343 Abs. 1, § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO) zu ei­ner Un­ter­bre­chung des re­gis­ter­recht­li­chen Löschungs­ver­fah­rens führt. Je­den­falls im vor­lie­gen­den Fall ist von ei­ner Un­ter­bre­chung aus­zu­ge­hen. Denn nach BGH-Recht­spre­chung wird das pa­tent­recht­li­che, auf Un­ter­las­sung ge­rich­tete Ver­let­zungs­ver­fah­ren un­ter­bro­chen, wenn über das Vermögen des Ver­let­zers das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net wird, weil die Frage, ob der Ver­let­zer die vom Ver­letz­ten be­an­stan­dete Hand­lung vor­neh­men darf, für den Ge­wer­be­be­trieb des Ver­let­zers ein Vermögens­in­ter­esse dar­stellt. Das­selbe gilt für das mar­ken­recht­li­che Ver­let­zungs­ver­fah­ren, wo­bei zum Vermögen des in­sol­ven­ten Ver­let­zers ne­ben dem ge­gen ihn ge­rich­te­ten Un­ter­las­sungs­an­spruch auch der sich dar­aus er­ge­bende Scha­dens­er­satz­an­spruch ein­schließlich des zu sei­ner Durch­set­zung die­nen­den un­selbständi­gen Aus­kunfts­an­spruchs zählt.

In­so­fern ist es ge­recht­fer­tigt, den re­gis­ter­recht­li­chen Mar­kenlöschungs­streit als zur In­sol­venz­masse gehörig an­zu­se­hen, wenn der Löschungs­an­trag­stel­ler sich in ei­ner ähn­li­chen Lage wie der Ver­let­zer im Mar­ken-ver­let­zungs­ver­fah­ren be­fin­det und sich da­bei ei­ner Löschungs­wi­der­klage als Ver­tei­di­gungs­mit­tel be­die­nen könnte. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass ein mar­ken­recht­li­cher Löschungs­an­trag keine in­di­vi­du­elle Be­trof­fen­heit vor­aus­setzt, son­dern nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Mar­kenG von je­der­mann ge­stellt wer­den kann. So­fern der Löschungs­an­trag­stel­ler und der Mar­ken­in­ha­ber Wett­be­wer­ber sind, be­steht ein Be­zug des Löschungs­ver­fah­rens nicht nur zu dem Vermögen des Mar­ken­in­ha­bers, son­dern - auch ohne anhängi­ges Ver­let­zungs­ver­fah­ren - zu dem des An­trag­stel­lers.

Ein Er­folg im mar­ken­recht­li­chen Löschungs­ver­fah­ren führt re­gelmäßig zu ei­ner Ver­bes­se­rung sei­ner Wett­be­werbs­po­si­tion. Der Löschungs­an­trag­stel­ler kann auf diese Weise eine In­an­spruch­nahme we­gen ei­ner Ver­let­zung der Marke ver­hin­dern und für sei­nen Ge­wer­be­be­trieb eine größere Hand­lungs­frei­heit am Markt er­rei­chen. In­fol­ge­des­sen war im Streit­fall von ei­ner Un­ter­bre­chung aus­zu­ge­hen.

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