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Ausgleich der Steuerforderungen: Aufrechterhaltung des Insolvenzantrags

FG Hamburg v. 2.7.2019 - 2 V 121/19

Soll trotz Erfüllung der Steu­er­for­de­rung ein In­sol­venz­an­trag nach der Aus­nah­me­vor­schrift des § 14 Abs. 1 S. 2 InsO auf­recht­er­hal­ten wer­den, muss das Fort­be­ste­hen des Eröff­nungs­grun­des glaub­haft ge­macht wer­den. Die Fortführung des An­tra­ges kann un­verhält­nismäßig und da­mit er­mes­sens­feh­ler­haft sein, wenn der Steu­er­schuld­ner eine Ge­ne­ral­ber­ei­ni­gung sei­ner wirt­schaft­li­chen Si­tua­tion ein­ge­lei­tet hat und der Fi­nanz­behörde zur Si­che­rung künf­ti­ger An­sprüche die Ein­tra­gung ei­ner Si­che­rungs­grund­schuld an­bie­tet.

Der Sach­ver­halt:
Der An­trag­stel­ler be­treibt im Ham­bur­ger Ha­fen ein Bar­kas­sen­un­ter­neh­men, das u.a. Ha­fen­rund­fahr­ten durchführt. Im Fe­bruar 2019 hat das Fi­nanz­amt beim AG Ham­burg einen An­trag auf Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens ge­stellt, nach­dem der An­trag­stel­ler rückständige Steu­er­for­de­run­gen nicht be­gli­chen hatte.

Un­ter Hin­weis auf den Um­stand, dass die Steu­er­schuld zum Teil zurück­geführt wor­den sei, be­an­tragte der An­trag­stel­ler im März 2019 beim Fi­nanz­amt, den In­sol­venz­an­trag zurück­zu­neh­men. In der Fol­ge­zeit glich er sämt­li­che dem In­sol­venz­an­trag zu­grun­de­lie­gen­den For­de­run­gen aus. Im Mai 2019 un­ter­brei­tete der An­trag­stel­ler das An­ge­bot, eine Grund­schuld an sei­ner ei­gen­ge­nutz­ten Ei­gen­tums­woh­nung über 100.000 € zur Si­che­rung künf­ti­ger Steu­er­an­sprüche zu be­wil­li­gen. Im Übri­gen bestünden auch ge­genüber So­zi­al­ver­si­che­rungsträgern aus Ar­beit­neh­mer­verträgen keine Ver­bind­lich­kei­ten mehr; die lau­fen­den Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen würden frist­ge­recht erfüllt.

Dies lehnte das Fi­nanz­amt ab. Da­bei ging es u.a. fälsch­lich da­von aus, dass er­neut Rückstände auf­ge­lau­fen seien. Dar­auf­hin hat der An­trag­stel­ler bei Ge­richt den Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung der­ge­stalt be­an­tragt, dem Fi­nanz­amt auf­zu­ge­ben, den In­sol­venz­an­trag zurück­zu­neh­men. Das Fi­nanz­amt war der An­sicht, der An­trag sei be­reits un­zulässig. Ihm fehle das Rechts­schutz­bedürf­nis. Der An­trag­stel­ler könne die Ent­schei­dung des In­sol­venz­ge­richts ab­war­ten. Die Dop­pel­be­fas­sung ver­schie­de­ner Ge­richte mit den­sel­ben Fra­gen sei für die Jus­tiz­gewährung ins­ge­samt schädlich. Außer­dem be­finde sich der An­trag­stel­ler be­reits seit 2015 in Voll­stre­ckung.

Das FG gab dem An­trag auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung statt. Die Ent­schei­dung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Dem An­trag­stel­ler fehlt ge­rade nicht das Rechts­schutz­in­ter­esse, weil vor­ran­gig der or­dent­li­che Rechts­weg zu be­schrei­ten wäre. Der er­ken­nende Se­nat sieht keine Ver­an­las­sung, von der herr­schen­den Auf­fas­sung hin­sicht­lich der Kon­troll­kom­pe­tenz der Fi­nanz­ge­richte für Anträge des Fi­nanz­am­tes auf Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens bis zur Ent­schei­dung des Amts­ge­richts über die Eröff­nung des Ver­fah­rens ab­zu­wei­chen.

Der An­trag hat auch in der Sa­che Er­folg. Die Ent­schei­dung des Fi­nanz­am­tes, die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen des An­trag­stel­lers zu be­an­tra­gen, ist er­mes­sens­feh­ler­haft und des­halb auf­zu­he­ben. Soll trotz Erfüllung der Steu­er­for­de­rung ein In­sol­venz­an­trag nach der Aus­nah­me­vor­schrift des § 14 Abs. 1 S. 2 InsO auf­recht­er­hal­ten wer­den, muss das Fort­be­ste­hen des Eröff­nungs­grun­des glaub­haft ge­macht wer­den. Die Fortführung des An­tra­ges kann al­ler­dings un­verhält­nismäßig und da­mit er­mes­sens­feh­ler­haft sein, wenn der Steu­er­schuld­ner - wie im vor­lie­gen­den Fall - eine Ge­ne­ral­ber­ei­ni­gung sei­ner wirt­schaft­li­chen Si­tua­tion ein­ge­lei­tet hat und der Fi­nanz­behörde zur Si­che­rung künf­ti­ger An­sprüche die Ein­tra­gung ei­ner Si­che­rungs­grund­schuld an­bie­tet.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text des Ur­teils ist erhält­lich auf dem Jus­tiz­por­tal Ham­burg.
  • Um di­rekt zu dem Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier (pdf).
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