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Hemmung der Feststellungsverjährung bei Prüfung eines Gesamtobjekts

BFH 16.6.2015, IX R 51/14

Die Durchführung der Außenprüfung bei ei­ner Ge­sell­schaft, die i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VO zu § 180 Abs. 2 AO hin­sicht­lich des Ge­samt­ob­jekts für die Fest­stel­lungs­be­tei­lig­ten im Fest­stel­lungs­zeit­raum ge­han­delt hat, als "Ver­fah­rens­be­tei­ligte" ist nach § 7 Abs. 1 VO zu § 180 Abs. 2 AO zulässig und führt zur Hem­mung der Fest­stel­lungs­frist gem. § 171 Abs. 4 AO ge­genüber al­len Fest­stel­lungs­be­tei­lig­ten. Dies gilt auch, wenn diese von der Außenprüfung kei­ner­lei Kennt­nis ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger hatte 2002 für 259.695 € eine Woh­nung in einem denk­mal­ge­schütz­ten Haus von ei­ner GmbH & Co. KG er­wor­ben. Von den An­schaf­fungs­kos­ten ent­fie­len nach dem no­ta­ri­el­len Kauf­ver­trag 25.532 € auf den Grund und Bo­den, 27.177 € auf die Alt­bau­sub­stanz und 206.985 EUR auf nach dem Kauf­ver­trags­ab­schluss durch­zuführende Mo­der­ni­sie­rungs- und Baumaßnah­men. Im Fe­bruar 2005 gab die GmbH & Co. KG eine Erklärung für die ge­son­derte und ein­heit­li­che Fest­stel­lung mit die­sen Zah­len­an­ga­ben beim Fi­nanz­amt ab. Die Kläger er­hiel­ten vom Re­gie­rungspräsi­dium eine Be­schei­ni­gung zur Gel­tend­ma­chung steu­er­li­cher Vor­teile gem. §§ 7i, 10f und 11b EStG, nach der die Auf­wen­dun­gen für Sa­nie­rungs­ar­bei­ten mit 203.626 € fest­ge­stellt wur­den. Sie erklärten die ent­spre­chen­den Beträge in ih­ren Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen ab 2003 beim für sie ört­lich zuständi­gen Fi­nanz­amt.

Nach ei­ner Außenprüfung bei der GmbH & Co. KG im Ok­to­ber 2008 er­ließ das Fi­nanz­amt im Sep­tem­ber 2011 einen Be­scheid über die ge­son­derte und ein­heit­li­che Fest­stel­lung von Grund­la­gen für die Ein­kom­mens­be­steue­rung gem. VO zu § 180 Abs. 2 AO für die Ka­len­der­jahre 2002 bis 2010, der auch den Klägern be­kannt­ge­ge­ben wurde. Für die Kläger setzte es u.a. den An­teil von Grund und Bo­den auf 28.644 €, für die Alt­bau­sub­stanz auf 21.944 € und für die begüns­tig­ten Sa­nie­rungs­kos­ten auf 206.283 € fest. Die Kläger be­rie­fen sich auf Fest­stel­lungs­verjährung und wa­ren der An­sicht, dass eine Hem­mung der Verjährungs­frist durch die Außenprüfung nicht ein­ge­tre­ten sei, da diese ih­nen nicht be­kannt ge­macht wor­den sei und sie da­her keine Kennt­nis er­hal­ten hätten.

Das FG gab der Klage in­so­weit statt, als die Werte für Grund und Bo­den auf 25.532 € und für die Alt­bau­sub­stanz auf 25.055 € fest­ge­stellt wur­den. Die Re­vi­sion der Kläge­rin blieb vor dem BFH er­folg­los.

Gründe:
Das FG hatte zu Recht ent­schie­den, dass noch keine Fest­stel­lungs­verjährung ein­ge­tre­ten war, da der Ab­lauf der Frist gem. § 171 Abs. 4 AO auf­grund der Außenprüfung ge­hemmt war.

Wird vor Ab­lauf der Fest­stel­lungs­frist mit ei­ner Außenprüfung be­gon­nen oder wird de­ren Be­ginn auf An­trag des Steu­er­pflich­ti­gen hin­aus­ge­scho­ben, so läuft die Fest­stel­lungs­frist für die Be­steue­rungs­grund­la­gen, auf die sich die Außenprüfung er­streckt oder im Fall des Hin­aus­schie­bens der Außenprüfung er­stre­cken sollte, gem. § 171 Abs. 4 S. 1 AO nicht ab, be­vor die auf­grund der Außenprüfung zu er­las­sen­den Fest­stel­lungs­be­scheide un­an­fecht­bar ge­wor­den sind oder nach Be­kannt­gabe der Mit­tei­lung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO drei Mo­nate ver­stri­chen sind. Nach § 171 Abs. 4 S. 2 AO entfällt die Ab­lauf­hem­mung der Fest­stel­lungs­frist, wenn eine Außenprüfung un­mit­tel­bar nach ih­rem Be­ginn für die Dauer von mehr als sechs Mo­na­ten aus Gründen un­ter­bro­chen wird, die die Fi­nanz­behörde zu ver­tre­ten hat.

Vor­aus­set­zung für die Ab­lauf­hem­mung des § 171 Abs. 4 S. 1 AO ist der Be­ginn ei­ner Außenprüfung. Nach BFH-Recht­spre­chung ist für eine Ab­lauf­hem­mung durch den Be­ginn ei­ner Außenprüfung er­for­der­lich, dass eine förm­li­che Prüfungs­an­ord­nung er­las­sen und be­kannt­ge­ge­ben wurde und --wenn auch nur stich­pro­ben­weise-- tatsäch­lich Prüfungs­hand­lun­gen für die in der Prüfungs­an­ord­nung ge­nann­ten Steu­er­ar­ten und Be­steue­rungs­zeiträume vor­ge­nom­men wur­den. Nach § 124 Abs. 1 S. 1 AO wird ein Ver­wal­tungs­akt ge­genüber dem­je­ni­gen, für den er be­stimmt ist oder der von ihm be­trof­fen wird, im Zeit­punkt der Be­kannt­gabe wirk­sam. Prüfungs­an­ord­nun­gen als Ver­wal­tungs­akte sind dem­je­ni­gen be­kannt­zu­ge­ben, des­sen steu­er­li­che Verhält­nisse überprüft wer­den sol­len. Nach § 7 Abs. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO ist die Prüfungs­an­ord­nung bei dem Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten be­kannt­zu­ge­ben, bei dem die Außenprüfung durch­geführt wer­den soll. Er­kenn­bar sein muss die Vor­nahme von Prüfungsmaßnah­men da­her al­lein für den Adres­sa­ten der Prüfungs­an­ord­nung.

Die Ab­lauf­hem­mung tritt für die Be­steue­rungs­grund­la­gen ein, auf die sich die Prüfung tatsäch­lich er­streckt. Wei­tere Vor­aus­set­zun­gen, etwa die Tat­sa­che, dass die Er­wer­ber ei­nes Ge­samt­ob­jekts i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO je­weils ein­zeln Kennt­nis von der Prüfungs­an­ord­nung er­hal­ten müssen und diese da­her auch die­sen be­kannt­zu­ge­ben ist, nen­nen die ein­schlägi­gen Vor­schrif­ten nicht. In­fol­ge­des­sen war die Ent­schei­dung des FG re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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