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Steuerberatung

Haftung für Einfuhrumsatzsteuer nach Bestellung vorläufigen Insolvenzverwalters

BFH 26.9.2017, VII R 40/16

Wird ein vorläufi­ger In­sol­venz­ver­wal­ter un­ter An­ord­nung ei­nes all­ge­mei­nen Zu­stim­mungs­vor­be­halts be­stellt, ver­bleibt die Ver­wal­tungs- und Verfügungs­be­fug­nis gleich­wohl beim ge­setz­li­chen Ver­tre­ter der GmbH. Er wird durch den vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter nicht aus sei­ner Pflich­ten­stel­lung verdrängt.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war ne­ben ei­ner wei­te­ren Per­son Ge­schäftsführer ei­ner GmbH. Diese ließ zwi­schen dem 1. und dem 25.2.2011 meh­rere Ein­fuhrs­en­dun­gen zum freien Ver­kehr ab­fer­ti­gen. Die in­so­weit mit ver­schie­de­nen Ab­ga­ben­be­schei­den fest­ge­setzte Ein­fuhr­um­satz­steuer war we­gen ei­nes der GmbH gewähr­ten lau­fen­den Zah­lungs­auf­schubs am 16.3.2011 fällig.

Am 1.3.2011 be­an­tragte die GmbH die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über ihr Vermögen. Dar­auf­hin be­stellte das AG am 3.3.2011 einen vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter und ord­nete an, dass Verfügun­gen der GmbH nur mit des­sen Zu­stim­mung wirk­sam seien (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO). Am 1.6.2011 wurde das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der GmbH eröff­net.

Da die fest­ge­setzte Ein­fuhr­um­satz­steuer am Fällig­keits­tag man­gels De­ckung nicht vom an­ge­ge­be­nen Konto ab­ge­bucht wer­den konnte und auch sonst keine Zah­lung ge­leis­tet wurde, nahm das be­klagte Haupt­zoll­amt den Kläger - ge­mein­sam mit dem wei­te­ren Ge­schäftsführer - mit Haf­tungs­be­scheid in An­spruch.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Der an­ge­foch­tene Haf­tungs­be­scheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

Wer kraft Ge­set­zes für eine Steuer haf­tet, kann nach § 191 Abs. 1 S. 1 AO durch Haf­tungs­be­scheid in An­spruch ge­nom­men wer­den. Nach § 69 S. 1 AO haf­ten die in §§ 34 und 35 AO be­zeich­ne­ten Per­so­nen, so­weit (u.a.) An­sprüche aus dem Steu­er­schuld­verhält­nis in­folge vorsätz­li­cher oder grob fahrlässi­ger Ver­let­zung der ih­nen auf­er­leg­ten Pflich­ten nicht oder nicht recht­zei­tig erfüllt wer­den. Im Streit­fall hatte der Kläger als ge­setz­li­cher Ver­tre­ter der GmbH gem. § 34 Abs.1 AO de­ren steu­er­li­che Pflich­ten zu erfüllen, ins­be­son­dere dafür zu sor­gen, dass die Steu­ern aus den für die GmbH ver­wal­te­ten Mit­teln ent­rich­tet wer­den.

Diese Pflicht ist ver­letzt wor­den, da die für die Ein­fuh­ren der GmbH im Mo­nat Fe­bruar 2011 ent­stan­dene Ein­fuhr­um­satz­steuer nicht recht­zei­tig im Zeit­punkt ih­rer Fällig­keit am 16.3.2011 ge­zahlt wor­den ist. Der Pflicht­ver­let­zung stand auch die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens nicht ent­ge­gen. Denn wird die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen ei­ner GmbH be­an­tragt und ein vorläufi­ger In­sol­venz­ver­wal­ter un­ter An­ord­nung ei­nes all­ge­mei­nen Zu­stim­mungs­vor­be­halts be­stellt, ver­bleibt den­noch die Ver­wal­tungs- und Verfügungs­be­fug­nis beim ge­setz­li­chen Ver­tre­ter der GmbH. Er wird durch den vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter nicht aus sei­ner Pflich­ten­stel­lung verdrängt und hat da­her wei­ter­hin dafür zu sor­gen, dass die Steu­ern aus den Mit­teln der GmbH ent­rich­tet wer­den.

Ist - wie hier - für Ein­fuhr­ab­ga­ben ein lau­fen­der Zah­lungs­auf­schub gewährt wor­den, sind diese am Fällig­keits­tag vor­ran­gig ohne Rück­sicht auf das Be­ste­hen et­wai­ger an­de­rer Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen zu ent­rich­ten. In die­sem Fall ist da­her auf die Haf­tung des GmbH-Ge­schäftsführers für die Ein­fuhr­ab­ga­ben der sog. Grund­satz der an­tei­li­gen Til­gung nicht an­zu­wen­den. Of­fen blei­ben konnte vor­lie­gend, ob bei einem an­ge­ord­ne­ten Zu­stim­mungs­vor­be­halt gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO ein Ver­schul­den des GmbH-Ge­schäftsführers i.S.d. § 69 S. 1 AO zu ver­nei­nen ist, wenn er trotz fort­be­ste­hen­der Verfügungs­be­fug­nis und vor­han­de­ner fi­nan­zi­el­ler Mit­tel die Be­glei­chung der Steu­er­schuld in einem Fall un­terlässt, in dem der vorläufige In­sol­venz­ver­wal­ter die er­be­tene Ein­wil­li­gung hierzu ver­sagt und deut­lich zu er­ken­nen gibt, eine ge­trof­fene Verfügung auch nicht ge­neh­mi­gen zu wol­len.

Link­hin­weis:

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