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Steuerberatung

Gestaltungsmissbrauch bei Zwischenschaltung von Kindern beim Aktienverkauf?

BFH 17.4.2018, IX R 19/17

Ver­schenkt ei­ner Ak­tionär je­weils fünf Ak­tien an seine min­derjähri­gen Kin­der und veräußern die Kin­der je­weils zwei Ak­tien an einen drit­ten Er­wer­ber, so genügt ein en­ger zeit­li­cher Zu­sam­men­hang zwi­schen Schen­kung und Veräußerung al­lein nicht, um von ei­ner steu­er­lich un­be­acht­li­chen Zwi­schen­schal­tung der Kin­der (Ge­stal­tungs­miss­brauch) aus­zu­ge­hen. Das gilt je­den­falls dann, wenn nicht fest­ge­stellt ist, dass der Ver­kauf der Ak­tien vor der Schen­kung be­reits ver­han­delt und be­schlos­sen war.

Der Sach­ver­halt:

Die Kläge­rin war an ei­ner AG be­tei­ligt und Mit­glied von de­ren Auf­sichts­rat. Am 1.12.2014 ver­schenkte sie je­weils fünf Ak­tien der AG an ihre im Juli 2013 und im Ok­to­ber 2014 ge­bo­re­nen Töchter. Die Kin­der veräußer­ten je­weils zwei Ak­tien an ein Vor­stands­mit­glied der AG zum Preis von 4.000 €/Ak­tie. Der Kauf­preis wurde am 16.12.2014 be­gli­chen und auf Kon­ten der Kin­der gut­ge­schrie­ben.

Die min­derjähri­gen Töchter erklärten in ih­ren Steu­er­erklärun­gen je­weils einen Veräußerungs­ge­winn von 4.640 €. Sie verfügten über keine wei­te­ren Einkünfte. Das Fi­nanz­amt rech­nete die Veräußerungs­ge­winne in der erklärten Höhe der Kläge­rin und nicht den Kin­dern zu. Zur Begründung führte es aus, vor al­lem we­gen des zeit­li­chen Zu­sam­men­hangs zwi­schen Er­werb und Ver­kauf sei ein Ge­stal­tungs­miss­brauch (§ 42 AO) an­zu­neh­men.

Die Kläge­rin macht dem­ge­genüber u.a. gel­tend, die Über­tra­gung der Ak­tien habe der Zu­stim­mung der Ge­sell­schaft be­durft. Erst da­durch habe der spätere Er­wer­ber von der Über­tra­gung er­fah­ren und ein kon­kre­tes Kauf­an­ge­bot un­ter­brei­tet. Das Fi­nanz­amt ging je­doch da­von aus, dass der Vor­stand der AG von der ge­plan­ten Über­tra­gung be­reits im Vor­feld in­for­miert wor­den sei. Die Schen­kung hätte nicht voll­zo­gen wer­den müssen; die Kin­der seien of­fen­bar in eine oh­ne­hin ge­plante Veräußerung zwi­schen­ge­schal­tet wor­den.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:

Das Ur­teil kann u.a. des­halb kei­nen Be­stand ha­ben, weil die tatsäch­li­che Würdi­gung des FG auf ei­ner recht­lich feh­ler­haf­ten An­nahme ruht.

Bei der Würdi­gung der Ge­samt­umstände ist das FG in recht­li­cher Hin­sicht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Voll­zug der Schen­kung der Ak­tien an die Kin­der nach Zu­stim­mung der Ge­sell­schaft (Vor­stand und Auf­sichts­rat) noch hätte ge­stoppt wer­den können. Aus dem Um­stand, dass die Kläge­rin die Schen­kung den­noch voll­zo­gen hat, hat das FG (zu Un­recht) den Schluss ge­zo­gen, dass es ihr un­be­dingt auf die Zwi­schen­schal­tung ih­rer Kin­der an­ge­kom­men sei. Da­bei ist die recht­li­che Grund­an­nahme un­zu­tref­fend. War die Wirk­sam­keit der Über­tra­gung von der Zu­stim­mung der Ge­sell­schaft abhängig, wo­von auch das FG aus­ge­gan­gen ist, so trat die Wirk­sam­keit mit Er­tei­lung der Zu­stim­mung ein. Der Voll­zug der Schen­kung konnte da­nach nicht mehr ge­stoppt wer­den; die Schen­kung war in die­sem Zeit­punkt voll­zo­gen. Auch die vom FG an­ge­stell­ten Über­le­gun­gen, wel­che Er­satz­ge­stal­tun­gen die Kläge­rin statt der Schen­kung hätte rea­li­sie­ren können, ha­ben vor die­sem Hin­ter­grund keine Grund­lage.

Keine hin­rei­chende tatsäch­li­che Grund­lage hat auch die An­nahme des FG, wo­nach die Kläge­rin den Ver­kauf von vier Ak­tien an ein Vor­stands­mit­glied der AG längst ge­plant hatte, be­vor sie sich ent­schloss, ihre Kin­der schenk­weise da­zwi­schen zu schal­ten. Die Kläge­rin hat im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren den tatsäch­li­chen Ab­lauf schlüssig und de­tail­liert un­ter Be­weis­an­tritt dar­ge­stellt. Diese (neuen) Tat­sa­chen kann der BFH nicht berück­sich­ti­gen. Aber auch un­abhängig da­von lässt al­lein die zeit­li­che Nähe zwi­schen der Schen­kung und der Veräußerung der Ak­tien kei­nen Schluss dar­auf zu, dass der Ver­kauf vor der Schen­kung be­reits ge­plant und ver­han­delt ge­we­sen sein muss.

Zwar war eine Be­wer­tung des Kauf­an­ge­bots er­for­der­lich. Es ist je­doch da­von aus­zu­ge­hen, dass die Kläge­rin auf­grund ih­rer Aus­bil­dung als Be­triebs­wir­tin und ih­rer Tätig­keit im Auf­sichts­rat der AG selbst ohne wei­te­res in der Lage ge­we­sen sein dürfte, die An­ge­mes­sen­heit des An­ge­bots auch kurz­fris­tig zu be­ur­tei­len. Et­was an­de­res er­gibt sich schließlich auch nicht dar­aus, dass der Er­wer­ber "stets In­ter­esse am Ak­ti­en­zu­kauf" hatte. Es ist et­was an­de­res, ob ein po­ten­zi­el­ler Er­wer­ber stets In­ter­esse an einem Zu­kauf von Ak­tien hat oder ob er ein kon­kre­tes be­zif­fer­tes An­ge­bot zum Er­werb be­stimm­ter Ak­tien un­ter­brei­tet. Dazu hat das FG keine tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen. Seine An­nahme, dass der Ver­kauf be­reits vor der Schen­kung ver­han­delt ge­we­sen sein müsse, er­weist sich auf der Grund­lage sei­ner tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen als bloße Ver­mu­tung.

Link­hin­weis:

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