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Festsetzungsverjährungshemmender Antrag

BFH 28.8.2014, V R 8/14

Die Ab­gabe ei­ner Steu­er­erklärung ist auch dann kein An­trag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO, wenn sie zu ei­ner Steu­er­vergütung (§ 168 S. 2 AO) führen soll. Dies gilt auch, wenn die Erklärung zu­sam­men mit einem Be­gleit­schrei­ben ein­ge­reicht wird.

Der Sach­ver­halt:
Nach der von der kla­gen­den GmbH durch­geführ­ten Steu­er­be­rech­nung für das Streit­jahr 2003 er­gab sich zu ih­ren Guns­ten ein Vergütungs­an­spruch. Am 31.12.2010 ging um 23:07 Uhr per Te­le­fax das Deck­blatt ei­ner vom Ge­schäftsführer der Kläge­rin un­ter­schrie­be­nen Um­satz­steu­er­jah­res­erklärung 2003 beim Fi­nanz­amt ein, mit dem sie den von ihr be­rech­ne­ten Vergütungs­an­spruch im Re­gel­be­steue­rungs­ver­fah­ren gel­tend machte. Am glei­chen Tag wurde in den Nacht­brief­kas­ten des ört­li­chen Ge­richts­zen­trums die Um­satz­steu­er­jah­res­erklärung ein­ge­wor­fen. Die Um­satz­steu­er­jah­res­erklärung lag dem Fi­nanz­amt am 5.1.2011 vor.

Am 2.5.2011 reichte die Kläge­rin eine geänderte Um­satz­steu­er­jah­res­erklärung ein, aus der sich ein erhöhter Vergütungs­an­spruch er­gab. Am 2.12.2011 er­ließ das Fi­nanz­amt einen Um­satz­steu­er­jah­res­be­scheid, mit dem es eine Steu­er­vergütung von 625 € fest­setzte. Hier­ge­gen legte die Kläge­rin Ein­spruch ein. Im Ein­spruchs­ver­fah­ren drohte das Fi­nanz­amt eine Verböse­rung an. Am 13.12.2012 er­hob die Kläge­rin Untätig­keits­klage. Während des fi­nanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­rens er­ging die Ein­spruchs­ent­schei­dung vom 19.12.2012, mit der das Fi­nanz­amt den Ein­spruch als un­begründet zurück­wies und zu­gleich den Um­satz­steu­er­be­scheid vom 2.12.2011 auf­hob, da die­ser erst nach Ein­tritt der Fest­set­zungs­verjährung er­gan­gen sei.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Mit Ab­lauf des 31.12.2010 trat für das Streit­jahr Fest­set­zungs­verjährung ein, so­weit keine Hem­mung nach § 171 Abs. 3 AO vor­liegt. Eine verjährungs­hem­mende Wir­kung nach die­ser Vor­schrift hat das FG zu Recht ver­neint.

Wird vor Ab­lauf der Fest­set­zungs­frist außer­halb ei­nes Ein­spruchs- oder Kla­ge­ver­fah­rens ein An­trag auf Steu­er­fest­set­zung oder auf Auf­he­bung oder Ände­rung ei­ner Steu­er­fest­set­zung oder ih­rer Be­rich­ti­gung nach § 129 AO ge­stellt, so läuft die Fest­set­zungs­frist gem. § 171 Abs. 3 AO in­so­weit nicht ab, be­vor über den An­trag un­an­fecht­bar ent­schie­den wor­den ist. Nach der ständi­gen BFH-Recht­spre­chung ist die Ab­gabe ei­ner Steu­er­erklärung auch dann kein An­trag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO, wenn sie zu ei­ner Er­stat­tung führen soll. Dies gilt auch, wenn die Erklärung zu­sam­men mit einem Be­gleit­schrei­ben ein­ge­reicht wird.

In sei­nem Ur­teil vom 18.6.1991 (VIII R 54/89) hat der BFH dies da­mit begründet, dass als "An­trag" i.S.v. § 171 Abs. 3 AO nur sol­che Wil­lens­be­kun­dun­gen zu ver­ste­hen sind, die ein Tätig­wer­den der Fi­nanz­behörden außer­halb des in­folge der Amts­ma­xime oh­ne­hin ge­bo­te­nen Ver­wal­tungs­han­delns auslösen sol­len. Die Ab­gabe von ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­nen Steu­er­erklärun­gen gehört hierzu nicht. Denn da­mit erfüllt der Steu­er­pflich­tige seine all­ge­meine Mit­wir­kungs­pflicht. Zu­dem würde, wäre eine Steu­er­erklärung auch als "An­trag" i.S.d. § 171 Abs. 3 AO an­zu­se­hen, die zu ei­ner Be­vor­zu­gung des pflicht­wid­rig han­deln­den ge­genüber dem ge­set­zes­treuen Bürger führen.

Diese Recht­spre­chung steht nicht im Wi­der­spruch zum Uni­ons­recht. Die MwSt­Sys­tRL enthält zur Fest­set­zungs­verjährung keine ei­genständi­gen Re­ge­lun­gen, so dass in­so­weit die Re­ge­lungs­ho­heit der Mit­glied­staa­ten fort­be­steht. Die Aus­ge­stal­tung der na­tio­na­len Re­ge­lung verstößt nicht ge­gen all­ge­meine Rechts­grundsätze des Uni­ons­rechts. Es lie­gen ins­be­son­dere keine Verstöße ge­gen den Äqui­va­lenz­grund­satz und den Ef­fek­ti­vitätsgrund­satz vor. Auf die Fra­gen, ob der Nacht­brief­kas­ten der ört­li­chen Jus­tiz­behörden auch als Nacht­brief­kas­ten des Fi­nanz­amts an­zu­se­hen war und ob das Te­le­fax eine vollständige Über­mitt­lung ent­hielt, kam es vor­lie­gend nicht an.

Link­hin­weis:

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