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Betrieb gewerblicher Art durch Beteiligung an Personengesellschaft

BFH 29.11.2017, I R 83/15

Die Be­tei­li­gung ei­ner Stadt an ei­ner ge­werb­lich geprägten vermögens­ver­wal­ten­den Per­so­nen­ge­sell­schaft ist kein Be­trieb ge­werb­li­cher Art. § 4 Abs. 1 S. 1 KStG enthält eine ei­genständige, von den ein­kom­men­steu­er­recht­li­chen Be­grif­fen des Ge­wer­be­be­triebs und ge­werb­li­cher Einkünfte un­abhängige und aus­schließlich tätig­keits­be­zo­gene De­fi­ni­tion des Be­triebs ge­werb­li­cher Art. Die Fik­tion ge­werb­li­cher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG wird durch § 4 Abs. 1 KStG nicht auf­ge­grif­fen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine Stadt. Sie war im Streit­jahr 2008 al­lei­nige Kom­man­di­tis­tin der im Jahr 2000 gegründe­ten A-AG & Co. KG (A-KG). Kom­ple­mentärin der A-KG war die nicht am Ka­pi­tal be­tei­ligte A-AG. Die A-KG hielt im Streit­jahr Be­tei­li­gun­gen an drei kom­mu­na­len Ge­sell­schaf­ten, nämlich der Stadt­werke-Ge­sell­schaft (StW-GmbH - 74,9 %), an der Stadt­ver­kehr-Ge­sell­schaft (StV-GmbH - 100 %) und an der Stadtbäder-Ge­sell­schaft (StB-GmbH - 100 %). Zwi­schen der A-KG und den drei Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten be­stand je­weils ein Ge­winn­abführungs­ver­trag. Die zuständige Fi­nanz­behörde be­han­delte die Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten als Or­gan­ge­sell­schaf­ten der A-KG und er­ließ ent­spre­chende Fest­stel­lungs­be­scheide.

Das Ver­luste er­wirt­schaf­tende städti­sche Hal­len­bad wurde von der Kläge­rin in ei­ge­ner Träger­schaft be­trie­ben und als BgA be­han­delt (BgA Hal­len­bad). Die StB-GmbH führte die Ge­schäfte des Hal­len­bads im Na­men und auf Rech­nung der Kläge­rin. Diese er­fasste die Kom­man­dit­be­tei­li­gung an der A-KG als ge­willkürtes Be­triebs­vermögen des BgA Hal­len­bad und ge­langte da­durch im Rah­men der Ge­winn­er­mitt­lung des BgA Hal­len­bad zu ei­ner Sal­die­rung der Ver­luste aus dem Be­trieb des Hal­len­bads mit den Erträgen aus der Be­tei­li­gung an der A-KG.

Das Fi­nanz­amt ak­zep­tierte diese Sach­be­hand­lung bis ein­schließlich 2007. Für das Streit­jahr kam es nach ei­ner Außenprüfung zu dem Er­geb­nis, dass die Be­tei­li­gung an der A-KG als ein ei­genständi­ger BgA er­fasst und be­steu­ert wer­den müsse und er­ließ einen ent­spre­chen­den Körper­schaft­steu­er­be­scheid be­tref­fend den BgA "Hal­ten ei­ner Kom­man­dit­be­tei­li­gung an der (A-KG)", in dem die Ver­luste aus dem Be­trieb des Hal­len­bads nicht ge­winn­min­dernd zum An­satz ka­men und mit dem die Körper­schaft­steuer für das Streit­jahr fest­ge­setzt wurde.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che an das FG zurück.

Gründe:
Im zwei­ten Rechts­gang müssen die er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen zu Art und Um­fang der wirt­schaft­li­chen Betäti­gung der A-KG ge­trof­fen wer­den.

Be­triebe ge­werb­li­cher Art (BgA) sind nach der Le­gal­de­fi­ni­tion des § 4 Abs. 1 S. 1 KStG - mit Aus­nahme der Ho­heits­be­triebe (vgl. § 4 Abs. 5 KStG) - alle Ein­rich­tun­gen, die ei­ner nach­hal­ti­gen wirt­schaft­li­chen Tätig­keit zur Er­zie­lung von Ein­nah­men außer­halb der Land- und Forst­wirt­schaft die­nen und die sich in­ner­halb der Ge­samt­betäti­gung der ju­ris­ti­schen Per­son wirt­schaft­lich her­aus­he­ben. Be­tei­ligt sich eine ju­ris­ti­sche Per­son des öff­ent­li­chen Rechts an ei­ner ge­werb­lich täti­gen Per­so­nen­ge­sell­schaft, wird hier­durch ein Be­trieb ge­werb­li­cher Art begründet. Mit der Er­zie­lung von Einkünf­ten aus Ge­wer­be­be­trieb wer­den re­gelmäßig die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 4 Abs. 1 KStG erfüllt, ins­be­son­dere ist auch der Rah­men ei­ner Vermögens­ver­wal­tung über­schrit­ten.

Im vor­lie­gen­den Fall war je­doch un­klar, ob die KG, an der sich die Stadt be­tei­ligt hatte, im Streit­jahr i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG ge­werb­lich tätig ge­we­sen ist. Denn nach den Fest­stel­lun­gen des FG war die KG le­dig­lich an meh­re­ren Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten be­tei­ligt. Das Hal­ten von Ka­pi­tal­ge­sell­schafts­an­tei­len ist je­doch grundsätz­lich noch keine wirt­schaft­li­che Betäti­gung, son­dern ist dem Be­reich der Vermögens­ver­wal­tung zu­zu­ord­nen. Eine an­dere Be­ur­tei­lung kann al­ler­dings in Be­tracht kom­men, wenn die Körper­schaft über eine Zu­sam­men­fas­sung meh­re­rer Be­tei­li­gun­gen in ei­ner Hol­ding planmäßig Un­ter­neh­mens­po­li­tik be­treibt (sog. ge­schäfts­lei­tende Hol­ding) oder in an­de­rer Weise ent­schei­den­den Ein­fluss auf die lau­fende Ge­schäftsführung der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ausübt und da­mit durch sie un­mit­tel­bar selbst am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr teil­nimmt. Al­lein das Stre­ben nach Ein­fluss auf die Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten reicht je­doch nicht aus.

Die Be­tei­li­gung an der KG konnte auch nicht un­abhängig von ei­ner tatsäch­li­chen wirt­schaft­li­chen Betäti­gung die­ser Ge­sell­schaft des­halb als BgA i.S.d. § 4 KStG an­ge­se­hen wer­den, weil die ein­zige persönlich haf­tende Ge­sell­schaf­te­rin der KG eine AG ist. Die Fik­tion des § 15 Abs. 3 Nr.2 S. 1 EStG, der zu­folge die mit Einkünf­te­er­zie­lungs­ab­sicht un­ter­nom­mene Tätig­keit ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft, die keine ori­ginär ge­werb­li­che Betäti­gung ausübt und bei der aus­schließlich eine oder meh­rere Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten persönlich haf­tende Ge­sell­schaf­ter sind und nur diese oder Per­so­nen, die nicht Ge­sell­schaf­ter sind, zur Ge­schäftsführung be­fugt sind (ge­werb­lich geprägte Per­so­nen­ge­sell­schaft), in vol­lem Um­fang als Ge­wer­be­be­trieb gilt, ist im Rah­men des § 4 KStG nicht an­wend­bar. § 4 Abs. 1 S. 1 KStG enthält viel­mehr eine ei­genständige, von den ein­kom­men­steu­er­recht­li­chen Be­grif­fen des Ge­wer­be­be­triebs und ge­werb­li­cher Einkünfte un­abhängige und aus­schließlich tätig­keits­be­zo­gene De­fi­ni­tion des Be­triebs ge­werb­li­cher Art. Die Fik­tion ge­werb­li­cher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG wird durch § 4 Abs. 1 KStG nicht auf­ge­grif­fen.

Auch der Zweck des § 4 KStG ge­bie­tet keine Be­steue­rung der von ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son des öff­ent­li­chen Rechts durch die Be­tei­li­gung an ei­ner aus­schließlich vermögens­ver­wal­tend täti­gen, ge­werb­lich geprägten Per­so­nen­ge­sell­schaft er­ziel­ten Einkünfte. Denn die Be­steue­rung der BgA von ju­ris­ti­schen Per­so­nen des öff­ent­li­chen Rechts soll in ers­ter Li­nie Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen zu Las­ten der pri­va­ten Wirt­schaft ver­hin­dern, die ent­ste­hen würden, wenn sich die öff­ent­li­che Hand außer­halb ih­rer ho­heit­li­chen Tätig­keit wirt­schaft­lich betäti­gen könnte, ohne be­steu­ert zu wer­den. Den vermögens­ver­wal­ten­den Tätig­kei­ten misst der Ge­setz­ge­ber dem­ge­genüber of­fen­kun­dig keine Be­deu­tung im Hin­blick auf die Wett­be­werbs­neu­tra­lität zu. So­weit aus Gründen der Gleich­be­hand­lung mit der Pri­vat­wirt­schaft eine Be­steue­rung der öff­ent­li­chen Hand auch im Hin­blick auf die Be­tei­li­gung an le­dig­lich ge­werb­lich geprägten Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten für ge­bo­ten er­ach­tet wird, ist hierfür man­gels wett­be­werb­li­cher Re­le­vanz der Vermögens­ver­wal­tung kein hin­rei­chen­den Grund zu se­hen.

Eine wirt­schaft­li­che Betäti­gung der KG kann sich letzt­lich auch nicht al­lein dar­aus er­ge­ben, dass diese mit den drei ge­werb­lich täti­gen Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten Ge­winn­abführungs­verträge ge­schlos­sen hatte, um im Rah­men von körper­schaft­steu­er­recht­li­chen Or­gan­schaf­ten gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 KStG die Zu­rech­nung der Ein­kom­men zu er­rei­chen. Das er­gibt sich schon dar­aus, dass ein Or­gan­schafts­verhält­nis mit ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft als Or­ganträge­rin gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG vor­aus­setzt, dass die Per­so­nen­ge­sell­schaft ih­rer­seits eine Tätig­keit i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG ausübt, d.h. ori­ginär ge­werb­lich tätig ist. Fehlt es an die­ser Vor­aus­set­zung, tre­ten die Rechts­fol­gen ei­ner Or­gan­schaft nicht ein.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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