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Rechtsberatung

Arztbewertungsportal: Kein Löschungsanspruch bei negativer Bewertung

OLG Frankfurt a.M. v. 9.4.2020 - 16 U 218/18

Ein Ärz­te­be­wer­tung­spor­tal erfüllt eine von der Rechts­ord­nung ge­bil­ligte und ge­sell­schaft­lich erwünschte Funk­tion, so­fern der Be­trei­ber als neu­tra­ler In­for­ma­ti­ons­mitt­ler auf­tritt. Nut­zer­be­wer­tun­gen in Form von Mei­nungsäußerun­gen auf einem sol­chen Por­tal sind hin­zu­neh­men, wenn sie auf ei­ner Tat­sa­chen­grund­lage be­ru­hen und die Grenze zur Schmähkri­tik nicht über­schrei­ten.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Au­genärz­tin in Hes­sen. Die Be­klagte be­treibt ein Arzt­su­che- und be­wer­tung­spor­tal, auf dem In­for­ma­tio­nen über Ärzte und Träger an­de­rer Heil­be­rufe kos­ten­frei ab­ge­ru­fen wer­den können. Die Be­klagte bie­tet auf dem Por­tal als ei­gene In­for­ma­tion sog. Ba­sis­da­ten ei­nes Arz­tes an (Name, Fach­rich­tung, Pra­xis-An­schrift, Kon­takt­da­ten, etc.). Da­ne­ben sind Be­wer­tun­gen ab­ruf­bar, die Nut­zer in Form ei­nes No­ten­sche­mas, aber auch in Form von Freitext­kom­men­ta­ren ab­ge­ge­ben ha­ben. Ge­gen Be­zah­lung können die Ärzte als An­zeige ge­kenn­zeich­nete zusätz­li­che In­for­ma­tio­nen veröff­ent­li­chen las­sen, sog. Pre­mium­mit­glied­schaft.

Die Kläge­rin bat um Löschung der ne­ga­ti­ven Be­wer­tung und um Mit­tei­lung des Ur­he­bers. Die Be­wer­tung wurde in der Fol­ge­zeit zunächst un­sicht­bar, nach ei­ner Rück­spra­che mit dem/der Ur­he­ber/in des Kom­men­tars je­doch wie­der sicht­bar ge­macht. Der Ur­he­ber wurde nicht be­nannt. Eine Löschung der Ba­sis­da­ten lehnte die Be­klagte eben­falls ab.

Die Kläge­rin nahm die Be­klagte nun­mehr auf Löschung ih­rer Ba­sis­da­ten, hilfs­weise auf Löschung des Nut­zer­kom­men­tars in An­spruch. Das LG hatte der Klage statt­ge­ge­ben. Die hier­ge­gen ein­ge­legte Be­ru­fung hatte vor dem OLG Er­folg. Der Se­nat hat die Re­vi­sion zu­ge­las­sen, da die Sa­che grundsätz­li­che Be­deu­tung hat.

Die Gründe:
Die Kläge­rin kann nicht die Löschung ih­rer Ba­sis­da­ten ver­lan­gen. Auch ohne Zu­stim­mung der Kläge­rin liegt hier eine rechtmäßige Da­ten­ver­ar­bei­tung vor. Dies ist gem. der DS­GVO der Fall, "wenn die Da­ten­ver­ar­bei­tung zur Wahr­neh­mung des Ver­ant­wort­li­chen oder ei­nes Drit­ten er­for­der­lich ist, so­fern nicht In­ter­es­sen oder Grund­rechte und Grund­frei­hei­ten der be­trof­fe­nen Per­son, die den Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten er­for­dern, über­wie­gen." Dritte sind hier die Nut­zer des Por­tals, die sich über Ärzte in­for­mie­ren wol­len.

Hier fällt die "er­for­der­li­che Abwägung zwi­schen den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ver­ant­wort­li­chen oder ei­nes Drit­ten ei­ner­seits und den In­ter­es­sen oder Grund­rech­ten und Grund­frei­hei­ten der be­trof­fe­nen Per­son auf der an­de­ren Seite" zu Las­ten der Kläge­rin aus. Da­bei ist zu berück­sich­ti­gen, dass das von der Be­klag­ten be­trie­bene Ärz­te­be­wer­tung­spor­tal eine von der Rechts­ord­nung ge­bil­ligte und ge­sell­schaft­lich erwünschte Funk­tion erfüllt, so­fern die Be­trei­be­rin als neu­tra­ler In­for­ma­ti­ons­mitt­ler auf­tritt. Dies ist hier der Fall. An­ders als in früher vom BGH ent­schie­de­nen Kon­stel­la­tio­nen lie­gen ins­be­son­dere keine ver­deck­ten Vor­teile für die sog. Prämi­en­kun­den (mehr) vor. Für den Nut­zer ist viel­mehr klar er­sicht­lich, dass für die An­zei­gen, die als sol­che be­zeich­net und farb­lich un­ter­legt sind, eine Vergütung zu ent­rich­ten ist. Es fehlt dem­nach nicht an der er­for­der­li­chen Trans­pa­renz.

Die Kläge­rin kann auch nicht Löschung der Be­wer­tung ver­lan­gen. Das vom Por­tal­be­trei­ber in der­ar­ti­gen Fällen ein­zu­hal­tende Ver­fah­ren ist hier durch­geführt wor­den. Die bemängelte Kri­tik ist von der Kläge­rin hin­zu­neh­men, da sie da­durch nicht rechts­wid­rig in ih­rem Persönlich­keits­recht ver­letzt wird. Es han­delt sich um Mei­nungsäußerun­gen, die die Grenze zur Schmähkri­tik nicht über­schrei­ten. Sie be­ru­hen auch auf einem Be­such bei der Kläge­rin und ent­beh­ren dem­nach nicht je­der Tat­sa­chen­grund­lage.

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