Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass es für die Anwendung von unternehmensspezifischen Antidumpingzöllen ausreicht, wenn eine Handelsrechnung, die den nach der jeweiligen Antidumpingregelung an sie konkret zu stellenden Voraussetzungen genügt, erst nach Abgabe der Zollanmeldung vorgelegt wird (Urteil vom 12.10.2017, Rs. C-156/16). Damit teilt der EuGH die Auffassung der deutschen Zollverwaltung nicht. Diese hatte das Nachreichen einer entsprechenden Handelsrechnung nicht für ausreichend gehalten. Für die Wirtschaftsbeteiligten hatte dies zur Konsequenz, dass sie die – zumeist deutlich geringeren - unternehmensspezifischen Antidumpingzölle nicht (nachträglich) in Anspruch nehmen konnten, sondern den „für alle übrigen Unternehmen“ geltenden, i. d. R. höheren Antidumpingzoll entrichten mussten.

Oft hängt die Höhe des jeweiligen Antidumpingzollsatzes nicht nur von der konkreten Ware ab, sondern auch davon, wer deren Hersteller ist. Im entschiedenen Fall bewegte sich die Spanne der Antidumpingzölle für bestimmte, individuell genannte Hersteller in China zwischen 13,4 % und 23,4 %, für alle übrigen Unternehmen lag sie bei 36,1 %. Für die Anwendung des jeweils ermäßigten Antidumpingzollsatzes muss eine gültige Handelsrechnung mit einer sog. Herstellererklärung vorgelegt werden. Kern dieser Herstellererklärung ist, dass das Unternehmen, welches die Handelsrechnung ausstellt, versichert, die fraglichen Waren tatsächlich hergestellt zu haben.
Nach der Entscheidung des EuGH reicht es aus, wenn die Handelsrechnung mit der Herstellererklärung nachträglich vorgelegt wird. Aus dem Wortlaut der Antidumpingverordnung ergebe sich lediglich, dass eine Handelsrechnung mit Herstellererklärung vorzulegen ist, jedoch nicht, zu welchem Zeitpunkt dies zu geschehen habe. Auch die allgemeinen zollrechtlichen Regeln legen keine Konsequenzen fest, wenn die für die Zollabfertigung benötigten Unterlagen nicht den Vorschriften genügen. Andererseits bestimmt das Zollrecht, dass die Zollbehörden die Zollanmeldung auch nach der Überlassung der Waren überprüfen können. Daher sind auch nachträglich vorgelegte Unterlagen und Angaben zu berücksichtigen und kann im Ergebnis eine den Anforderungen der jeweiligen Antidumpingverordnung entsprechende Handelsrechnung auch nachgereicht werden.
Hinweis
Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung über den hier entschiedenen Fall hinaus, da im Antidumpingbereich zahlreiche unternehmensabhängige Begünstigungen bestehen, bis hin zum Antidumpingzollsatz „0“.
Im einzelnen Fall ist freilich individuell zu überprüfen, ob in der jeweils anwendbaren Antidumpingverordnung ein Zeitpunkt für die Vorlage der Handelsrechnung festgelegt ist. Auch sind für eine Anwendung des konkreten Antidumpingzollsatzes die Vorgaben für die Herstellererklärung genau einzuhalten.