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AGB in Darlehensverträgen: Bearbeitungsentgelt für Privatkredite unwirksam

BGH 13.5.2014, XI ZR 405/12 u.a.

Vor­for­mu­lierte Be­stim­mun­gen über ein Be­ar­bei­tungs­ent­gelt in Dar­le­hens­verträgen zwi­schen einem Kre­dit­in­sti­tut und einem Ver­brau­cher sind un­wirk­sam. Denn mit dem Ent­gelt wer­den Kos­ten für Tätig­kei­ten auf die Kun­den der Be­klag­ten ab­gewälzt, die die Be­klag­ten im ei­ge­nen In­ter­esse er­brin­gen oder auf Grund be­ste­hen­der ei­ge­ner Rechts­pflich­ten zu er­brin­gen ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Im Ver­fah­ren XI ZR 405/12 macht der kla­gende Ver­brau­cher­schutz­ver­ein ge­genüber der be­klag­ten Bank im Wege der Un­ter­las­sungs­klage die Un­wirk­sam­keit der im Preis­aus­hang der Be­klag­ten für Pri­vat­kre­dite ent­hal­te­nen Klau­sel "Be­ar­bei­tungs­ent­gelt ein­ma­lig 1 Pro­zent"

gel­tend. Die Klage war in bei­den Vor­in­stan­zen er­folg­reich.

Im Ver­fah­ren XI ZR 170/13 be­geh­ren die Kläger als Dar­le­hens­neh­mer von der be­klag­ten Bank aus un­ge­recht­fer­tig­ter Be­rei­che­rung die Rück­zah­lung des von der Be­klag­ten beim Ab­schluss ei­nes Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trags be­rech­ne­ten Be­ar­bei­tungs­ent­gelts. Die Par­teien schlos­sen im März 2012 einen On­line-Dar­le­hens­ver­trag. Dazu hat­ten die Kläger die von der Be­klag­ten vor­ge­ge­bene und auf de­ren In­ter­net­seite ein­ge­stellte Ver­trags­maske aus­gefüllt, die u.a. fol­gen­den Ab­schnitt ent­hielt:

"Be­ar­bei­tungs­ent­gelt EUR
Das Be­ar­bei­tungs­ent­gelt wird für die Ka­pi­talüber­las­sung ge­schul­det. Das Ent­gelt wird mit­fi­nan­ziert und ist Be­stand­teil des Kre­dit­nenn­be­tra­ges. Es wird bei der Aus­zah­lung des Dar­le­hens oder ei­nes ers­ten Dar­le­hens­be­tra­ges fällig und in vol­ler Höhe ein­be­hal­ten."

Die Höhe des Be­ar­bei­tungs­ent­gelts wurde von der Be­klag­ten dar­auf mit 1.200 € be­rech­net und in das Ver­trags­for­mu­lar ein­ge­setzt. Mit ih­rer Klage ver­lan­gen die Kläger Rück­zah­lung die­ses Be­tra­ges nebst ent­gan­ge­nem Ge­winn, Ver­zugs­zin­sen und Er­satz der Rechts­an­walts­kos­ten.

Die bei­den Vor­in­stan­zen ga­ben der Klage - bis auf einen klei­nen Teil der Zin­sen - ganz über­wie­gend statt.

In bei­den Ver­fah­ren wies der BGH die Re­vi­sio­nen der be­klag­ten Kre­dit­in­sti­tute zurück.

Die Gründe:
Die in Streit ste­hen­den Be­stim­mun­gen über das Be­ar­bei­tungs­ent­gelt un­ter­lie­gen der ge­richt­li­chen In­halts­kon­trolle gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und hal­ten die­ser nicht stand.

In bei­den Ver­fah­ren han­delt es sich bei den streit­ge­genständ­li­chen Re­ge­lun­gen um von der Bank ge­stellte AGB i.S.v. § 307 BGB. Aus­rei­chend hierfür ist, wenn das Ent­gelt, wie dies im Ver­fah­ren XI ZR 170/13 beim Ab­schluss der On­line-Dar­le­hens­verträge der Fall war, zum Zwecke künf­ti­ger wie­der­hol­ter Ein­be­zie­hung in Ver­trags­texte "im Kopf" des Kre­dit­in­sti­tuts als Klau­sel­ver­wen­der ge­spei­chert ist, an­hand der Da­ten des in­di­vi­du­el­len Dar­le­hens­ver­tra­ges er­rech­net und so­dann in ein Leer­feld in der Ver­trags­ur­kunde ein­ge­setzt wird.

Die bei­den be­an­stan­de­ten Ent­gelt­klau­seln stel­len fer­ner keine gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB kon­troll­freien Preis­ab­re­den, son­dern viel­mehr der In­halts­kon­trolle zugäng­li­che Preis­ne­ben­ab­re­den dar. Aus­ge­hend von der je­weils ausdrück­li­chen Be­zeich­nung als "Be­ar­bei­tungs­ent­gelt" ha­ben die Be­ru­fungs­ge­richte aus der maßgeb­li­chen Sicht ei­nes Durch­schnitts­kun­den zu Recht an­ge­nom­men, die be­klag­ten Ban­ken ver­lang­ten ein zusätz­li­ches Ent­gelt zur Ab­gel­tung ih­res Be­ar­bei­tungs­auf­wan­des im Zu­sam­men­hang mit der Kre­dit­gewährung und der Aus­zah­lung der Dar­le­hens­va­luta; dass im Ver­fah­ren XI ZR 170/13 aus­weis­lich des Dar­le­hens­ver­tra­ges das Be­ar­bei­tungs­ent­gelt für die "Ka­pi­talüber­las­sung" ge­schul­det wird, steht dem bei der ge­bo­te­nen kun­den­feind­lichs­ten Aus­le­gung nicht ent­ge­gen.

Ge­mes­sen hieran ist das Be­ar­bei­tungs­ent­gelt we­der kon­troll­freie Preis­haupt­ab­rede für die ver­trag­li­che Haupt­leis­tung noch Ent­gelt für eine Son­der­leis­tung der Be­klag­ten. Beim Dar­le­hens­ver­trag stellt der gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB vom Dar­le­hens­neh­mer zu zah­lende Zins den lauf­zeit­abhängi­gen Preis für die Ka­pi­tal­nut­zung dar; aus Vor­schrif­ten des Ge­set­zes- und Ver­ord­nungs­rechts - ins­bes. so­weit darin ne­ben Zin­sen von "Kos­ten" die Rede ist - er­gibt sich nichts Ab­wei­chen­des. Mit einem lauf­zeit­un­abhängi­gen Ent­gelt für die "Be­ar­bei­tung" ei­nes Dar­le­hens wird in­des ge­rade nicht die Gewährung der Ka­pi­tal­nut­zungsmöglich­keit "be­preist". Das Be­ar­bei­tungs­ent­gelt stellt sich auch nicht als Vergütung für eine sons­tige, recht­lich selbständige, ge­son­dert vergütungsfähige Leis­tung der Be­klag­ten dar. Viel­mehr wer­den da­mit le­dig­lich Kos­ten für Tätig­kei­ten (wie etwa die Zur­verfügung­stel­lung der Dar­le­hens­summe, die Be­ar­bei­tung des Dar­le­hens­an­tra­ges, die Prüfung der Kun­den­bo­nität oder die Führung der Ver­trags­ge­spräche) auf die Kun­den der Be­klag­ten ab­gewälzt, die die Be­klag­ten im ei­ge­nen In­ter­esse er­brin­gen oder auf Grund be­ste­hen­der ei­ge­ner Rechts­pflich­ten zu er­brin­gen ha­ben.

Der da­nach eröff­ne­ten In­halts­kon­trolle hal­ten die strei­ti­gen Klau­seln nicht stand. Sie sind viel­mehr un­wirk­sam, weil die Er­he­bung ei­nes lauf­zeit­un­abhängi­gen Ent­gelts für die Be­ar­bei­tung ei­nes Ver­brau­cher­dar­le­hens mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung un­ver­ein­bar ist und die Kun­den der Be­klag­ten ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt. Nach dem ge­setz­li­chen Leit­bild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ha­ben die Be­klag­ten an­fal­lende Kos­ten für die Kre­dit­be­ar­bei­tung und -aus­zah­lung durch den lauf­zeit­abhängig be­mes­se­nen Zins zu de­cken und können da­ne­ben kein lauf­zeit­un­abhängi­ges Be­ar­bei­tungs­ent­gelt ver­lan­gen. Gründe, die die an­ge­grif­fe­nen Klau­seln gleich­wohl als an­ge­mes­sen er­schei­nen las­sen, ha­ben die Be­klag­ten we­der dar­ge­tan noch sind sol­che er­sicht­lich. Ver­fas­sungs­recht­li­che Erwägun­gen ste­hen der An­nahme, Be­ar­bei­tungs­ent­gelte in AGB seien un­wirk­sam, ebenso we­nig ent­ge­gen wie das Uni­ons­recht einem AGB-recht­li­chen Ver­bot for­mu­larmäßig er­ho­be­ner Be­ar­bei­tungs­ent­gelte Gren­zen setzt.

Im Ver­fah­ren XI ZR 170/13 hat der BGH darüber hin­aus aus­geführt, dass der dor­ti­gen Be­klag­ten auch nicht im Wege ergänzen­der Ver­trags­aus­le­gung ein An­spruch auf Zah­lung des nicht wirk­sam ver­ein­bar­ten Be­ar­bei­tungs­ent­gelts ge­gen die Kläger zu­ge­bil­ligt wer­den kann. Zu­dem ist der in die­sem Ver­fah­ren streit­ge­genständ­li­che Be­rei­che­rungs­an­spruch der dor­ti­gen Kläger nicht gem. § 814 Fall 1 BGB aus­ge­schlos­sen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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