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Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist durch Antrag des Steuerpflichtigen

BFH 27.11.2013, II R 57/11

Soll der Ab­lauf der Fest­set­zungs­frist nach § 171 Abs. 3 AO ge­hemmt wer­den, ist ein An­trag des von der Steu­er­fest­set­zung be­trof­fe­nen Steu­er­pflich­ti­gen vor­aus­zu­set­zen. Im Fall der Ände­rung ei­nes Grund­la­gen­be­scheids wird der Ab­lauf der Zwei-Jah­res-Frist nach § 171 Abs. 10 S. 1 AO für die An­pas­sung des Fol­ge­be­scheids nach § 171 Abs. 3 AO nur dann ge­hemmt, wenn der von dem Fol­ge­be­scheid be­trof­fene Steu­er­pflich­tige selbst die Ände­rung des Fol­ge­be­scheids vor Ab­lauf der Frist be­an­tragt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH und war zu 45,5 % an der A-AG be­tei­ligt, die ih­rer­seits eine Be­tei­li­gung von 50 % an der R-AG hielt. Das Fi­nanz­amt setzte ge­gen die Kläge­rin Vermögen­steuer auf den 1.1.1990 fest und berück­sich­tigte da­bei gemäß der im Jahr 1991 ein­ge­reich­ten Erklärung auch den Wert der An­teile der Kläge­rin an der A-AG. Der zu­letzt er­gan­gene Vermögen­steu­er­be­scheid aus De­zem­ber 1998 wurde be­standskräftig.

Auf­grund ei­ner Klage der R-AG stellte das FG im De­zem­ber 1999 den ge­mei­nen Wert ih­rer An­teile auf den 31.12.1989 auf 509 DM je 100 DM des Grund­ka­pi­tals fest. Im Hin­blick dar­auf er­ließ das Fi­nanz­amt im Mai 2000 einen geänder­ten Be­scheid über die ge­son­derte und ein­heit­li­che Fest­stel­lung des ge­mei­nen Werts der An­teile an der A-AG auf den 31.12.1989 und min­derte den Wert die­ser An­teile ent­spre­chend. Der Fest­stel­lungs­be­scheid wurde an die A-AG als Emp­fangs­be­vollmäch­tigte u.a. für die Kläge­rin be­kannt ge­ge­ben. Die Fol­ge­an­pas­sung des Vermögen­steu­er­be­scheids auf den 1.1.1990 für die Kläge­rin un­ter­blieb je­doch.

Im März 2006 änderte die Fi­nanz­behörde den Ein­heits­wert des Be­triebs­vermögens für die R-AG auf den 1.1.1990. Den An­trag der R-AG, auch die An­teils­be­wer­tung zum 31.12.1989 zu ändern, lehnte sie ab. Die hier­ge­gen er­ho­bene Klage nahm die R-AG zurück. Das FG stellte das Ver­fah­ren im Sep­tem­ber 2010 ein. Zu­vor hatte die Kläge­rin im Ja­nuar 2008 beim Fi­nanz­amt be­an­tragt, im Vermögen­steu­er­be­scheid auf den 1.1.1990 die Ände­run­gen aus dem ge­genüber der R-AG er­gan­ge­nen Ur­teil aus De­zem­ber 1999. Dies lehnte die Behörde im Juli 2008 ab, weil Fest­set­zungs­verjährung ein­ge­tre­ten sei.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BFH blieb er­folg­los.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht ent­schie­den, dass die von der Kläge­rin be­gehrte Ände­rung des Vermögen­steu­er­be­scheids we­gen der ein­ge­tre­te­nen Fest­set­zungs­verjährung nicht mehr zulässig war.

Auf­grund des geänder­ten Fest­stel­lungs­be­scheids aus Mai 2000 über die An­teils­be­wer­tung der A-AG auf den 31.12.1989 war der Ab­lauf der Fest­set­zungs­frist für die Vermögen­steuer der Kläge­rin bis Mai 2002 ge­hemmt. Die Ab­lauf­hem­mung en­dete dann im Mai 2002, ohne dass eine Ände­rung der Vermögen­steu­er­fest­set­zung er­folgte. Der Ab­lauf der Zwei-Jah­res-Frist des § 171 Abs. 10 S. 1 AO im Mai 2002 wurde nicht durch einen recht­zei­tig ge­stell­ten An­trag der Kläge­rin auf Ände­rung der Vermögen­steu­er­fest­set­zung ge­hemmt.

Die Hem­mung des Ab­laufs der Fest­set­zungs­frist nach § 171 Abs. 3 AO setzt einen An­trag des von der Steu­er­fest­set­zung be­trof­fe­nen Steu­er­pflich­ti­gen vor­aus. Und im Fall der Ände­rung ei­nes Grund­la­gen­be­scheids wird der Ab­lauf der Zwei-Jah­res-Frist für die An­pas­sung des Fol­ge­be­scheids nach § 171 Abs. 3 AO nur ge­hemmt, wenn der von dem Fol­ge­be­scheid be­trof­fene Steu­er­pflich­tige selbst die Ände­rung des Fol­ge­be­scheids vor Ab­lauf der Frist be­an­tragt. Ein im Ver­fah­ren über einen Grund­la­gen­be­scheid ge­stell­ter An­trag auf Ände­rung der ge­son­dert fest­ge­stell­ten Be­steue­rungs­grund­la­gen kann nicht da­hin aus­ge­legt wer­den, dass da­mit zu­gleich die Ände­rung sämt­li­cher Fol­ge­be­scheide zu­guns­ten der je­wei­li­gen Steu­er­pflich­ti­gen be­an­tragt wird.

Dem­gemäß hemmt die An­fech­tung der An­teils­be­wer­tung durch eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft nicht nach § 171 Abs. 3 AO den Ab­lauf der Fest­set­zungs­frist für die Vermögen­steuer ei­nes An­teils­eig­ners. Dies gilt un­abhängig da­von, ob der An­teils­eig­ner un­mit­tel­bar oder über wei­tere Ge­sell­schaf­ten an der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft be­tei­ligt ist. In­fol­ge­des­sen wurde die hier im Mai 2002 en­dende Zwei-Jah­res-Frist für die An­pas­sung der Vermögen­steu­er­fest­set­zung auf den 1.1.1990 an die geänderte An­teils­be­wer­tung der A-AG vor ih­rem Ab­lauf nicht durch einen An­trag der Kläge­rin ge­hemmt. Die Kläge­rin hatte nämlich erst­mals im Ja­nuar 2008 und da­mit erst nach dem Ab­lauf der Frist beim Fi­nanz­amt die Ände­rung der Vermögen­steu­er­fest­set­zung be­an­tragt.

Eine Ab­lauf­hem­mung der Fest­set­zungs­frist für die Vermögen­steuer trat auch nicht da­durch ein, dass die R-AG nach der Ände­rung des Be­scheids über den Ein­heits­wert des Be­triebs­vermögens auf den 1.1.1990 aus März 2006 eine Ände­rung des Be­scheids über die An­teils­be­wer­tung zum 31.12.1989 be­an­tragt hatte. Es ist zu­dem mit Art. 20 Abs. 3 GG ver­ein­bar, dass die Ände­rung ei­nes (Folge-)Be­scheids nach Ein­tritt der Fest­set­zungs­verjährung un­zulässig ist, wenn die Fi­nanz­behörde ih­rer An­pas­sungs­pflicht aus § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO nicht recht­zei­tig nach­ge­kom­men ist und der Steu­er­pflich­tige sei­ner­seits kei­nen recht­zei­ti­gen An­trag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO ge­stellt hat. Letzt­lich ist die Fi­nanz­behörde auch nicht nach Treu und Glau­ben ver­pflich­tet, die Vermögen­steu­er­fest­set­zung ge­genüber der Kläge­rin trotz Ein­tritts der Fest­set­zungs­verjährung abzuändern.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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