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Zivilprozesskosten im Zusammenhang mit einem früheren Mietverhältnis als außergewöhnliche Belastungen

FG Düsseldorf 23.4.2015, 14 K 3399/12 E

Nach BFH-Recht­spre­chung ent­ste­hen Kos­ten ei­nes Zi­vil­pro­zes­ses aus recht­li­chen Gründen zwangsläufig, wenn sich der Steu­er­pflich­tige nicht mut­wil­lig oder leicht­fer­tig auf den Pro­zess ein­ge­las­sen hat. Er muss die­sen viel­mehr un­ter verständi­ger Würdi­gung des Für und Wi­der - auch des Kos­ten­ri­si­kos - ein­ge­gan­gen sein. Da­bei muss der Er­folg min­des­tens ebenso wahr­schein­lich sein wie ein Miss­er­folg.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war seit 2001 Mie­ter ei­ner Woh­nung, die - ohne dass der Kläger hier­von wusste - bau­recht­lich il­le­gal ver­mie­tet wurde, da eine Bau­ge­neh­mi­gung le­dig­lich für eine land­wirt­schaft­li­che Be­triebs­lei­ter­woh­nung er­teilt wor­den war. Ende Ok­to­ber 2005 erklärten die Ver­mie­ter die Kündi­gung des Miet­verhält­nis­ses we­gen Ei­gen­be­darfs und setz­ten diese Kündi­gung im Wege der Räum­ungs­klage vor dem AG durch. Mit Ord­nungs­verfügung aus Juni 2006 war dem Kläger, der zunächst nicht aus der Woh­nung aus­ge­zo­gen war, zu­dem un­ter Be­zug­nahme auf die bau­recht­li­che Il­le­ga­lität die Nut­zung der Woh­nung durch die Stadt un­ter­sagt wor­den. Im Mai 2007 zog der Kläger auf­grund ei­ner Zwangsräum­ung durch die Ver­mie­ter aus. Es folgte eine Klage auf Ent­schädi­gungs­zah­lun­gen i.H.v. 5.751 €, da der Kläger nach Er­ge­hen der Nut­zungs­un­ter­sa­gung keine Miet­zah­lun­gen mehr ge­leis­tet hatte. Der Kläger machte in die­sem Ver­fah­ren eine vollständige Miet­min­de­rung auf­grund der bau­recht­li­chen Il­le­ga­lität der Woh­nung gel­tend.

Das AG gab der Klage im vollen Um­fang statt. Das LG re­du­zierte auf Be­ru­fung des Klägers den Be­trag auf 1.888 €. Das Ge­richt er­kannte, dass den ehe­ma­li­gen Ver­mie­tern ein Zah­lungs­an­spruch nur bis Fe­bruar 2007 zu­stehe, da der Kläger nach der zulässi­gen und er­folg­rei­chen An­fech­tung des Miet­ver­tra­ges we­gen arg­lis­ti­ger Täuschung Wer­ter­satz gem. §§ 812, 987 ff. BGB in Höhe der ortsübli­chen Miete zu leis­ten ge­habt habe. Außer­dem stehe dem Kläger dem Grunde nach ein auf­re­chen­ba­rer An­spruch auf Er­satz des Ver­trau­ens­scha­dens gem. § 280 Abs. 1 BGB in­folge der An­fech­tung des Miet­ver­tra­ges zu. Die Re­vi­sion blieb er­folg­los.

In sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2010 machte der Kläger Kos­ten der Zi­vil­pro­zesse i.H.v. 15.337 € so­wie Zins­zah­lun­gen i.H.v. 255 € zur Fi­nan­zie­rung der Pro­zess­kos­ten als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen gel­tend. Das Fi­nanz­amt lehnte die Berück­sich­ti­gung ab, da das BGH-Ur­teil 12.5.2011 (Az.: VI R 42/10) zur steu­er­li­chen Berück­sich­ti­gung von Zi­vil­pro­zess­kos­ten als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen nach Ver­wal­tungs­an­wei­sung über den ent­schie­de­nen Ein­zel­fall hin­aus nicht an­zu­wen­den sei.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt.

Die Gründe:
As Fi­nanz­amt hatte die Zi­vil­pro­zess­kos­ten i.H.v. 9.622 € zu Un­recht nicht als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen gem. § 33 EStG an­er­kannt.

Die Kos­ten wa­ren dem Kläger zwangsläufig ent­stan­den. Gem. § 33 Abs. 2 S. 1 EStG er­wach­sen dem Steu­er­pflich­ti­gen Auf­wen­dun­gen zwangsläufig, wenn er sich ih­nen aus recht­li­chen, tatsäch­li­chen oder sitt­li­chen Gründen nicht ent­zie­hen kann und so­weit die Auf­wen­dun­gen den Umständen nach not­wen­dig sind und einen an­ge­mes­se­nen Be­trag nicht über­stei­gen.

Nach BFH-Recht­spre­chung ent­ste­hen Kos­ten ei­nes Zi­vil­pro­zes­ses aus recht­li­chen Gründen zwangsläufig, wenn sich der Steu­er­pflich­tige nicht mut­wil­lig oder leicht­fer­tig auf den Pro­zess ein­ge­las­sen hat. Er muss die­sen viel­mehr un­ter verständi­ger Würdi­gung des Für und Wi­der - auch des Kos­ten­ri­si­kos - ein­ge­gan­gen sein. Da­bei muss der Er­folg min­des­tens ebenso wahr­schein­lich sein wie ein Miss­er­folg. Ob diese Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, hat das zur Ent­schei­dung be­ru­fene Ge­richt im Wege ei­ner sum­ma­ri­schen Prüfung zu un­ter­su­chen (BFH-Urt. v. 12.5.2011, Az.: VI R 42/10).

So­mit wa­ren die vom Kläger nach Ein­schränkung sei­nes ur­sprüng­li­chen Kla­ge­be­geh­rens noch gel­tend ge­mach­ten und im Streit­jahr ge­zahl­ten Zi­vil­pro­zess­kos­ten i.H.v. 9.622 € aus recht­li­chen Gründen zwangsläufig ent­stan­den. Die Be­tei­lig­ten ha­ben sich in der münd­li­chen Ver­hand­lung auf An­re­gung des Se­nats da­hin­ge­hend verständigt, dass die Rechts­ver­tei­di­gung des Klägers hin­rei­chende Aus­sicht auf Er­folg hatte und nicht mut­wil­lig war. Das Er­geb­nis die­ser Verständi­gung ent­sprach auch der durch den Se­nat vor­ge­nom­me­nen sum­ma­ri­schen Prüfung der Er­folgs­aus­sich­ten der Rechts­ver­fol­gung bzw. Rechts­ver­tei­di­gung des Klägers in den bei­den Pro­zes­sen. An der Not­wen­dig­keit und An­ge­mes­sen­heit der Kos­ten be­stan­den im Streit­fall keine Zwei­fel.

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