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Wirksamkeit einer Restwertgarantie in Verbraucher-Leasingverträgen

BGH 28.5.2014, VIII ZR 179/13 u.a.

Eine Klau­sel in einem Kfz-Lea­sing-Ver­trag, die den Lea­sing­neh­mer zum sog. Rest­wert­aus­gleich ver­pflich­tet, ist we­gen des Vollamor­ti­sa­ti­ons­prin­zips auch in der Form ei­ner Rest­wert­ga­ran­tie lea­sing­ty­pi­sch. Je­den­falls dann, wenn auch ein ju­ris­ti­sch nicht vor­ge­bil­de­ter Durch­schnitts­kunde nach dem Text der Klau­sel nicht da­von aus­ge­hen kann, dass der Auf­wand des Lea­sing­ge­bers, den er sich vom Lea­sing­neh­mer vergüten lässt, durch die Zah­lung der Lea­sing­ra­ten ab­ge­gol­ten ist und er darüber hin­aus keine Leis­tun­gen er­brin­gen muss, ist eine sol­che Klau­sel recht­lich un­be­denk­lich.

Der Sach­ver­halt:
Der BGH hat sich vor­lie­gend mit der Wirk­sam­keit von Rest­wert­klau­seln, die in Lea­sing­verträgen ge­genüber Ver­brau­chern ver­wen­det wur­den, so­wie mit der Um­satz­steu­er­pflicht der zum Aus­gleich des Rest­wer­tes er­fol­gen­den Zah­lung des Kun­den be­fasst.

+++ VIII ZR 179/13 +++
In die­sem Ver­fah­ren schloss das kla­gende Lea­sing­un­ter­neh­men mit der Be­klag­ten einen "Pri­vat-Lea­sing-Ver­trag" über einen Pkw. In der dem Ver­trag zu­grunde lie­gen­den "Pri­vat­Lea­sing-Be­stel­lung" der Be­klag­ten fin­det sich in der Mitte des von der Kläge­rin ver­wen­de­ten For­mu­lars un­ter der Über­schrift "Ver­ein­ba­run­gen (Ver­trags­ab­rech­nung, In­di­vi­duala­brede)" fol­gende Re­ge­lung:

"Nach Zah­lung sämt­li­cher Lea­sing­ra­ten und ei­ner even­tu­el­len Son­der­zah­lung ver­bleibt zum Ver­trags­ende ein Be­trag von rd. 19.500 (ein­schl. USt.), der durch die Fahr­zeug­ver­wer­tung zu til­gen ist (Rest­wert). Reicht dazu der vom Lea­sing­ge­ber beim Kfz-Han­del tatsäch­lich er­zielte Ge­braucht­wa­gen­erlös nicht aus, ga­ran­tiert der Lea­sing­neh­mer dem Lea­sing­ge­ber den Aus­gleich des Dif­fe­renz­be­tra­ges (ein­schl. USt.). Die Kal­ku­la­tion er­folgt auf Ba­sis ei­ner jähr­li­chen Fahr­leis­tung vom 15.000 km. Die Ge­braucht­wa­gen­ab­rech­nung er­folgt un­abhängig von den ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern."

Nach Ab­lauf der Lea­sing­zeit gab die Be­klagte das Fahr­zeug an die Kläge­rin zurück, die es zum Preis von rd. 12.000 € brutto ver­wer­tete. Den Rest­be­trag von rd. 7.300 € brutto be­an­sprucht die Kläge­rin aus der ge­nann­ten Rest­wert­ga­ran­tie.

LG und OLG ga­ben der auf Zah­lung des Rest­be­trags ge­rich­te­ten Klage nur hin­sicht­lich des darin ent­hal­te­nen Net­to­be­tra­ges von rd. 6.140 € statt. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil in­so­weit auf, als zum Nach­teil der Kläge­rin ent­schie­den wurde, und gab der Klage voll­umfäng­lich statt.

+++ VIII ZR 241/13 +++
Die­sem Ver­fah­ren liegt eben­falls ein zwi­schen der kla­gen­den Lea­sing­ge­sell­schaft und der dor­ti­gen Be­klag­ten un­ter Ver­wen­dung des glei­chen Ver­trags­for­mu­lars "Pri­vat­Lea­sing-Be­stel­lung" ab­ge­schlos­se­ner Lea­sing­ver­trag über einen Pkw zu Grunde. Der am Ver­trags­ende zu til­gende Be­trag (Rest­wert­ga­ran­tie) war hier mit rd. 44.700 € ein­schließlich USt be­zif­fert. Nach Ab­lauf der Ver­trags­lauf­zeit ver­wer­tete die Kläge­rin das Fahr­zeug hier für rd. 26.200 € zzgl. USt. Den Rest­be­trag von rd. 14.700 € be­an­sprucht die Kläge­rin aus der Rest­wert­ga­ran­tie.

Das LG gab der Klage un­ter Ab­wei­sung im Übri­gen hin­sicht­lich des Net­to­be­tra­ges statt. Das OLG gab der Klage in vol­lem Um­fang - also auch im Hin­blick auf eine Ver­ur­tei­lung zur Zah­lung der Um­satz­steuer - statt. Die Re­vi­sion der Be­klag­ten hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Die For­mu­lar­klau­sel über die Rest­wert­ga­ran­tie ist wirk­sam und die be­klag­ten Lea­sing­neh­me­rin­nen sind des­halb zum Rest­wert­aus­gleich so­wie zur Ent­rich­tung von Um­satz­steuer auf den Dif­fe­renz­be­trag zwi­schen dem kal­ku­lier­ten Rest­wert und dem er­ziel­ten Ver­wer­tungs­erlös ver­pflich­tet.

Eine Ver­pflich­tung des Lea­sing­neh­mers zum sog. Rest­wert­aus­gleich ist we­gen des - einem Fi­nan­zie­rungs­lea­sing­ver­trag tra­gend zu­grunde lie­gen­den - Vollamor­ti­sa­ti­ons­prin­zips (Er­satz al­ler Auf­wen­dun­gen des Lea­sing­ge­bers ein­schließlich ei­nes kal­ku­lier­ten Ge­winns) auch in der hier ver­ein­bar­ten Form ei­ner Rest­wert­ga­ran­tie lea­sing­ty­pi­sch und als sol­che recht­lich un­be­denk­lich. Auch ein ju­ris­ti­sch nicht vor­ge­bil­de­ter Durch­schnitts­kunde kann nach dem Text der Klau­sel nicht da­von aus­ge­hen, dass der Auf­wand der Kläge­rin, den sie sich vom Lea­sing­neh­mer vergüten lässt, durch die Zah­lung der Lea­sing­ra­ten ab­ge­gol­ten ist und er darüber hin­aus keine Leis­tun­gen er­brin­gen muss.

Be­reits im Ein­gangs­satz der Klau­sel wird viel­mehr deut­lich zum Aus­druck ge­bracht, dass der Kläge­rin ne­ben der Zah­lung der Lea­sing­ra­ten und ei­ner et­wai­gen Son­der­zah­lung auch noch der be­zif­ferte Rest­wert zu­steht, der möglichst - wenn auch nicht not­wen­di­ger­weise und auch nicht re­gelmäßig - durch die Fahr­zeug­ver­wer­tung ge­deckt wer­den solle, i.Ü. aber vom Lea­sing­kun­den zu zah­len ist. Aus dem zwei­ten Satz der Klau­sel er­gibt sich, dass eine vollständige Ab­de­ckung des kal­ku­lier­ten Rest­werts durch die vor­ge­se­hene Fahr­zeug­ver­wer­tung un­ge­wiss ist. Mit der wei­te­ren For­mu­lie­rung, dass der Lea­sing­neh­mer den Aus­gleich des Dif­fe­renz­be­tra­ges "ga­ran­tiert", wenn der Erlös aus der Fahr­zeug­ver­wer­tung den als Rest­wert ge­nann­ten Be­trag nicht er­reicht, wird dem Lea­sing­neh­mer die ein­ge­gan­gene Ver­pflich­tung un­miss­verständ­lich vor Au­gen geführt.

Der Lea­sing­kunde kann des­halb ge­rade nicht da­von aus­ge­hen, dass es sich bei dem als Rest­wert ge­nann­ten Be­trag um den Fahr­zeu­gerlös han­delt, der nach dem gewöhn­li­chen Ver­lauf der Dinge am Ende der Lea­sing­zeit zu er­war­ten ist. Die Klau­sel ist in den hier vor­lie­gen­den Fällen we­der über­ra­schend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB noch ist sie gem. § 307 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB we­gen ei­nes Ver­stoßes ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bots un­wirk­sam. Da es sich bei der Rest­wert-Aus­gleichs­zah­lung um einen Teil des Ent­gelts für die Ge­brauchsüber­las­sung des Fahr­zeugs und da­mit der Haupt­leis­tungs­pflicht han­delt, fin­det eine In­halts­kon­trolle der Klau­sel (§ 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, §§ 308, 309 BGB) i.Ü. nicht statt. Als Teil des Ent­gelts für die Ge­brauchsüber­las­sung un­ter­liegt die Aus­gleichs­zah­lung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 2 UStG der Um­satz­steu­er­pflicht.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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