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Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für den Einbau eines Treppenliftes

FG Münster 11.2.2016, 3 K 1097/14 E

Es ist nicht nur das me­di­zi­ni­sch Not­wen­dige i.S.d. Min­dest­ver­sor­gung me­di­zi­ni­sch in­di­ziert, son­dern viel­mehr je­des dia­gnos­ti­sche oder the­ra­peu­ti­sche Ver­fah­ren, des­sen An­wen­dung im Er­kran­kungs­fall hin­rei­chend ge­recht­fer­tigt (an­ge­zeigt) ist. Der me­di­zi­ni­schen Wer­tung hat die steu­er­li­che Be­ur­tei­lung zu fol­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strit­ten über die Ab­zugsfähig­keit von Auf­wen­dun­gen für den Ein­bau ei­nes Trep­pen­lifts im Haus der ver­stor­be­nen El­tern des Klägers im Streit­jahr 2005 als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen. Der Kläger legte dem Fi­nanz­amt ein im Ok­to­ber 2006 aus­ge­stell­tes ärzt­li­ches At­test des In­ter­nis­ten und Haus­arz­tes vor, in dem die­ser aus­geführt hatte, dass beim Va­ter des Klägers im Streit­jahr die Vor­aus­set­zun­gen für eine Schwer­be­hin­de­rung mit außer­gewöhn­li­cher Geh­be­hin­de­rung vor­la­gen.

So­wohl das Fi­nanz­amt als auch das FG sa­hen darin kei­nen aus­rei­chen­den Nach­weis der me­di­zi­ni­schen Not­wen­dig­keit für den Ein­bau des Trep­pen­lifts. Der BFH hob das kla­ge­ab­wei­sende Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che an das FG zurück (BFH-Urt. v. 5.10.2011, Az.: VI R 14/11). Der BFH hielt am Er­for­der­nis ei­ner vor der Maßnahme er­folg­ten amts- oder ver­trau­ensärzt­li­chen Be­gut­ach­tung zum Nach­weis der me­di­zi­ni­schen Not­wen­dig­keit nicht länger fest.

Im nach­ge­hen­den Ver­fah­ren (Az.: 11 K 3982/11 E) wies das FG die Klage er­neut ab. Denn für die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen sei ein Nach­weis der Zwangsläufig­keit durch ein vor der Maßnahme ein­ge­hol­tes amtsärzt­li­ches Gut­ach­ten oder eine vor­he­rige ärzt­li­che Be­schei­ni­gung des Me­di­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung gem. § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV in der Fas­sung des Steu­er­ver­ein­fa­chungs­ge­set­zes 2011 er­for­der­lich. Der BFH hob auch die­ses kla­ge­ab­wei­sende Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che an das FG zurück (BFH-Urt. v. 6.2.2014, Az.: VI R 61/12).

Im nun­mehr drit­ten Rechts­gang hatte der Kläger wei­tere ärzt­li­che Be­schei­ni­gun­gen bzw. Äußerun­gen der sei­nen Va­ter be­han­deln­den Ärzte vor­ge­legt. So etwa die Arzt­briefe ei­nes In­ter­nis­ten und Kar­dio­lo­gen, so­wie von einem Fach­arzt für Or­thopädie. Das FG gab der Klage nun statt.

Die Gründe:
Die für den Ein­bau des Trep­pen­lifts an­ge­fal­le­nen Auf­wen­dun­gen i.H.v. 18.664 € sind als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen zu berück­sich­ti­gen.

Der BFH geht in ständi­ger Recht­spre­chung da­von aus, dass Krank­heits­kos­ten - ohne Rück­sicht auf die Art und die Ur­sa­che der Er­kran­kung - dem Steu­er­pflich­ti­gen aus tatsäch­li­chen Gründen zwangsläufig er­wach­sen. Es wer­den aber nur sol­che Auf­wen­dun­gen als Krank­heits­kos­ten berück­sich­tigt, die zu Zwecke der Hei­lung ei­ner Krank­heit (z.B. Me­di­ka­mente, Ope­ra­tion) oder mit dem Ziel getätigt wer­den, die Krank­heit erträglich zu ma­chen (z.B. Roll­stuhl). Auf­wen­dun­gen für die ei­gent­li­che Heil­be­hand­lung wer­den ty­pi­sie­rend als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen berück­sich­tigt, ohne dass es im Ein­zel­fall der nach § 33 Abs. 2 S. 1 EStG an sich ge­bo­te­nen Prüfung der Zwangsläufig­keit des Grun­des und der Höhe nach be­darf.

Eine der­art ty­pi­sie­rende Be­hand­lung der Krank­heits­kos­ten ist zur Ver­mei­dung ei­nes un­zu­mut­ba­ren Ein­drin­gens in die Pri­vat­sphäre ge­bo­ten. Dies gilt aber nur dann, wenn die Auf­wen­dun­gen nach den Er­kennt­nis­sen und Er­fah­run­gen der Heil­kunde und nach den Grundsätzen ei­nes ge­wis­sen­haf­ten Arz­tes zur Hei­lung oder Lin­de­rung der Krank­heit an­ge­zeigt (ver­tret­bar) sind und vor­ge­nom­men wer­den, also me­di­zi­ni­sch in­di­ziert sind. Da­bei ist nicht nur das me­di­zi­ni­sch Not­wen­dige i.S.d. Min­dest­ver­sor­gung me­di­zi­ni­sch in­di­ziert, son­dern je­des dia­gnos­ti­sche oder the­ra­peu­ti­sche Ver­fah­ren, des­sen An­wen­dung im Er­kran­kungs­fall hin­rei­chend ge­recht­fer­tigt (an­ge­zeigt) ist. Der me­di­zi­ni­schen Wer­tung hat die steu­er­li­che Be­ur­tei­lung zu fol­gen. Be­son­de­rer for­ma­li­sier­ter Nach­weise be­durfte es dazu im vor­lie­gen­den Fall nicht; je­doch war nach Auf­fas­sung des BFH ein Gut­ach­ten des be­han­deln­den Arz­tes als Par­tei­gut­ach­ten nicht zum Nach­weis ge­eig­net.

Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Grundsätze hat der Se­nat nach dem In­halt der vor­lie­gen­den ärzt­li­chen Gut­ach­ten und Be­schei­ni­gun­gen so­wie nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nahme in der münd­li­chen Ver­hand­lung die Über­zeu­gung ge­won­nen, dass der Ein­bau des Trep­pen­lifts zur Lin­de­rung der Krank­hei­ten des Va­ters des Klägers an­ge­zeigt und da­mit me­di­zi­ni­sch in­di­ziert war. So­mit la­gen auch keine wei­te­ren Re­vi­si­onsgründe vor.

Link­hin­weis:

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