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KfW-Darlehen: Verwendung von Formularklauseln über Abzugsbeträge bei Förderdarlehen

BGH 16.2.2016, XI ZR 454/14 u.a.

Der BGH hat sich mit An­sprüchen von Dar­le­hens­neh­mern auf Rück­zah­lung von Ab­zugs­beträgen be­fasst, die Kre­dit­in­sti­tute im Rah­men von aus Förder­mit­teln der KfW gewähr­ten Dar­le­hen auf­grund for­mu­larmäßiger Be­stim­mun­gen in den Dar­le­hens­verträgen i.H.v. je­weils 4 Pro­zent des Dar­le­hens­nenn­be­tra­ges ein­be­hiel­ten. Da­bei hat es die streit­ge­genständ­li­che Klau­sel le­dig­lich in dem Fall für un­wirk­sam ge­hal­ten, in dem der Dar­le­hens­ver­trag nach In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zur Um­set­zung der Ver­brau­cher­kre­dit­richt­li­nie am 11.6.2010 ge­schlos­sen wor­den war.

Der Sach­ver­halt:
Die vier vor­lie­gen­den Ver­fah­ren be­tref­fen An­sprüche von Dar­le­hens­neh­mern auf Rück­zah­lung von Ab­zugs­beträgen, die Kre­dit­in­sti­tute im Rah­men von aus Förder­mit­teln der Kre­dit­an­stalt für Wie­der­auf­bau (KfW) gewähr­ten Dar­le­hen auf­grund for­mu­larmäßiger Be­stim­mun­gen in den Dar­le­hens­verträgen i.H.v. je­weils 4 Pro­zent des Dar­le­hens­nenn­be­tra­ges ein­be­hiel­ten. Zur Re­fi­nan­zie­rung hat­ten die Kre­dit­in­sti­tute mit der KfW je­weils Dar­le­hens­verträge ab­ge­schlos­sen, die eben­falls Ab­zugs­beträge i.H.v. 4 Pro­zent des Dar­le­hens­nenn­be­tra­ges zu­guns­ten der KfW vor­sa­hen. In drei Fällen (XI ZR 454/14, XI ZR 63/15 und XI ZR 73/15) wur­den die Dar­le­hens­verträge vor dem 11.6.2010 ge­schlos­sen, in einem nach die­sem Zeit­punkt (XI ZR 96/15).

+++ XI ZR 454/14 u.a. +++
In die­sem Ver­fah­ren (so auch in XI ZR 63/15 und XI ZR 73/15) wurde in den zwi­schen den kla­gen­den Dar­le­hens­neh­mern und dem Kre­dit­in­sti­tut ge­schlos­se­nen Dar­le­hens­ver­trag fol­gende strei­tige Klau­sel über Ab­zugs­beträge ein­be­zo­gen, die die Dar­le­hens­neh­mer für un­wirk­sam hal­ten:

"Es wird ein Di­sa­gio (Ab­zug vom Nenn­be­trag des Kre­dits) von 4,00 v.H. er­ho­ben. Die­ses um­fasst eine Ri­si­koprämie von 2,0 v.H. für das Recht zur außer­planmäßigen Til­gung d. Kre­dits während d. Zins­fest­schrei­bung u. 2,0 % Be­ar­bei­tungs­gebühr."


Die Kla­gen al­ler Dar­le­hens­neh­mer wa­ren in den Tat­sa­chen­in­stan­zen er­folg­los. Die Re­vi­sio­nen der Dar­le­hens­neh­mer in den drei Fällen, in de­nen die Dar­le­hens­verträge vor dem 11.6.2010 ge­schlos­sen wur­den, hat­ten vor dem BGH kei­nen Er­folg. In dem Ver­fah­ren XI ZR 96/15, dem ein nach die­sem Tag ab­ge­schlos­se­ner Dar­le­hens­ver­trag zu­grunde lag, hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Die Gründe:

+++ XI ZR 454/14 u.a. +++
Den kla­gen­den Dar­le­hens­neh­mern steht kein An­spruch auf Rück­zah­lung des Ab­zugs­be­trags gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu, weil die strei­tige Klau­sel wirk­sam ist.

Die strei­tige Klau­sel enthält zwei in­halt­lich von­ein­an­der zu tren­nende Re­ge­lun­gen. Der Ab­zugs­be­trag von 4 Pro­zent ist nämlich in eine Be­ar­bei­tungs­gebühr von 2 Pro­zent und in eine Ri­si­koprämie von 2 Pro­zent auf­ge­teilt, die je­weils Ge­gen­stand ei­ner ei­genständi­gen AGB-recht­li­chen Wirk­sam­keitsprüfung sind. Die den Dar­le­hens­neh­mern in der Klau­sel ein­geräumte Möglich­keit, das Förder­dar­le­hen, auf das § 502 BGB in der ab dem 11.6.2010 gel­ten­den Fas­sung keine An­wen­dung fin­det, je­der­zeit während der an­dau­ern­den Zins­bin­dung zu til­gen, ohne zur Ab­gel­tung der recht­lich ge­si­cher­ten Zinser­war­tung des be­klag­ten Kre­dit­in­sti­tuts eine Vorfällig­keits­ent­schädi­gung zah­len zu müssen (Ri­si­koprämie), stellt einen wirt­schaft­li­chen Vor­teil dar. Diese so­mit zusätz­lich an­ge­bo­tene Leis­tung darf die Be­klagte ge­son­dert in Form ei­ner Ri­si­koprämie - hier i.H.v. 2 Pro­zent des Dar­le­hens­nenn­be­tra­ges - be­prei­sen, ohne dass dies ei­ner AGB-recht­li­chen In­halts­un­ter­kon­trolle un­ter­liegt.

So­weit die Klau­sel darüber hin­aus eine Be­ar­bei­tungs­gebühr i.H.v. 2 Pro­zent vor­sieht, han­delt es sich zwar um eine kon­trollfähige Preis­ne­ben­ab­rede. Denn mit der Be­ar­bei­tungs­gebühr wird Auf­wand be­preist, der keine Son­der­leis­tung be­trifft, son­dern der Be­schaf­fung des Förder­dar­le­hens dient und da­mit bei der ord­nungs­gemäßen Ver­trags­erfüllung durch das Kre­dit­in­sti­tut ent­steht. Dass die­ser Auf­wand nicht un­mit­tel­bar bei dem be­klag­ten Kre­dit­in­sti­tut ent­stan­den ist, son­dern von die­sem einem Drit­ten, hier der KfW, zu er­stat­ten ist, ändert an der Kon­trollfähig­keit der Klau­sel nichts. Die Klau­sel hält je­doch ei­ner AGB-recht­li­chen In­halts­kon­trolle stand, da sie die Dar­le­hens­neh­mer auf der Grund­lage ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung nicht ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB be­nach­tei­ligt.

Bei der Abwägung war auf die mit den Förder­be­din­gun­gen ver­folg­ten Zwecke der Förde­rung ab­zu­stel­len. Denn bei dem Dar­le­hen han­delt es sich nicht um ei­nes, das nach den Be­din­gun­gen des Ka­pi­tal­mark­tes ver­ge­ben wurde, son­dern um die zweck­ge­bun­dene Gewährung be­son­ders güns­ti­ger Mit­tel zur Förde­rung wirt­schafts­po­li­ti­scher Ziele, bei der das Be­ar­bei­tungs­ent­gelt Teil der vor­ge­ge­be­nen Förder­be­din­gun­gen ist. Die Gewährung der Förder­dar­le­hen dient von vorn­her­ein nicht der Ver­fol­gung ei­gen­wirt­schaft­li­cher In­ter­es­sen der KfW, son­dern be­ruht auf dem staat­li­chen Auf­trag, in den von § 2 Abs. 1 Kred­Anst­WiAG er­fass­ten Be­rei­chen fi­nan­zi­elle Fördermaßnah­men durch­zuführen. In den wirt­schaft­li­chen Vor­tei­len sol­cher Förder­dar­le­hen ge­genüber Kre­di­ten zu Markt­be­din­gun­gen geht bei der ge­bo­te­nen pau­scha­li­sie­ren­den Ge­samt­be­trach­tung eine nach den Förder­be­din­gun­gen zu er­he­bende, lauf­zeit­un­abhängige Be­ar­bei­tungs­gebühr auf.

+++ XI ZR 96/15 +++
Der hier zu Grunde lie­gende Dar­le­hens­ver­trag wurde nach In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zur Um­set­zung der Ver­brau­cher­kre­dit­richt­li­nie am 11.6.2010 ge­schlos­sen. Nach dem da­bei neu ein­geführ­ten § 500 Abs. 2 BGB ist ein Dar­le­hens­neh­mer be­rech­tigt, seine Ver­bind­lich­kei­ten aus einem Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag je­der­zeit ganz oder teil­weise zu erfüllen. Die von ihm im ungüns­tigs­ten Fall gem. § 502 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB zu zah­lende Vorfällig­keits­ent­schädi­gung darf 1 Pro­zent des vor­zei­tig zurück­ge­zahl­ten Be­trags nicht über­schrei­ten und ist da­mit stets ge­rin­ger als der von der Be­klag­ten in die­sem Fall ein­be­hal­tene Ab­zugs­be­trag i.H.v. 4 Pro­zent des Dar­le­hens­nenn­be­trags. Dem­zu­folge würde die Klau­sel bei der Be­prei­sung des Ver­zichts auf die Vorfällig­keits­ent­schädi­gung zu Las­ten des Klägers von § 502 Abs. 1 BGB ab­wei­chen und un­terläge gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der AGB-recht­li­chen In­halts­kon­trolle.

Da zu­dem gem. § 511 S. 1 BGB von den ge­nann­ten ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen bei einem Ver­brau­cher­dar­le­hen nicht zum Nach­teil des Ver­brau­chers ab­ge­wi­chen wer­den darf, würde die strei­tige Klau­sel den Kläger un­an­ge­mes­sen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB be­nach­tei­li­gen und wäre da­mit im Rah­men des im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu un­ter­stel­len­den Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­tra­ges un­wirk­sam. Da das LG je­doch keine tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen dazu ge­trof­fen hat, ob der vor­lie­gende Dar­le­hens­ver­trag ein Ver­brau­cher­dar­le­hen dar­stellt, kann nicht ab­schließend be­ur­teilt wer­den, ob die § 500 Abs. 2, § 502 Abs. 1 BGB auf das vor­lie­gende Dar­le­hen an­zu­wen­den sind. Des­we­gen war die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück­zu­ver­wei­sen, da­mit feh­lende tatsäch­li­che Fest­stel­lun­gen zur An­wen­dung neuer Re­ge­lun­gen des Ver­brau­cher­dar­le­hens­rechts nach­ge­holt wer­den können.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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