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Keine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG bei nach ausländischem Recht besteuerten Vorerwerb

BFH 27.9.2016, II R 37/13

Bei einem nach ausländi­schem Recht be­steu­er­ten Vor­er­werb ist für einen nach­fol­gen­den Er­werb des­sel­ben Vermögens von To­des we­gen durch Per­so­nen der Steu­er­klasse I keine Steu­er­ermäßigung nach § 27 ErbStG zu gewähren. Eine ausländi­sche Steuer ist keine Steuer "nach die­sem Ge­setz".

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Al­lein­erbe sei­ner im Ja­nuar 2007 ver­stor­be­nen Mut­ter (M). M hatte zu­sam­men mit ih­rer Toch­ter (T) bis zu de­ren Ab­le­ben im Ok­to­ber 2004 in Öster­reich ge­wohnt und da­nach ih­ren Wohn­sitz nach Deutsch­land ver­legt. Sie war Miter­bin der T. Der Nach­lass der T wurde von dem nach öster­rei­chi­schem Recht ein­ge­setz­ten Ge­richts­kom­missär erst nach dem Tod der M ver­teilt. Der Kläger er­hielt als Erbe der M den auf diese ent­fal­len­den An­teil am Nach­lass der T. Für den Vor­er­werb der M wurde in Öster­reich Erb­schaft­steuer i.H.v. rd. 12.000 € fest­ge­setzt und vom Kläger be­zahlt.

Der Kläger machte in der Erb­schaft­steu­er­erklärung für sei­nen Er­werb nach M die öster­rei­chi­sche Erb­schaft­steuer als Nach­lass­ver­bind­lich­keit gel­tend und be­an­tragte we­gen des mehr­fa­chen Er­werbs des­sel­ben Vermögens durch Per­so­nen der Steu­er­klasse I eine Steu­er­ermäßigung nach § 27 ErbStG. Das Fi­nanz­amt zog zwar die auf den Vor­er­werb der M ent­fal­lende öster­rei­chi­sche Erb­schaft­steuer als Nach­lass­ver­bind­lich­keit ab, lehnte aber eine Berück­sich­ti­gung der Steu­er­ermäßigung i.S.d. § 27 ErbStG ab.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers blieb vor dem BFH ohne Er­folg. Der BFH hatte das Ver­fah­ren zwi­schen­zeit­lich aus­ge­setzt und dem EuGH im Wege des Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens um Be­ant­wor­tung der Frage ge­be­ten, ob die Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit nach Art. 63 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 AEUV der Re­ge­lung des § 27 ErbStG ent­ge­gen­steht. Der EuGH hatte diese Frage ver­neint (EuGH 30.6.2016, C-123/15).

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass bei einem nach ausländi­schem Recht be­steu­er­ten Vor­er­werb für einen nach­fol­gen­den Er­werb des­sel­ben Vermögens durch Per­so­nen der Steu­er­klasse I die Steu­er­ermäßigung nach § 27 ErbStG nicht zu gewähren ist.

Fällt Per­so­nen der Steu­er­klasse I von To­des we­gen Vermögen an, das in den letz­ten zehn Jah­ren vor dem Er­werb be­reits von Per­so­nen die­ser Steu­er­klasse er­wor­ben wor­den ist und für das nach die­sem Ge­setz eine Steuer zu er­he­ben war, ermäßigt sich der auf die­ses Vermögen ent­fal­lende Steu­er­be­trag nach § 27 Abs. 1 ErbStG um einen im Ein­zel­nen fest­ge­leg­ten Vom­hun­dert­satz. Die Steu­er­ermäßigung setzt nach dem Wort­laut des § 27 Abs. 1 ErbStG vor­aus, dass für den Vor­er­werb "nach die­sem Ge­setz" eine Steuer zu er­he­ben war. Sie ist des­halb nicht zu gewähren, wenn für den Vor­er­werb keine Erb­schaft­steuer nach dem ErbStG, son­dern eine Erb­schaft­steuer nach ausländi­schem Recht fest­zu­set­zen war. Eine ausländi­sche Steuer ist keine Steuer "nach die­sem Ge­setz".

Die uni­ons­recht­lich gewähr­leis­tete Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit (Art. 63 Abs. 1 und Art. 65 AEUV) steht die­sem ein­ge­schränk­ten An­wen­dungs­be­reich des § 27 ErbStG nicht ent­ge­gen. § 27 ErbStG führt zwar zu ei­ner Be­schränkung des Ka­pi­tal­ver­kehrs i.S.v. Art. 63 Abs. 1 AEUV. Diese Be­schränkung ist aber durch die Not­wen­dig­keit ge­recht­fer­tigt, die Kohärenz des Steu­er­sys­tems zu wah­ren. Die Aus­ge­stal­tung der Steu­er­vergüns­ti­gung da­hin, dass die Ermäßigung der Erb­schaft­steuer Per­so­nen zu­gu­te­kommt, de­nen von To­des we­gen Vermögen anfällt, für das bei einem vor­he­ri­gen Er­ban­fall eine sol­che Steuer in Deutsch­land er­ho­ben wurde, folgt ei­ner spie­gel­bild­li­chen Lo­gik. Diese Lo­gik wäre gestört, wenn die­ser Steu­er­vor­teil auch Per­so­nen zu­gu­tekäme, die Vermögen er­ben, für das in Deutsch­land keine Erb­schaft­steuer er­ho­ben wurde. Folg­lich be­steht ein un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang zwi­schen dem durch § 27 ErbStG zu gewähren­den Steu­er­vor­teil und der früheren Be­steue­rung.

Im Streit­fall sind die Vor­aus­set­zun­gen des § 27 ErbStG nicht erfüllt. Der Kläger er­hielt zwar als Al­lein­erbe das Vermögen der M, das im We­sent­li­chen aus de­ren An­teil am Nach­lass der T, also aus Aus­lands­vermögen be­stand. Für den Vor­er­werb der M auf­grund des Er­ban­falls nach T wurde je­doch keine Erb­schaft­steuer nach dem ErbStG fest­ge­setzt, weil eine Steu­er­pflicht i.S.d. § 2 Abs. 1 ErbStG nicht ein­ge­tre­ten war. Nach den Fest­stel­lun­gen des FG wa­ren M und T zum Zeit­punkt des Ab­le­bens der T keine Inländer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG. Beide hat­ten ih­ren Wohn­sitz in Öster­reich. Der Nach­lass der T be­stand nur aus Aus­lands­vermögen, so dass auch eine Steu­er­pflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG man­gels ei­nes An­falls von In­lands­vermögen i.S.d. § 121 BewG nicht ge­ge­ben war.

Link­hin­weis:

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