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Heileurythmie: Nachweis der Zwangsläufigkeit für Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung

BFH 26.2.2014, VI R 27/13

Auf­wen­dun­gen für eine hei­leu­ryth­mi­sche Be­hand­lung können als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen i.S.d. § 33 EStG zu berück­sich­ti­gen sein; die Hei­leu­ryth­mie ist ein Heil­mit­tel i.S.d. §§ 2 und 32 SGB V. Die Zwangsläufig­keit ent­spre­chen­der Auf­wen­dun­gen im Krank­heits­fall kann durch eine Ver­ord­nung ei­nes Arz­tes oder Heil­prak­ti­kers nach­ge­wie­sen wer­den; ein vor Be­ginn der Heilmaßnahme aus­ge­stell­tes amtsärzt­li­ches Gut­ach­ten oder eine vor­he­rige ärzt­li­che Be­schei­ni­gung ei­nes Me­di­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung ist nicht er­for­der­lich.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten darüber, ob Auf­wen­dun­gen für hei­leu­ryth­mi­sche Be­hand­lun­gen als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen i.S.d. § 33 EStG steu­er­min­dernd zu berück­sich­ti­gen sind. Die Kläge­rin ist Pen­sionärin. Mit ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Jahr 2009 machte sie u.a. Auf­wen­dun­gen für 36 hei­leu­ryth­mi­sche Be­hand­lun­gen á 45 Mi­nu­ten á 45 € = 1.620 € als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen i.S.d. § 33 EStG gel­tend.

Hierzu legte sie ärzt­li­che Ver­ord­nun­gen ei­nes All­ge­mein­me­di­zi­ners von Ja­nuar, Mai und Sep­tem­ber 2009 vor, auf de­nen je­weils "12 x Hei­leu­ryth­mie" ver­ord­net wird und als Dia­gnose "Z.n. Dis­cu­spro­laps" (= Band­schei­ben­vor­fall) so­wie chro­ni­sch re­zi­di­ves LWS-Syn­drom (= chro­ni­sch wie­der­keh­ren­des Syn­drom der Len­den­wir­belsäule) ver­merkt ist. Darüber hin­aus reichte die Kläge­rin Rech­nun­gen ei­ner Hei­leu­ryth­mis­tin von Mai und Sep­tem­ber 2009 über je­weils 12 Be­hand­lun­gen über 540 € ein. Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen bei der Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung des Streit­jah­res (2009) je­doch nicht.

Das FG gab der Klage in­so­weit statt, als es die im Streit­jahr von der Kläge­rin ge­leis­te­ten Auf­wen­dun­gen für hei­leu­ryth­mi­sche Be­hand­lun­gen i.H.v. 1.080 € als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung zum Ab­zug nach § 33 EStG zu­ließ. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen für hei­leu­ryth­mi­sche Be­hand­lun­gen als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen i.S.d. § 33 EStG steu­er­min­dernd zu berück­sich­ti­gen sind. Die me­di­zi­ni­sche In­di­ka­tion und da­mit die Zwangsläufig­keit ent­spre­chen­der Auf­wen­dun­gen im Krank­heits­fall kann durch die Ver­ord­nung ei­nes Arz­tes oder Heil­prak­ti­kers nach­ge­wie­sen wer­den. Ein vor Be­ginn der Heilmaßnahme aus­ge­stell­tes amtsärzt­li­ches Gut­ach­ten oder eine vor­he­rige ärzt­li­che Be­schei­ni­gung ei­nes Me­di­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung ist dem­ge­genüber nicht er­for­der­lich.

Für den Nach­weis der Zwangsläufig­keit von krank­heits­be­ding­ten Auf­wen­dun­gen für Arz­nei-, Heil- und Hilfs­mit­tel genügt es, wenn der Steu­er­pflich­tige eine Ver­ord­nung ei­nes Arz­tes oder Heil­prak­ti­kers vor­legt  (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV). Ab­wei­chend hier­von muss der Nach­weis der Zwangsläufig­keit in den ab­schließend ge­re­gel­ten Ka­ta­logfällen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV durch ein vor Be­ginn der Heilmaßnahme oder dem Er­werb des me­di­zi­ni­schen Hilfs­mit­tels aus­ge­stell­tes amtsärzt­li­ches Gut­ach­ten oder eine vor­he­rige ärzt­li­che Be­schei­ni­gung ei­nes Me­di­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung geführt wer­den. Ein sol­cher qua­li­fi­zier­ter Nach­weis ist etwa bei krank­heits­be­ding­ten Auf­wen­dun­gen für wis­sen­schaft­lich nicht an­er­kannte Be­hand­lungs­me­tho­den, wie z.B. Fri­sch- und Tro­cken­zel­len­be­hand­lun­gen, Sau­er­stoff-, Che­lat- und Ei­gen­blutthe­ra­pie (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchst. f EStDV), er­for­der­lich.

Bei den Be­hand­lungs­me­tho­den der in § 2 Abs. 1 S. 2 SGB V auf­geführ­ten be­son­de­ren The­ra­pie­rich­tun­gen han­delt es sich um wis­sen­schaft­lich an­er­kannte Be­hand­lungs­me­tho­den. Der BFH zählt hierzu ausdrück­lich die Homöopa­thie, An­thro­po­so­phie (mit dem Heil­mit­tel "Hei­leu­ryth­mie") und Phyto­the­ra­pie. Dies folgt schon aus dem Um­stand, dass Be­hand­lungs­me­tho­den, Arz­nei- und Heil­mit­tel der be­son­de­ren The­ra­pie­rich­tun­gen vom Leis­tungs­rah­men der ge­setz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung nicht aus­ge­schlos­sen sind. Es genügt da­mit, wenn le­dig­lich eine Ver­ord­nung ei­nes Arz­tes oder Heil­prak­ti­kers vor­ge­legt wird.

Link­hin­weis:

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