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Doppelte Haushaltsführung: Beginn der Dreimonatsfrist in Wegverlegungsfällen

BFH 8.10.2014, VI R 7/13

Ver­legt ein Steu­er­pflich­ti­ger sei­nen Haupt­haus­stand aus pri­va­ten Gründen vom Be­schäfti­gungs­ort weg und nutzt dar­auf­hin eine be­reits vor­han­dene Woh­nung am Be­schäfti­gungs­ort aus be­ruf­li­chen Gründen als Zweit­haus­halt (sog. Weg­ver­le­gungs­fall), so wird die dop­pelte Haus­haltsführung mit Um­wid­mung der bis­he­ri­gen Woh­nung des Steu­er­pflich­ti­gen in einen Zweit­haus­halt begründet. Mit dem Zeit­punkt der Um­wid­mung be­ginnt in sog. Weg­ver­le­gungsfällen die Drei­mo­nats­frist für die Ab­zugsfähig­keit von Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind Ehe­gat­ten und wur­den im Streit­jahr 2008 zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt. Der Kläger hatte meh­rere Jahre vor dem Streit­jahr in A ge­wohnt und war dort nicht­selbständig be­schäftigt. Nach ih­rer Ehe­schließung im Mai 2008 begründe­ten die Kläger ih­ren Fa­mi­li­en­wohn­sitz in B. Die Woh­nung am Be­schäfti­gungs­ort be­hielt der Kläger als Zweit­woh­nung bei.

In sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr be­gehrte der Kläger den Ab­zug von Mehr­auf­wen­dun­gen für eine dop­pelte Haus­haltsführung ab dem Tag sei­ner po­li­zei­li­chen Mel­dung in B (Juni 2008). Er machte ins­be­son­dere den Ab­zug von Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen bei ei­ner Ab­we­sen­heit von 24 Stun­den für 53 Tage i.H.v. 1.272 € gel­tend. Das Fi­nanz­amt ver­wei­gerte den Ab­zug von Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen, weil der Kläger be­reits vor Begründung der dop­pel­ten Haus­haltsführung länger als drei Mo­nate am Be­schäfti­gungs­ort ge­wohnt habe und da­her die Drei­mo­nats­frist be­reits ab­ge­lau­fen sei.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass der Kläger einen An­spruch auf Berück­sich­ti­gung der Pausch­beträge für Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 5 und 6 EStG im gel­tend ge­mach­ten Um­fang hat.

Mehr­auf­wen­dun­gen für die Ver­pfle­gung des Steu­er­pflich­ti­gen sind gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nicht ab­zieh­bare Wer­bungs­kos­ten. Wird der Steu­er­pflich­tige je­doch vorüber­ge­hend von sei­ner Woh­nung und dem Mit­tel­punkt sei­ner dau­er­haft an­ge­leg­ten be­trieb­li­chen Tätig­keit ent­fernt be­trieb­lich tätig, so ist nach Satz 2 der Vor­schrift für je­den Ka­len­der­tag, an dem der Steu­er­pflich­tige we­gen die­ser vorüber­ge­hen­den Tätig­keit von sei­ner Woh­nung und sei­nem Tätig­keits­mit­tel­punkt über eine be­stimmte Dauer ab­we­send ist, ein nach die­ser Dauer ge­staf­fel­ter Pausch­be­trag ab­zu­set­zen. Nach Satz 5 der Vor­schrift be­schränkt sich bei ei­ner länger­fris­ti­gen vorüber­ge­hen­den Tätig­keit an der­sel­ben Tätig­keitsstätte der pau­schale Ab­zug nach Satz 2 auf die ers­ten drei Mo­nate.

Gem. Satz 6 der Vor­schrift gel­ten die Ab­zugs­be­schränkun­gen nach Satz 1, die (ge­staf­fel­ten) Pausch­beträge nach Satz 2 so­wie die Drei­mo­nats­frist nach Satz 5 auch für den Ab­zug von Mehr­auf­wen­dun­gen für die Ver­pfle­gung bei ei­ner aus be­trieb­li­chem oder be­ruf­li­chem An­lass begründe­ten dop­pel­ten Haus­haltsführung. Nach der Recht­spre­chung des er­ken­nen­den Se­nats kann eine aus be­ruf­li­chem An­lass begründete dop­pelte Haus­haltsführung auch dann vor­lie­gen, wenn ein Steu­er­pflich­ti­ger sei­nen Haupt­haus­stand aus pri­va­ten Gründen vom Be­schäfti­gungs­ort weg­ver­legt und er dar­auf in ei­ner Woh­nung am Be­schäfti­gungs­ort einen Zweit­haus­halt begründet, um von dort sei­ner bis­he­ri­gen Be­schäfti­gung wei­ter nach­ge­hen zu können 

Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wand wird seit dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 1996 nur für die ers­ten drei Mo­nate nach Begründung der dop­pel­ten Haus­haltsführung in Höhe der ge­setz­li­chen Pausch­beträge (24 € je Tag im Streit­jahr 2008) gewährt. Mit die­ser Re­ge­lung hat der Ge­setz­ge­ber Steu­er­pflich­ti­gen mit dop­pel­ter Haus­haltsführung einen Rechts­an­spruch auf Gewährung der ge­setz­li­chen Pausch­beträge ein­geräumt. Der Ab­zug von Mehr­auf­wen­dun­gen für die Ver­pfle­gung während der Drei­mo­nats­frist ist ge­ne­rell von der tatsäch­li­chen Ver­pfle­gungs­si­tua­tion un­abhängig. Es ist ohne Be­deu­tung, ob über­haupt ein erhöhter Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wand anfällt. Der Se­nat hat in­so­weit be­reits ent­schie­den, dass Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen in den ers­ten drei Mo­na­ten gel­tend ge­macht wer­den können, wenn ein Steu­er­pflich­ti­ger nach Be­en­di­gung ei­ner dop­pel­ten Haus­haltsführung in der schon früher ge­nutz­ten Woh­nung er­neut eine dop­pelte Haus­haltsführung begründet.

Dem Steu­er­pflich­ti­gen ste­hen auch in Fällen, in de­nen er sei­nen Haupt­haus­stand aus pri­va­ten Gründen vom Be­schäfti­gungs­ort weg­ver­legt und seine bis­he­rige Woh­nung in einen Zweit­haus­halt um­wid­met, Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen für die ers­ten drei Mo­nate zu. Denn in die­sen Fällen wird die dop­pelte Haus­haltsführung mit Um­wid­mung der bis­he­ri­gen Woh­nung des Steu­er­pflich­ti­gen in einen Zweit­haus­halt begründet. Im Zeit­punkt der Um­wid­mung be­ginnt da­her die Drei­mo­nats­frist für die Ab­zugsfähig­keit der Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen zu lau­fen. Für eine ein­schränkende Wort­lautaus­le­gung be­steht kein An­lass. Vor­lie­gend war der Kläger im Streit­jahr an 53 Ta­gen ganztägig von der Fa­mi­li­en­woh­nung ab­we­send. Ent­spre­chend der in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG ge­nann­ten Pau­schale von 24 € für eine 24-stündige Ab­we­sen­heit beläuft sich die Ge­samthöhe der Pau­scha­len da­mit auf 1.272 €.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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