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Besteuerung von Sonderbetriebseinnahmen gemäß DBA-Spanien 1966 und der Rückfallregelung in § 50d Abs. 9 EStG (2002)

BFH 21.1.2016, I R 49/14

Die Be­steue­rung des in Deutsch­land ansässi­gen Ge­sell­schaf­ters ei­ner spa­ni­schen, nach dor­ti­gem im Ge­gen­satz zum deut­schen Recht steu­er­lich als in­trans­pa­rent be­han­del­ten Per­so­nen­ge­sell­schaft ist nach Maßgabe des DBA-Spa­nien 1966 auf der Grund­lage des deut­schen und nicht des spa­ni­schen Steu­er­rechts vor­zu­neh­men. Die Ansässig­keits­fik­tion für die Ge­sell­schaf­ter ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft nach Art. 4 Abs. 4 DBA-Spa­nien 1966 be­trifft nur die sog. Ver­tei­lungs­ar­ti­kel in Art. 6 bis 22 DBA-Spa­nien 1966, nicht aber den sog. Me­tho­den­ar­ti­kel in Art. 23 DBA-Spa­nien 1966, und rich­tet sich des­halb nicht an den Ansässig­keits­staat der Ge­sell­schaf­ter.

Der Sach­ver­halt:
Die kla­gende GmbH & Co. KG gehört zu ei­ner Un­ter­neh­mens­gruppe. Ihre Kom­man­di­tis­tin war in den Streit­jah­ren 2003 und 2004 die im In­land ansässige E-GmbH & Co. KG, ihre Kom­ple­mentärin ohne Ka­pi­tal­be­tei­li­gung die eben­falls inländi­sche E-Ver­wal­tung-GmbH. Über wei­tere Ober­ge­sell­schaf­ten wa­ren an ihr mit­tel­bar im In­land ansässige natürli­che Per­so­nen be­tei­ligt. Die Kläge­rin war in den Streit­jah­ren zu 69,88 Pro­zent an ei­ner spa­ni­schen Per­so­nen­ge­sell­schaft in der Rechts­form der So­cie­dad en Com­man­dita (SC), der O-SC, und zu 70 Pro­zent an de­ren Kom­ple­mentärin, ei­ner spa­ni­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft in der Rechts­form ei­ner So­cie­dad de Re­spons­abi­li­dad Li­mit­ada (SL), der O-SL, be­tei­ligt. Mit­ge­sell­schaf­ter der O-SL und der O-SC wa­ren zwei in Spa­nien ansässige Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, die R-SL und die M-SL; de­ren Ge­sell­schaf­ter wa­ren in Spa­nien ansässig.

Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand der Kläge­rin war in den Streit­jah­ren u.a. die Pro­duk­tion von und der Han­del mit M-Pro­duk­ten. Auch die O-SC war als Pro­duk­ti­ons­un­ter­neh­men in der Her­stel­lung und dem Ver­kauf von M-Pro­duk­ten ge­werb­lich tätig. Funk­tion und Tätig­keit der O-SL be­schränk­ten sich auf die Ge­schäftsführung und Kom­ple­mentärstel­lung (Ka­pi­tal­an­teil 0,17 Pro­zent) in der O-SC. Sie er­zielte Erträge aus der Wei­ter­be­las­tung von Per­so­nal­kos­ten der bei ihr be­schäftig­ten Ge­schäfts­lei­tung an die O-SC so­wie Zins­erträge aus kurz­fris­ti­gen Bank­ein­la­gen. So­wohl die O-SC als auch die O-SL wa­ren aus­schließlich in Spa­nien tätig und un­ter­hiel­ten al­lein dort Be­triebsstätten. Die O-SL schüttete an die Kläge­rin in den Streit­jah­ren in den Vor­jah­ren auf­ge­lau­fene Ge­winne aus. In Spa­nien wur­den diese Ge­winne mit einem ermäßig­ten Quel­len­steu­er­satz von 10 Pro­zent (ent­spre­chend Art. 10 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 Buchst. a Alt. 2 des DBA-Spa­nien 1966) be­steu­ert; in Spa­nien be­trug die von Nicht­ansässi­gen an der Quelle er­ho­bene Ka­pi­tal­er­trag­steuer auf Di­vi­den­den nach in­ner­staat­li­chem Recht 18 Pro­zent (2003) und 15 Pro­zent (2004).

Nach Auf­fas­sung der Kläge­rin sind die Di­vi­den­den Teil der Un­ter­neh­mens­ge­winne der O-SC und in­fol­ge­des­sen nach Maßgabe von Art. 10 Abs. 5 i.V.m. Art. 7 DBA-Spa­nien 1966 von der Be­mes­sungs­grund­lage der deut­schen Er­trag­steuer aus­zu­neh­men. Das Fi­nanz­amt sah das an­ders. Die Vor­aus­set­zun­gen des Art. 10 Abs. 5 DBA-Spa­nien 1966 seien nicht erfüllt. Die Be­tei­li­gung an der O-SL müsse dafür tatsäch­lich zu ei­ner spa­ni­schen Be­triebsstätte gehören. Dies er­for­dere, dass die Be­tei­li­gung in einem funk­tio­na­len Zu­sam­men­hang mit der Be­triebsstätte stehe und die Be­tei­li­gung aus Sicht der Be­triebsstätte einen Ak­tiv­pos­ten bilde; an der letzt­ge­nann­ten Vor­aus­set­zung fehle es. Der Um­stand, dass in Spa­nien ent­spre­chend Art. 10 Abs. 2 DBA-Spa­nien 1966 10 Pro­zent Quel­len­steuer ein­be­hal­ten wor­den sei, zeige, dass die spa­ni­sche Fi­nanz­behörde eben­falls nicht von einem Un­ter­neh­mens­ge­winn i.S.v. Art. 7 DBA-Spa­nien 1966 aus­ge­gan­gen sei. Die Quel­len­steuer sei grundsätz­lich an­zu­rech­nen.

Das FG gab der ge­gen die hier­nach für die Streit­jahre er­gan­ge­nen Be­scheide über die ge­son­der­ten und ein­heit­li­chen Fest­stel­lun­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat im Er­geb­nis zu Recht an­ge­nom­men, dass auf­grund der ab­kom­mens­recht­li­chen bi­la­te­ra­len Ver­ein­ba­run­gen das Be­steue­rungs­recht an den Di­vi­den­den Spa­nien gebührt.

Die Be­steue­rung des in Deutsch­land ansässi­gen Ge­sell­schaf­ters ei­ner spa­ni­schen, nach dor­ti­gem im Ge­gen­satz zum deut­schen Recht steu­er­lich als in­trans­pa­rent be­han­del­ten Per­so­nen­ge­sell­schaft ist nach Maßgabe des DBA-Spa­nien 1966 auf der Grund­lage des deut­schen und nicht des spa­ni­schen Steu­er­rechts vor­zu­neh­men. Die Ansässig­keits­fik­tion für die Ge­sell­schaf­ter ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft nach Art. 4 Abs. 4 DBA-Spa­nien 1966 be­trifft nur die sog. Ver­tei­lungs­ar­ti­kel in Art. 6 bis 22 DBA-Spa­nien 1966, nicht aber den sog. Me­tho­den­ar­ti­kel in Art. 23 DBA-Spa­nien 1966, und rich­tet sich des­halb nicht an den Ansässig­keits­staat der Ge­sell­schaf­ter. Sie er­fasst zu­dem al­lein Einkünfte, die der Ge­sell­schaf­ter von der Per­so­nen­ge­sell­schaft be­zieht; Ge­winn­aus­schüttun­gen ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, wel­che nach deut­schem Recht als Son­der­be­triebs­ein­nah­men aus Son­der­be­triebs­vermögen II re­sul­tie­ren, gehören dazu nicht.

Für Einkünfte, die aus deut­scher Sicht nach einem Ab­kom­men zur Ver­mei­dung der Dop­pel­be­steue­rung ins­ge­samt von der Be­mes­sungs­grund­lage der deut­schen Steuer aus­zu­neh­men sind (hier für Un­ter­neh­mens­ge­winne nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a S. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 S. 1 und Art. 10 Abs. 5 DBA-Spa­nien 1966 so­wie i.V.m. Art. 3 Abs. 2 DBA-Spa­nien 1966, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 und Nr. 3 Halbs. 2 EStG 2002), wird die Frei­stel­lung der Einkünfte un­be­scha­det des in § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 59a S. 6 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2007 rück­wir­kend an­ge­ord­ne­ten Be­steue­rungsrück­falls auch dann gewährt, wenn der an­dere Ver­trags­staat (hier Spa­nien) die be­tref­fen­den Einkünfte in Ein­klang mit den ab­kom­mens­recht­li­chen Vor­schrif­ten nur zu einem Teil (hier als Di­vi­den­den nach Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 4 DBA-Spa­nien 1966) un­ein­ge­schränkt be­steu­ert, für einen an­de­ren Teil (hier nach Art. 10 Abs. 1 und 2 DBA-Spa­nien 1966) die Be­stim­mun­gen des Ab­kom­mens je­doch so an­wen­det, dass sie nur mit einem be­grenz­ten Steu­er­satz be­steu­ert wer­den können. Maßge­bend dafür, ob es sich um Einkünfte je­ner Ein­kunfts­art han­delt, ist er­neut das Steu­er­recht des je­wei­li­gen An­wen­der­staats (hier Deutsch­lands).

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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