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Steuerberatung

Britische sog. Claw-back-Besteuerung im Verhältnis zum Abkommensrecht

BFH 15.11.2017, I R 55/15

Der Ge­winn aus der Veräußerung ei­ner in Großbri­tan­nien be­le­ge­nen Im­mo­bi­lie darf auch wei­ter­hin nach dem DBA-Großbri­tan­nien 1964/1970 in Deutsch­land be­steu­ert wer­den, wenn die Veräußerung nach bri­ti­schem Steu­er­recht nur dazu führt, dass zu­vor gewährte Ab­schrei­bun­gen auf Teile der Im­mo­bi­lie rückgängig ge­macht wer­den ("Claw-back-Be­steue­rung).

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist ein inländi­scher In­vest­ment­fonds i.S.d. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 In­vStG 2004 a.F. Er hatte im Ja­nuar 2008 die Erklärung zur ge­son­der­ten Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen nach § 13 Abs. 2 In­vStG 2004 a.F. für die End­aus­schüttung vom 7.1.2008 be­tref­fend das vom 1.10.2006 bis 30.9.2007 lau­fende Ge­schäfts­jahr beim Fi­nanz­amt ein­ge­reicht. Da­bei ging er für die Er­mitt­lung der Be­steue­rungs­grund­la­gen i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 u. 2 In­vStG 2004 a.F. da­von aus, dass der aus der Veräußerung ei­ner in Großbri­tan­nien be­le­ge­nen Im­mo­bi­lie er­zielte Ge­winn gem. § 4 Abs. 1 In­vStG 2004 a.F. i.V.m. dem Ab­kom­men zwi­schen Deutsch­land und Großbri­tan­nien so­wie Nord­ir­land zur Ver­mei­dung der Dop­pel­be­steue­rung und zur Ver­hin­de­rung der Steu­er­verkürzung - DBA-Großbri­tan­nien 1964/1970 - von der Be­steue­rung im In­land frei­ge­stellt sei.

Das Fi­nanz­amt war hin­ge­gen der Auf­fas­sung, der durch den Ver­kauf des Grundstücks in Großbri­tan­nien er­zielte Veräußerungs­ge­winn sei gemäß dem zur bri­ti­schen sog. Claw-back-Be­steue­rung er­gan­ge­nen BFH-Ur­teil vom 9.12.2010 (Az.: I R 49/09) im In­land nicht steu­er­frei. Der Kläger hielt das Ur­teil für sach­lich falsch. Seine Klage blieb al­ler­dings in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Gründe:
Das Fi­nanz­amt war gem. § 13 Abs. 4 S. 1 In­vStG 2004 a.F. be­fugt, den Un­ter­schieds­be­trag zwi­schen den vom Kläger erklärten Be­steue­rungs­grund­la­gen und den zu­tref­fen­den Be­steue­rungs­grund­la­gen ge­son­dert fest­zu­stel­len.

Die vom Kläger erklärten Be­steue­rungs­grund­la­gen wa­ren in­so­weit ma­te­ri­ell feh­ler­haft, als der Ge­winn aus der Veräußerung ei­ner in Großbri­tan­nien be­le­ge­nen Im­mo­bi­lie als gem. § 4 Abs. 1 S. 1 In­vStG 2004 a.F. i.V.m. dem DBA-Großbri­tan­nien 1964/1970 steu­er­frei be­han­delt wurde. Zwar sind gem. § 4 Abs. 1 S. 1 In­vStG 2004 a.F. die auf In­vest­ment­an­teile aus­ge­schütte­ten so­wie die aus­schüttungs­glei­chen Erträge bei der Ver­an­la­gung der Ein­kom­men­steuer oder Körper­schaft­steuer in­so­weit außer Be­tracht zu las­sen, als sie aus einem ausländi­schen Staat stam­mende Einkünfte ent­hal­ten, für die Deutsch­land auf­grund ei­nes Ab­kom­mens zur Ver­mei­dung der Dop­pel­be­steue­rung (DBA) auf die Ausübung des Be­steue­rungs­rechts ver­zich­tet hat. Auf die Be­steue­rung des aus dem Ver­kauf der Im­mo­bi­lie re­sul­tie­ren­den Veräußerungs­ge­winns hat Deutsch­land im Rah­men des DBA- Großbri­tan­nien 1964/1970 je­doch nicht ver­zich­tet.

Aus ab­kom­mens­recht­li­cher Sicht han­delt es sich bei dem strei­ti­gen Ge­winn viel­mehr um einen Ge­winn aus der Veräußerung un­be­weg­li­chen Vermögens, den Großbri­tan­nien als Be­le­gen­heits­staat be­steu­ern darf (Art. VIII Abs. 1 DBA-Großbri­tan­nien 1964/1970). Da der Ge­winn in Großbri­tan­nien be­steu­ert wer­den darf, ist er im Grund­satz von der Be­mes­sungs­grund­lage der deut­schen Steuer aus­zu­neh­men, so­weit er auf eine in Deutsch­land ansässige Per­son entfällt (Art. XVIII Abs. 2a Hs. 1 DBA-Großbri­tan­nien 1964/1970). Diese Rechts­folge tritt aber nur dann ein, wenn der Veräußerungs­ge­winn in Großbri­tan­nien steu­er­pflich­tig ist (Art. XVIII Abs. 2a Hs. 2 DBA-Großbri­tan­nien 1964/1970). Daran fehlte es je­doch im Streit­fall.

Zwar ist an­hand der Fest­stel­lun­gen des an­ge­foch­te­nen Ur­teils da­von aus­zu­ge­hen, dass die Veräußerung des Grundstücks gemäß bri­ti­schem Steu­er­recht (Ca­pi­tal Al­lo­wan­ces Act) eine Nach­ver­steue­rung ("Claw back") von zu­vor auf das Grundstück gel­tend ge­mach­ten Ab­set­zun­gen für Ab­nut­zung (AfA) aus­gelöst hat. Es ist aber wei­ter­hin da­von aus­zu­ge­hen, dass die­ser bri­ti­schen Claw-back-Be­steue­rung keine dem Be­steue­rungsrück­fall ent­ge­gen­ste­hende Be­steue­rung des Veräußerungs­ge­winns i.S.d. Art. XVIII Abs. 2a Hs. 2 DBA-Großbri­tan­nien 1964/1970 zu se­hen ist.

Außer­dem ist zu berück­sich­ti­gen, dass

  • der we­gen ma­te­ri­ell feh­ler­haf­ter Fest­stel­lungs­erklärung ei­nes In­vest­ment­fonds gemäß § 13 Abs. 4 S. 1 In­vStG 2004 a.F. vom Fi­nanz­amt ge­son­dert fest­zu­stel­lende Un­ter­schieds­be­trag auf einen In­vest­ment­an­teil zu be­zie­hen ist. Maßgeb­lich für die Be­rech­nung ist da­bei die Zahl der um­lau­fen­den An­teile zum Schluss des­je­ni­gen Ge­schäfts­jahrs, in wel­chem der ma­te­ri­elle Feh­ler ein­ge­tre­ten ist;
  • der fest­zu­stel­lende Un­ter­schieds­be­trag je­den­falls dann, wenn der Fest­stel­lungs­be­scheid erst nach dem 31. 12. 2017 un­an­fecht­bar wird, nicht im Wege ei­nes Bil­lig­keits­er­wei­ses des­halb her­ab­zu­set­zen ist, weil die Zahl der um­lau­fen­den Fonds­an­teile sich nach dem Schluss des Ge­schäfts­jahrs, in dem der ma­te­ri­elle Feh­ler ein­ge­tre­ten ist, in­folge ei­ner Ver­schmel­zung mit einem an­de­ren Fonds si­gni­fi­kant erhöht hat.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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