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Besteuerung einer Entschädigungszahlung für entgehende Einnahmen aufgrund einer Vergleichsvereinbarung

BFH 25.8.2015, VIII R 2/13

Ver­zich­tet der Be­trei­ber ei­ner mo­bi­len Al­ten­pflege zur Bei­le­gung ei­nes jah­re­lan­gen Rechts­streits auf die ihm zu­ste­hende Förde­rung nach dem LPflgeHG Rhein­land-Pfalz und erhält er hierfür vom Land und Land­kreis eine Ent­schädi­gung, han­delt es sich um eine steu­er­begüns­tigte Ent­schädi­gung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb eine mo­bile Al­ten­pflege und er­mit­telte sei­nen Ge­winn durch Be­triebs­vermögens­ver­gleich gem. § 4 Abs. 1 EStG. In der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für 2005 erklärte er Einkünfte aus selbständi­ger Ar­beit i.H.v. rd. 170.000 €. Er gab an, dass in den Be­triebs­ein­nah­men i.H.v. ins­ge­samt rd. 640.000 € ta­rif­begüns­tigte Ge­winne i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG i.H.v. rd. 190.000 € ent­hal­ten seien.

Diese Ein­nah­men be­ruh­ten auf einem Ver­gleich, den der Kläger im Jahr 2005 mit dem Land Rhein­land-Pfalz i.H.v. rd. 140.000 € und einem Land­kreis i.H.v. rd. 50.000 € ab­ge­schlos­sen hatte. Der Ver­gleich er­folgte un­ter Berück­sich­ti­gung des Ur­teils des OVG Rhein­land-Pfalz vom 17.12.2004 (12 A 11388/04), wo­nach die Förder­pra­xis des Lan­des und Land­krei­ses, nach der in je­dem Be­treu­ungs­be­reich nur ein Träger ei­ner So­zi­al­sta­tion die In­ves­ti­ti­onsförde­rung nach § 12 Abs. 2 LPflgeHG Rhein­land-Pfalz (LPflgeHG) er­hielt, das Grund­recht der kon­kur­rie­ren­den An­bie­ter auf freie Be­rufs­ausübung ver­letze. Die Zu­schüsse nach § 12 Abs. 2 LPflgeHG dien­ten der Förde­rung der be­triebs­not­wen­di­gen Auf­wen­dun­gen i.S.d. § 82 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SGB XI.

Der Ver­gleich er­folgte zur Ab­gel­tung sämt­li­cher For­de­run­gen des Klägers ge­gen das Land und den Land­kreis nach dem LPflgeHG für den Zeit­raum von 1995 bis zum 31.12.2005. Im Ge­gen­zug ver­pflich­tete sich der Kläger, sämt­li­che Förder­anträge für den Zeit­raum bis 31.12.2005 zurück­zu­neh­men. Das Fi­nanz­amt be­steu­erte die Ein­nah­men des Klägers aus dem Ver­gleich im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2005 nicht ta­rif­begüns­tigt, son­dern mit dem Re­gel­steu­er­satz.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG ist der ein­ma­lige Er­trag aus der Aus­zah­lung der Ver­gleichs­summe als außer­or­dent­li­che Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG gem. § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu be­steu­ern.

§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ergänzt die Einkünf­tetat­bestände der §§ 13 bis 23 EStG, schafft aber kei­nen neuen Be­steue­rungs­tat­be­stand. Es muss also eine kau­sale Ver­bin­dung zwi­schen der Ent­schädi­gung und den ent­gan­ge­nen Ein­nah­men be­ste­hen. Letz­tere müss­ten, falls sie er­zielt wor­den wären, steu­er­pflich­tig sein. Dies ist hier der Fall. Die Zu­schüsse aus der In­ves­ti­ti­onsförde­rung wären gem. § 12 Abs. 2 LPflgeHG als Be­triebs­ein­nah­men zu ver­steu­ern ge­we­sen, wenn der Kläger von sei­nem Wahl­recht nach Ab­schn. 6.5 der Ein­kom­men­steuer-Richt­li­nie 2005, die Zu­schüsse er­folgs­neu­tral zu be­han­deln, kei­nen Ge­brauch ge­macht hätte.

Schon dem Be­griff nach setzt eine Ent­schädi­gung vor­aus, dass es sich um eine Er­satz­leis­tung han­delt. Sie darf nicht die ver­trag­lich ver­ein­barte Erfüllungs­leis­tung sein, son­dern muss auf der Grund­lage ei­ner neuen Rechts- oder Bil­lig­keits­grund­lage ge­leis­tet wer­den. So ist es hier. Nach dem ein­deu­ti­gen Wort­laut der zwi­schen dem Kläger und dem Land und Land­kreis ab­ge­schlos­se­nen Ver­gleichs­ver­ein­ba­run­gen wurde nicht der ur­sprüng­li­che nach dem LPflgeHG be­ste­hende An­spruch des Klägers auf Förde­rung in sei­ner Zah­lungs­mo­da­lität verändert, son­dern eine neue Rechts­grund­lage ge­schaf­fen, da die Zah­lung die Rück­nahme der Förder­anträge durch den Kläger vor­aus­setzte und der Höhe nach von den ge­setz­lich vor­ge­ge­be­nen Förder­gel­dern ab­wich.

Dem­zu­folge begründete der Ver­gleich einen Ent­schädi­gungs­an­spruch des Klägers, der auf die ihm zu­ste­hende Förde­rung nach dem LPflgeHG un­ter einem nicht un­er­heb­li­chen tatsäch­li­chen, recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Druck ver­zich­tet hat. Denn wäre der Kläger nicht auf das Ver­gleichs­an­ge­bot ein­ge­gan­gen, hätte er seine An­sprüche nach dem LPflgeHG wei­ter auf dem Rechts­weg ver­fol­gen müssen und sei­nem Ge­schäfts­be­trieb wäre zunächst zu­min­dest teil­weise die Er­trags­grund­lage ent­zo­gen wor­den. Der BFH ist auch nicht hin­sicht­lich der Fest­stel­lun­gen des FG an die­ser recht­li­chen Würdi­gung ge­hin­dert. Das FG hat zu der Frage, ob der Kläger bei Ver­gleichs­ab­schluss un­ter er­heb­li­chem tatsäch­li­chen, recht­li­chen oder wirt­schaft­li­chen Druck ge­stan­den hat, in den Ur­teilsgründen keine Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen; eine Bin­dungs­wir­kung nach § 118 Abs. 2 FGO be­steht so­mit nicht.

Es han­delt sich auch nicht um einen Ge­schäfts­vor­fall, den der Kläger im Rah­men sei­ner selbständi­gen Tätig­keit übli­cher­weise ab­ge­schlos­sen hat, son­dern um einen un­gewöhn­li­chen Ge­schäfts­vor­fall. Da­her war der Kläger nicht ver­pflich­tet, die von ihm gel­tend ge­mach­ten An­sprüche auf Förde­rung am­bu­lan­ter Hil­fen nach § 12 Abs. 2 LPflgeHG be­reits in einem früheren Ver­an­la­gungs­zeit­raum zu ak­ti­vie­ren, da diese vom Land und Land­kreis bis zum Ab­schluss des Ver­gleichs im Streit­jahr be­strit­ten wor­den wa­ren.

Link­hin­weis:

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