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Auswirkung von Abfindungen von gesetzlichen Erben an weichende Erben vor Eintritt des Erbfalls

FG Münster 26.2.2015, 3 K 3065/14 Erb

Nach § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG wer­den meh­rere in­ner­halb von zehn Jah­ren von der­sel­ben Per­son an­fal­len­den Vermögens­vor­teile in der Weise zu­sam­men­ge­rech­net, dass dem letz­ten Er­werb die früheren Er­werbe nach ih­rem früheren Wert zu­ge­rech­net wer­den. Be­reits nach dem Wort­laut der Vor­schrift ist eine Berück­sich­ti­gung der Vor­schen­kung der Mut­ter bei einem Er­werb vom Bru­der nicht möglich, da es sich nicht über die­selbe Per­son han­delt.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger und seine drei Brüder hat­ten im Fe­bruar 2006 einen Erb­schafts­ver­trag ge­schlos­sen. Darin ver­zich­tete der Kläger für den Fall, dass er durch letzt­wil­lige Verfügung von der Erb­folge sei­ner Mut­ter aus­ge­schlos­sen sein sollte, auf die Gel­tend­ma­chung sei­nes Pflicht­teils­an­spru­ches ein­schließlich et­wai­ger Pflicht­teil­sergänzungs­an­sprüche. Seine drei Brüder ver­pflich­te­ten sich, an ihn zum Aus­gleich sei­nes Ver­zichts auf die Gel­tend­ma­chung sei­ner Pflicht­teils­an­sprüche einen Geld­be­trag zu zah­len. Die Par­teien wa­ren sich darüber ei­nig, dass die­ser Ver­trag auch dann Be­stand ha­ben solle und die ge­zahl­ten Ab­fin­dun­gen nicht zurück zu gewähren seien, wenn der Kläger nach dem Tode sei­ner Mut­ter nicht Erbe wird und kei­nen Pflicht­teils­an­spruch er­wirbt.

Da der Va­ter des Klägers und sei­ner Brüder vor­ver­stor­ben war, be­tra­fen die Ver­ein­ba­run­gen le­dig­lich die Erb­folge nach ih­rer Mut­ter. Der Kläger gab drei Schen­kung­steu­er­erklärun­gen ab, in de­nen er die Geld­zah­lun­gen sei­ner Brüder bestätigte. Das Fi­nanz­amt ver­trat zunächst die An­sicht, dass die Ab­fin­dungs­zah­lun­gen an den Kläger als (fik­ti­ver) Er­werb nach sei­ner Mut­ter zu ver­steu­ern seien. Dies habe zur Folge, dass die drei Schen­kun­gen zu­sam­men zu ei­ner Schen­kung zu­sam­men­ge­fasst würden und als fik­tive Schen­kung der Mut­ter des Klägers an­zu­se­hen sei. Fol­ge­rich­tig sei auch die Vor­schen­kung der Mut­ter aus dem Jahr 2002 an den Kläger nach § 14 ErbStG zu berück­sich­ti­gen.

Auf den Ein­spruch des Klägers und das Se­nats­ur­teil vom 17.2.2011 (Az.: 3 K 4815/08 Erb) ent­schied der BGH (Urt. v. 16.5.2013, Az.: II R 21/11), dass die Ab­fin­dung, die ein künf­ti­ger ge­setz­li­cher Erbe an einen an­de­ren Er­ben für den Ver­zicht auf einen künf­ti­gen Pflicht­teils­an­spruch zahlt, eine frei­ge­bige Zu­wen­dung des künf­ti­gen ge­setz­li­chen Er­ben an den an­de­ren sei und nicht als fik­tive frei­ge­bige Zu­wen­dung des künf­ti­gen Erb­las­sers be­steu­ert wer­den könne. Die Steu­er­klasse richte sich in­des nicht nach dem Verhält­nis des Zu­wen­dungs­empfängers (Ver­zich­ten­den) zum Zah­len­den, son­dern zum zukünf­ti­gen Erb­las­ser. Das Fi­nanz­amt habe so­mit zu Un­recht die Ab­fin­dungs­zah­lun­gen der Brüder als Schen­kung der Mut­ter an den Kläger be­steu­ert.

Das Fi­nanz­amt war al­ler­dings wei­ter­hin der An­sicht, dass bei ei­ner Be­steue­rung, wel­cher nach der höchstrich­ter­li­chen Recht­spre­chung die Verhält­nisse zum künf­ti­gen Erb­las­ser zu Grunde zu le­gen seien, auch die Vor­schen­kun­gen des künf­ti­gen Erb­las­sers berück­sich­tigt wer­den müss­ten. § 14 ErbStG sei des­halb an­zu­wen­den.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte die Vor­schen­kung der Mut­ter nach § 14 ErbStG bei der Schen­kung zwi­schen dem Kläger und sei­nem Bru­der zu Un­recht berück­sich­tigt.

Nach der BFH-Recht­spre­chung rich­tete sich im vor­lie­gen­den Fall die Steu­er­klasse nicht nach dem Verhält­nis des Zu­wen­dungs­empfängers (Ver­zich­ten­den) zum Zah­len­den, son­dern zum künf­ti­gen Erb­las­ser. Der BFH hatte im Ur­teil vom 16.5.2013 ausdrück­lich of­fen ge­las­sen, wie im Übri­gen die Be­steue­rung im Ein­zel­nen zu er­fol­gen hat. Da sich die Steu­er­klasse nicht nach dem Verhält­nis des Zu­wen­dungs­empfängers (Ver­zich­ten­den) zum Zah­len­den, son­dern zum künf­ti­gen Erb­las­ser rich­tet und da­mit im Streit­fall die Steu­er­klasse I an­zu­wen­den war, be­stimmte sich auch der Frei­be­trag nach der Steu­er­klasse I.

Eine An­rech­nung der Vor­schen­kun­gen der Mut­ter war nicht möglich. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG wer­den meh­rere in­ner­halb von zehn Jah­ren von der­sel­ben Per­son an­fal­len­den Vermögens­vor­teile in der Weise zu­sam­men­ge­rech­net, dass dem letz­ten Er­werb die früheren Er­werbe nach ih­rem früheren Wert zu­ge­rech­net wer­den. Be­reits nach dem Wort­laut der Vor­schrift ist eine Berück­sich­ti­gung der Vor­schen­kung der Mut­ter bei einem Er­werb vom Bru­der nicht möglich, da es sich nicht über die­selbe Per­son han­delt. Eine über den Wort­laut des § 14 Abs. 1 ErbStG hin­aus­ge­hende An­wen­dung, wie vom Fi­nanz­amt vor­ge­nom­men, kam auch un­ter Berück­sich­ti­gung der BFH-Recht­spre­chung nicht in Be­tracht. Denn der BFH hatte seine Ent­schei­dung ausdrück­lich auf die an­zu­wen­dende Steu­er­klasse be­schränkt.

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