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Keine Haftung nach § 71 AO bei Subventionsbetrug

BFH 19.12.2013, III R 25/10

Wer einen Sub­ven­ti­ons­be­trug be­geht oder an ei­ner sol­chen Tat teil­nimmt, haf­tet nicht nach § 71 AO für die zu Un­recht gewährte In­ves­ti­ti­ons­zu­lage, so die geänderte Recht­spre­chung des III. Se­nats. Die in § 7 Abs. 1 S. 1 In­vZulG ent­hal­tene (all­ge­meine) Ver­wei­sung, nach der die für Steu­er­vergütun­gen gel­ten­den Vor­schrif­ten der AO ent­spre­chend an­zu­wen­den sind, er­laubt es nach ih­rem Wort­sinn nicht, das auf die "Er­schlei­chung" ei­ner In­ves­ti­ti­ons­zu­lage ge­rich­tete Ver­hal­ten als eine Steu­er­hin­ter­zie­hung i.S.d. § 71 AO zu be­han­deln (Recht­spre­chungsände­rung).

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger wandte sich ge­gen einen nach § 71 AO er­gan­ge­nen Be­scheid, durch den ihn das Fi­nanz­amt für eine der W-GmbH zu Un­recht gewährte In­ves­ti­ti­ons­zu­lage für das Jahr 1994 i.H.v. 520.000 DM (= 265.871 €) als Haf­tungs­schuld­ner in An­spruch ge­nom­men hatte. Der Kläger wurde in die­ser Sa­che mit rechtskräfti­gem Straf­be­fehl des AG we­gen Bei­hilfe zum Sub­ven­ti­ons­be­trug gem. § 264 Abs. 1 Nr. 1, § 27 StGB ver­ur­teilt.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH die Vor­ent­schei­dung und den Haf­tungs­be­scheid auf.

Die Gründe:
Das FG war zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Kläger nach § 7 Abs. 1 In­vZulG 1993 i.V.m. § 71 AO haf­tet. Es hatte die An­wend­bar­keit des § 71 AO - im Ein­klang mit der bis­he­ri­gen Se­nats­recht­spre­chung - zu Un­recht be­jaht. Zwar war nach bis­he­ri­ger Auf­fas­sung des Se­nats auf eine Per­son, die sich als Ge­hilfe ei­nes Sub­ven­ti­ons­be­trugs straf­bar ge­macht hat, die Haf­tungs­norm des § 71 AO ent­spre­chend an­wend­bar. Hieran hält der Se­nat al­ler­dings nicht mehr fest.

Die in § 7 Abs. 1 S. 1 In­vZulG ent­hal­tene (all­ge­meine) Ver­wei­sung, nach der die für Steu­er­vergütun­gen gel­ten­den Vor­schrif­ten der AO ent­spre­chend an­zu­wen­den sind, er­laubt es nach ih­rem Wort­sinn nicht, das auf die "Er­schlei­chung" ei­ner In­ves­ti­ti­ons­zu­lage ge­rich­tete Ver­hal­ten als eine Steu­er­hin­ter­zie­hung i.S.d. § 71 AO zu be­han­deln. Schließlich han­delt es sich bei der In­ves­ti­ti­ons­zu­lage nicht um eine Steuer i.S.d. § 3 Abs. 1 AO. Der Ge­setz­ge­ber hat die In­ves­ti­ti­ons­zu­lage ma­te­ri­ell-recht­lich auch nicht als eine Steu­er­vergütung aus­ge­stal­tet. Es fehlt - an­ders als etwa beim Kin­der­geld - eine Norm, wel­che die In­ves­ti­ti­ons­zu­lage als Steu­er­vergütung qua­li­fi­ziert.

Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht aus der in den In­ves­ti­ti­ons­zu­la­gen­ge­set­zen ent­hal­te­nen Ge­set­zes­ver­wei­sung (z.B. § 5 Abs. 5 S. 1 In­vZulG 1982, § 7 Abs. 1 S. 1 In­vZulG 1993), die eine ent­spre­chende An­wen­dung der Steu­er­vergütungs­vor­schrif­ten der AO an­ord­net. Durch diese Ver­wei­sungs­norm wird die In­ves­ti­ti­ons­zu­lage ab­ga­ben­recht­lich nicht in eine Steu­er­vergütung um­qua­li­fi­ziert, son­dern all­ge­mein das In­ves­ti­ti­ons­zu­la­ge­ver­fah­ren ge­re­gelt. Es la­gen auch nicht die Vor­aus­set­zun­gen für eine ana­loge An­wen­dung des § 71 AO vor.

Es konnte schließlich da­hin­ste­hen, ob und ggf. un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen das FG im Kla­ge­ver­fah­ren oder der Se­nat im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren die vom Fi­nanz­amt im Haf­tungs­be­scheid kon­kret zu­grunde ge­legte Haf­tungs­norm des § 7 Abs. 1 In­vZulG 1993 i.V.m. §§ 71, 191 AO durch § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 823 Abs. 2, § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 Abs. 1 Nr. 1, § 27 StGB hätte aus­tau­schen dürfen. Denn ein sol­cher ggf. ver­wirk­lich­ter de­lik­ti­scher Scha­dens­er­satz­an­spruch kann nicht durch einen Haf­tungs­be­scheid gel­tend ge­macht wer­den.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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