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Steuerberatung

Haftung der Organgesellschaft bei mehrstufiger Organschaft

BFH 31.5.2017, I R 54/15

Der Ge­gen­stand der Haf­tung ist für eine körper­schaft­steu­er­recht­li­che Or­gan­schaft (§ 14 Abs. 1 S. 1 KStG) auf sol­che Steu­er­an­sprüche be­schränkt, die ge­gen den durch das kon­krete Or­gan­schafts­verhält­nis be­stimm­ten Or­ganträger ge­rich­tet sind. Dies ist auch bei mehr­stu­fi­gen Or­gan­schaf­ten zu be­ach­ten.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen der A-GmbH, der Rechts­nach­fol­ge­rin der B-GmbH. Im Jahr 1990 hatte die B-GmbH mit ih­rer da­ma­li­gen Mut­ter­ge­sell­schaft, der C-GmbH, einen Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­ver­trag ge­schlos­sen. Im Jahr 2000 wurde die C-GmbH (un­ter Bei­be­hal­tung der Or­gan­schaft mit der B-GmbH) auf die D AG ver­schmol­zen, die wie­derum mit dem sie be­herr­schen­den Un­ter­neh­men, der E AG, einen Ge­winn­abführungs­ver­trag (mit Wir­kung zum 1.1.2001) ab­ge­schlos­sen hatte.

Nach der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen der E AG nahm das Fi­nanz­amt die A-GmbH (als Rechts­nach­fol­ge­rin der B-GmbH) mit auf § 191 i.V.m. § 73 so­wie § 45 Abs. 1 AO gestütz­ten Haf­tungs­be­scheid für einen Teil der rückständi­gen Körper­schaft­steuer 2001 und 2002 so­wie So­li­da­ritätszu­schläge 2001 und 2002 der E AG i.L. in An­spruch. In die­sem Be­scheid hatte die Steu­er­behörde un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­ner "Ver­an­las­sungs­haf­tung" den Haf­tungs­an­teil durch den An­teil des Ein­kom­mens der B-GmbH (ori­ginäres Or­gan­ein­kom­men) an der Summe der (al­ler) po­si­ti­ver Or­gan­ein­kom­men bei der E AG be­stimmt.

Die wei­te­ren Ge­sell­schaf­ten, die mit der E AG in den Jah­ren 2001 und 2002 eine körper­schaft­steu­er­recht­li­che Or­gan­schaft ge­bil­det hat­ten, wur­den eben­falls nach die­ser Be­rech­nungs­me­thode nach § 73 AO im Haf­tungs­wege in An­spruch ge­nom­men. Maßnah­men be­tref­fend an­der­wei­tige (ggf. ge­samt­schuld­ne­ri­sche) Haf­tungs­inan­spruch­nah­men (z.B. sol­che nach § 69 i.V.m. § 34 AO so­wie nach § 71 AO) wur­den vom FA nicht er­grif­fen.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hat der BFH das Ur­teil auf­ge­ho­ben und der Klage statt­ge­ge­ben.

Gründe:
Die an­ge­foch­tene Ent­schei­dung ver­letzt Bun­des­recht und ist - wie eben­falls der Haf­tungs­be­scheid - auf­zu­he­ben.

Nach § 73 S. 1 AO haf­tet eine Or­gan­ge­sell­schaft für sol­che Steu­ern des Or­ganträgers, für wel­che die Or­gan­schaft zwi­schen ih­nen steu­er­lich von Be­deu­tung ist. Die Haf­tung der im Or­gankreis un­ter­ge­ord­ne­ten Or­gan­ge­sell­schaft für Steu­er­schul­den des die Or­gan­ge­sell­schaft be­herr­schen­den Or­ganträgers soll die steu­er­li­chen Ri­si­ken aus­glei­chen, die mit der Ver­la­ge­rung der steu­er­li­chen Rechts­zuständig­keit auf den Or­ganträger ver­bun­den sind. Durch den haf­tungs­recht­li­chen Zu­griff auf das Vermögen der Or­gan­ge­sell­schaft sol­len bei Zah­lungs­unfähig­keit des Or­ganträgers Steu­er­ausfälle ver­mie­den wer­den, die in­folge von Vermögens­ver­la­ge­run­gen in­ner­halb des Or­gankrei­ses ent­ste­hen könn­ten.

Der Ge­gen­stand der Haf­tung ist für eine Or­gan­ge­sell­schaft auf die ge­gen den - durch das kon­krete Or­gan­schafts­verhält­nis be­stimm­ten - Or­ganträger ge­rich­te­ten Steu­er­an­sprüche be­schränkt. Letz­te­res er­gibt sich aus dem Wort­laut, der die Haf­tung der Or­gan­ge­sell­schaft für die Steu­ern des Or­ganträgers an­ord­net, für die "die Or­gan­schaft zwi­schen ih­nen" - also das zwei­per­so­nale Or­gan­schafts­verhält­nis - von Be­deu­tung ist. Im Streit­fall fehlte es je­doch hieran, da keine sog. mit­tel­bare Or­gan­schaft bzw. Klam­mer­or­gan­schaft be­stand.

Auch wenn die Haf­tungs­norm be­zweckt, die steu­er­li­chen Ri­si­ken aus­zu­glei­chen, die mit der Ver­la­ge­rung der steu­er­li­chen Rechts­zuständig­keit auf den Or­ganträger ver­bun­den sind, be­zieht sich die Haf­tung auf die Steu­er­schuld­ner­schaft, die nach der ein­zel­ge­setz­li­chen Be­griffs­be­stim­mung der im Streit­fall ein­schlägi­gen Or­gan­schafts­re­ge­lung per­so­nell an den Or­ganträger geknüpft ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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