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Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung bei verdeckter Treuhand

BFH 6.8.2013, VIII R 10/10

Eine ver­deckte Ge­winn­aus­schüttung ist einem min­derjähri­gen Ge­sell­schaf­ter ei­ner GmbH nicht zu­zu­rech­nen, wenn er auf­grund ei­nes ver­deck­ten Treu­hand­verhält­nis­ses nicht wirt­schaft­li­cher Ei­gentümer des von Fa­mi­li­en­mit­glie­dern un­ent­gelt­lich über­tra­ge­nen GmbH-An­teils ist.

Der Sach­ver­halt:
Der im Jahr 1993 ge­bo­rene Kläger war im Streit­jahr 1998 fünf Jahre alt. Seine El­tern gründe­ten mit sei­ner Großmut­ter die S-GmbH. Das Stamm­ka­pi­tal der Ge­sell­schaft i.H.v. ins­ge­samt 50.000 DM wurde von der Großmut­ter i.H.v. 20.000 DM und von den El­tern i.H.v. je­weils 15.000 DM über­nom­men. Der Va­ter des Klägers veräußerte seine Be­tei­li­gung an der GmbH i.G. an einen sei­ner An­ge­stell­ten.

Die­ser über­trug we­nig später den GmbH-An­teil an die Großmut­ter des Klägers. Im Jahr 1996 wurde der Va­ter zum Ge­schäftsführer der S-GmbH be­stellt. Die Großmut­ter und Mut­ter des Klägers über­tru­gen im Jahr 1998 ihre Ge­schäfts­an­teile an der S-GmbH je zur Hälfte im Wege der Schen­kung an den Kläger und sei­nen Bru­der. Zur Voll­zie­hung der Schen­kung wurde ein Rechts­an­walt der Fir­men­gruppe des Va­ters zum Ergänzungs­pfle­ger be­stellt.

Das Fi­nanz­amt stellte bei ei­ner Außenprüfung fest, dass die S-GmbH im Jahr 1998 Fahr­zeuge un­ter dem er­ziel­ba­ren Markt­preis an die Firma E-GmbH veräußert habe. Ge­sell­schaf­ter der E-GmbH wa­ren die Mut­ter und Großmut­ter des Klägers, so­dass eine ver­deckte Ge­winn­aus­schüttung (vGA) i.H.v. ins­ge­samt 775.000 DM an­zu­set­zen und dem Kläger und sei­nem Bru­der je hälf­tig zu­zu­rech­nen sei. Die Ver­an­la­gungs­stelle folgte den Fest­stel­lun­gen der Außenprüfung und er­ließ einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 1998.

Das FG wies die Klage teil­weise ab. Es be­jahte eine dem Kläger zu­zu­rech­nende vGA dem Grunde nach, re­du­zierte je­doch den Be­trag der vGA auf 325.000 DM. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die vGA ist auf­grund ei­nes ver­deck­ten Treu­hand­verhält­nis­ses nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO nicht dem Kläger zu­zu­rech­nen.

Die Zu­rech­nung von Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen aus ei­ner vGA rich­tet sich nach § 20 Abs. 2a EStG. An­teils­eig­ner i.S.d. Vor­schrift ist der­je­nige, dem nach § 39 AO die An­teile an der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft zu­zu­rech­nen sind. Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirt­schaftsgüter dem Ei­gentümer zu­zu­rech­nen. Ei­gentümer i.S.d. Re­ge­lung ist der zi­vil­recht­li­che Ei­gentümer bzw. In­ha­ber des Wirt­schafts­guts. Ab­wei­chend von § 39 Abs. 1 AO be­stimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO, dass bei Treu­hand­verhält­nis­sen die Wirt­schaftsgüter dem Treu­ge­ber zu­zu­rech­nen sind. Diese Vor­schrift greift je­doch nur dann ein, wenn im kon­kre­ten Ein­zel­fall ein steu­er­lich an­zu­er­ken­nen­des Treu­hand­verhält­nis be­steht. Dies ist vor­lie­gend zu be­ja­hen, so­dass die Frage, ob der Kläger nach zi­vil­recht­li­chen Grundsätzen wirk­sam Ei­gen­tum an den An­tei­len der S-GmbH er­wor­ben hat, of­fen­blei­ben kann.

Nach ständi­ger höchstrich­ter­li­cher Recht­spre­chung ist ein Treu­hand­verhält­nis nur dann ge­ge­ben, wenn die mit der recht­li­chen Ei­gentümer- bzw. In­ha­ber­stel­lung ver­bun­dene Verfügungs­macht so zu Guns­ten des Treu­ge­bers ein­ge­schränkt ist, dass das recht­li­che Ei­gen­tum bzw. die recht­li­che In­ha­ber­schaft als "leere Hülle" er­scheint. Der Treu­ge­ber muss das Treu­hand­verhält­nis be­herr­schen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder ge­trof­fe­nen Ab­spra­chen, son­dern auch bei de­ren tatsäch­li­chem Voll­zug. Der Treu­ge­ber muss darüber hin­aus be­rech­tigt sein, je­der­zeit die Rück­gabe des Treu­guts zu ver­lan­gen.

Bei Be­ach­tung die­ser Grundsätze hält die Würdi­gung des FG, der GmbH-An­teil sei dem Kläger auch wirt­schaft­lich zu­zu­rech­nen, da kein Treu­hand­verhält­nis vor­ge­le­gen habe, re­vi­si­ons­recht­li­cher Prüfung nicht stand. Der Schluss des FG, es sei bei der Über­tra­gung des An­teils an der S-GmbH auf den Kläger nicht le­dig­lich die for­male Einräum­ung ei­ner Treu­hand­stel­lung be­ab­sich­tigt ge­we­sen, ist rechts­feh­ler­haft, denn er wird nicht von der Aus­sage des als Zeu­gen ver­nom­me­nen Ergänzungs­pfle­gers ge­tra­gen. Nach des­sen An­gabe hat der Va­ter Mit­glie­der sei­ner Fa­mi­lie und An­ge­stellte als Ge­sell­schaf­ter sei­ner Fir­men ein­ge­setzt, um Ge­sell­schafts­an­teile dem Zu­griff sei­ner Gläubi­ger zu ent­zie­hen. Al­lein zu die­sem Zweck sei der GmbH-An­teil auf den Kläger über­tra­gen wor­den. Der Va­ter habe die Fa­mi­lie be­herrscht und je­der­zeit die Rücküber­tra­gung der GmbH-An­teile ver­lan­gen können.

Die zi­vil­recht­li­che Stel­lung des ge­schäfts­unfähi­gen Klägers als Ge­sell­schaf­ter der S-GmbH war da­nach le­dig­lich eine leere Hülle. Es be­stand ein Treu­hand­verhält­nis, das auch voll­zo­gen wurde. Des­sen steu­er­li­cher An­er­ken­nung steht die feh­lende no­ta­ri­elle Be­ur­kun­dung der Treu­hand­ab­rede schon des­halb nicht ent­ge­gen, weil der BGH erst nach dem Streit­jahr 1998 in sei­nem Ur­teil vom 19.4.1999 (II ZR 365/97) ent­schie­den hat, dass ein Treu­hand­ver­trag über einen GmbH-Ge­schäfts­an­teil dem Form­zwang des § 15 Abs. 4 GmbHG un­ter­liegt. Der GmbH-An­teil war dem Kläger als Treuhänder da­nach wirt­schaft­lich nicht zu­zu­rech­nen.

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