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Zur Anwendbarkeit von § 1 Abs. 2 KBV im finanzgerichtlichen Verfahren

BFH 3.6.2013, V B 4/13

Ein FG ist an die Be­schränkun­gen nach § 1 Abs. 2 KBV ge­bun­den, wenn das Fi­nanz­amt zu­vor auf Grund­lage die­ser Be­stim­mung die Ände­rung ei­ner Steu­er­fest­set­zung ab­ge­lehnt hat. Denn ist § 1 Abs. 2 KBV auch im fi­nanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren zu be­ach­ten, gilt dies auch dann, wenn sich die Frage nach ei­ner An­wen­dung die­ser Vor­schrift erst­mals im fi­nanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren stellt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte beim Fi­nanz­amt ihre Um­satz­steu­er­erklärung für das Jahr 2009 ein­ge­reicht. Dar­aus er­gab sich eine Um­satz­steuer von 2.073 €, die nach § 168 S. 1 AO als Steu­er­fest­set­zung un­ter Vor­be­halt der Nachprüfung galt. In ih­rer Um­satz­steu­er­erklärung machte die Kläge­rin nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG einen Min­de­rungs­be­trag i.H.v. 9,79 € gel­tend.

Später änderte die Fi­nanz­behörde al­ler­dings die Um­satz­steu­er­fest­set­zung auf rund 2.092 €, in­dem sie das Vor­zei­chen für den Be­trag (Steu­er­beträge die nach § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG ge­schul­det wer­den) kor­ri­gierte und da­durch die Steuer um den­sel­ben Be­trag erhöhte. Im Ein­spruchs­ver­fah­ren erläuterte der steu­er­li­che Ver­tre­ter der Kläge­rin, dass es sich bei dem Min­de­rungs­be­trag von 9,79 € nicht um eine Ände­rung i.S.v. § 17 UStG ge­han­delt habe, son­dern dass die­ser Be­trag dazu diene, die Um­satz­steuer um einen Be­trag un­ter 10 € ab­zu­run­den, um § 1 Abs. 2 der Klein­be­trags­ver­ord­nung (KBV) aus­zu­nut­zen. So ver­fahre er bei al­len Man­dan­ten.

Der Ein­spruch blieb er­folg­los, ge­nauso wie die Klage vor dem FG. Die­ses ging da­von aus, dass sich die ma­te­ri­ell-recht­lich rich­tige Steuer auf rund 2.082 € be­laufe, einem ge­genüber der Steu­erklärung der Kläge­rin um 9,79 € erhöhten Be­trag. Da­nach sei der er­las­sene Steu­er­be­scheid zwar ma­te­ri­ell-recht­lich um 9,79 € zu min­dern. Hieran sei das Ge­richt aber durch § 1 Abs. 2 KBV ge­hin­dert. Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde der Kläge­rin blieb vor dem BFH ohne Er­folg.

Die Gründe:
Eine von der Kläge­rin gel­tend ge­machte Di­ver­genz zum BFH-Ur­teil vom 16.2.2011 (Az.: X R 21/10) lag nicht vor. Der BFH hatte in die­sem Ur­teil die Rechtsgültig­keit von § 1 Abs. 2 KBV im Hin­blick auf die Ermäch­ti­gungs­grund­lage in § 156 AO bestätigt und zu­dem ent­schie­den, dass diese Vor­schrift auch im fi­nanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren an­zu­wen­den sei. In­fol­ge­des­sen war auch das FG an die Be­schränkun­gen nach § 1 Abs. 2 KBV ge­bun­den, wenn das Fi­nanz­amt zu­vor auf Grund­lage die­ser Be­stim­mung die Ände­rung ei­ner Steu­er­fest­set­zung ab­ge­lehnt hatte. Denn ist § 1 Abs. 2 KBV auch im fi­nanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren zu be­ach­ten, gilt dies auch dann, wenn sich die Frage nach ei­ner An­wen­dung die­ser Vor­schrift erst­mals im fi­nanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren stellt. So­mit hatte das FG im vor­lie­gen­den Fall die Min­de­rung der an­ge­foch­te­nen Steu­er­fest­set­zung um 9,79 € zu Recht ab­ge­lehnt, so dass in­so­weit auch keine grundsätz­li­che Be­deu­tung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO er­kenn­bar war.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin lag auch kein Ver­stoß ge­gen § 96 Abs. 1 S. 1 FGO vor. Denn in­so­weit berück­sich­tigte die Kläge­rin nicht hin­rei­chend, dass der Um­stand, dass das FG zu ei­ner an­de­ren recht­li­chen Würdi­gung als die Kläge­rin ge­langte, kei­nen Gehörs­ver­stoß begründet. Das FG ging da­von aus, dass ent­ge­gen dem Kla­ge­an­trag eine Her­ab­set­zung der fest­ge­setz­ten Steuer auf 2.073 € be­reits des­halb nicht in Be­tracht kam, weil sich diese Steuer nur er­gab, weil die Kläge­rin von der ma­te­ri­ell-recht­lich zu­tref­fen­den Steuer von 2.082 € rechts­wid­rig - als "Min­de­rungs­be­trag" und ohne Be­zug zu § 17 UStG - einen Be­trag von 9,79 € ab­ge­zo­gen hatte. Ei­ner Her­ab­set­zung auf die zu­tref­fende Steuer i.H.v. 2.082 € stand schließlich § 1 Abs. 2 KBV ent­ge­gen. Dass sich der von der Kläge­rin er­strebte Vor­teil aus der An­wen­dung von § 1 Abs. 2 KBV da­durch in sein Ge­gen­teil ver­kehrte, war im Übri­gen eine Folge der Rechts­an­wen­dung im Ein­zel­fall, de­ren Be­an­stan­dung im Be­schwer­de­ver­fah­ren aber nicht zu ei­ner Re­vi­si­ons­zu­las­sung führt.

Link­hin­weis:

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