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Rechtsberatung

Zigaretten-Automaten im Kassenbereich eines Supermarktes zulässig

LG München 5.7.2018, 17 HK O 17753/17

Die fi­nale Kauf­ent­schei­dung fällt erst dann, wenn der Ver­brau­cher die ent­spre­chende Zi­ga­ret­ten-Pa­ckung tatsäch­lich an der Kasse dem dor­ti­gen Per­so­nal vor­legt und zu er­ken­nen gibt, dass er diese tatsäch­lich käuf­lich er­wer­ben will. Zu­vor hat der Kunde noch genügend Zeit, die Pa­ckung in Au­gen­schein zu neh­men und kann so­mit auch die ge­sund­heits­be­zo­ge­nen Warn­hin­weise wahr­neh­men und Schluss­fol­ge­run­gen aus die­sen in seine Kauf­ent­schei­dung ein­fließen las­sen.

Der Sach­ver­halt:

Bei dem Kläger han­delt es sich um eine qua­li­fi­zierte Ein­rich­tung i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i.V.m. § 4 UKlaG. Der Be­klagte be­treibt in München zwei Su­permärkte. In den dor­ti­gen Ver­kaufsräumen bie­tet der Be­klagte di­verse Ta­bak­er­zeug­nisse zum Kauf an, wo­bei die an­ge­bo­te­nen Zi­ga­ret­ten in einem Wa­ren­au­to­ma­ten für Kun­den be­reit­ge­hal­ten wer­den. Der Kunde drückt auf die Sor­ten­wahl­taste des Au­to­ma­ten und erhält die gewünschte Marke, wenn der Schacht befüllt ist. Die ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­nen ge­sund­heits­be­zo­ge­nen Warn­hin­weise auf den Pa­ckun­gen sind durch die­sen Wa­ren­au­to­ma­ten al­ler­dings vollständig ver­deckt und für die Kun­den des Su­per­mark­tes nicht sicht­bar.

Weil der Kläger dies für wett­be­werbs­recht­lich un­zulässig er­ach­tet hatte, mahnte er im Juli 2017 den Be­klag­ten ab und for­derte ihn zur Ab­gabe ei­ner straf­be­wehr­ten Un­ter­las­sungs­erklärung auf. Da eine sol­che nicht ab­ge­ge­ben wor­den war, machte der Kläger den Un­ter­las­sungs­an­spruch im Kla­ge­wege gel­tend. Er war der An­sicht, der gel­tend ge­machte Un­ter­las­sungs­an­spruch er­gebe sich zunächst aus § 3a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Ta­bak­erzV, wo­nach die ge­sund­heits­be­zo­ge­nen Warn­hin­weise auf Pa­ckun­gen und Außenver­pa­ckun­gen von Ta­bak­er­zeug­nis­sen zum Zeit­punkt des in Ver­kehr­brin­gens, ein­schließlich des An­bie­tens zum Ver­kauf, nicht teil­weise oder vollständig ver­deckt oder ge­trennt wer­den dürfen.

Das LG wies die Klage ab.

Die Gründe:

Der gel­tend ge­machte Un­ter­las­sungs­an­spruch er­gibt sich nicht aus § 3 a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Ta­bak­erzV, da bei der ge­bo­te­nen richt­li­nien- und ge­set­zes­kon­for­men Aus­le­gung von § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Ta­bak­erzV schon kein Ver­stoß des Be­klag­ten ge­gen diese Ver­ord­nung vor­liegt. Die Kam­mer ist der An­sicht, dass der vor­lie­gende Sach­ver­halt von dem in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Ta­bak­erzV ent­hal­te­nen Ver­bot, die Warn­hin­weise zu "ver­de­cken", nicht er­fasst sein sollte. So­weit der Ver­ord­nungs­ge­ber mit der Neu­fas­sung von § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Ta­bak­erzV ein Ver­bot von Ver­kaufs­mo­da­litäten, ins­be­son­dere in Au­to­ma­ten, hätte vor­se­hen wol­len, wäre ein sol­ches je­den­falls nicht von der Ver­ord­nungs­ermäch­ti­gung in § 6 Abs. 2 Nr. 1 Ta­bak­erzG ge­deckt ge­we­sen und des­halb un­wirk­sam (zum Gan­zen so auch LG Ber­lin, Urt. v. 20.3.2018, Az. 16 O 104/17).

Der gel­tend ge­machte Un­ter­las­sungs­an­spruch er­gibt sich auch nicht aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3; 3; 5 a UWG, weil nach Auf­fas­sung der Kam­mer eine Ir­reführung sei­tens des Be­klag­ten durch Un­ter­las­sen, Ver­schwei­gen oder nicht recht­zei­ti­ges Be­reit­stel­len von we­sent­li­chen In­for­ma­tio­nen nicht vor­liegt. Zum einen stellt die an­ge­grif­fene Ver­kaufs­mo­da­lität des Be­klag­ten kein Vor­ent­hal­ten i.S.v. § 5 a UWG dar. Denn der Ver­brau­cher nimmt die ge­sund­heits­be­zo­ge­nen Warn­hin­weise je­den­falls dann zur Kennt­nis, wenn er die Sor­ten­wahl­taste des Au­to­ma­ten des Be­klag­ten betätigt hat und er dann die von ihm gewählte Schach­tel ei­ner be­stimm­ten Marke erhält, auf der un­strei­tig die ge­setz­lich vor­ge­se­he­nen ge­sund­heits­be­zo­ge­nen Hin­weise auf­ge­druckt sind. Da­mit wer­den diese ge­sund­heits­be­zo­ge­nen Hin­weise dem Kun­den nicht i.S.d. Ge­set­zes vor­ent­hal­ten. Die Hin­weise wer­den zum an­de­ren auch nicht ver­heim­licht i.S.v. § 5 a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UWG. Denn sie wer­den nicht in un­kla­rer, un­verständ­li­cher oder zwei­deu­ti­ger Weise be­reit­ge­stellt (§ 5 a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UWG).

Nach Auf­fas­sung der Kam­mer liegt auch kein Fall der nicht recht­zei­ti­gen Be­reit­stel­lung i.S.V. § 5 a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 UWG vor. We­sent­li­che In­for­ma­tio­nen sind nämlich dann nicht recht­zei­tig be­reit­ge­stellt, wenn der Ver­brau­cher sie nicht bis zu dem Zeit­punkt erhält, zu dem er sie für die je­weils zu tref­fende in­for­mierte ge­schäft­li­che Ent­schei­dung benötigt, was be­deu­tet, dass er sie noch berück­sich­ti­gen können muss. Im vor­lie­gen­den Falle kann der Ver­brau­cher die In­for­ma­tion, aber so­bald er die Schach­tel in der Hand hat, noch in seine Ent­schei­dungs­fin­dung ein­brin­gen und berück­sich­ti­gen. Die fi­nale Kauf­ent­schei­dung fällt erst dann, wenn er die ent­spre­chende Pa­ckung tatsäch­lich an der Kasse dem dor­ti­gen Per­so­nal vor­legt und zu er­ken­nen gibt, dass er diese tatsäch­lich käuf­lich er­wer­ben will. Zu­vor hat der Kunde noch genügend Zeit, die Pa­ckung in Au­gen­schein zu neh­men und kann so­mit auch die ge­sund­heits­be­zo­ge­nen Warn­hin­weise wahr­neh­men und Schluss­fol­ge­run­gen aus die­sen in seine Kauf­ent­schei­dung ein­fließen las­sen.

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