Der Sachverhalt:
Das beklagte Unternehmen betreibt über 140 Augenoptikfachgeschäfte in Deutschland. Auf ihrer Internetseite warb die Beklagte mit Brillengeschenken für Angehörige bestimmter Berufsgruppen im Zusammenhang mit der Corona-Krise (Gratisbrille für "unsere Helden - exklusiv für Pflegerinnen, Pfleger, Ärztinnen und Ärzte").
Gegen diese im April 2020 erschienene Anzeige wehrt sich der klagende Verband, der nach seiner Satzung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder fördert. Er strebt den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung der entsprechenden Werbung an.
Das LG wies den Antrag zurück. Auf die Beschwerde des Klägers gab das OLG dem Antrag statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für den Erlass einer Untersagungsverfügung und damit eines Werbeverbots liegen vor. Dies folgt aus §§ 8 Abs. 3 Nr.2, 3, 3a UWG und § 7 Abs. 1 HWG. Bei der Werbung handelt es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung, da die kostenlose Abgabe von Brillen gegen § 7 Abs.1 HWG verstößt.
Nach dieser Vorschrift ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) für Medizinprodukte wie Brillen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, soweit die Werbemittel nicht unter die dort genannten Ausnahmetatbestände fallen. Im Streitfall liegt auch eine von dem Verbot erfasste Produktwerbung vor, da das Optikunternehmen damit für sein Produktsortiment mit bestimmten Kollektionen und Gläsern einer bestimmten Marke wirbt. Daher liegt nicht bloß eine allgemeine Firmenwerbung vor, die nach dem HWG erlaubt ist.
Zudem handelt es sich bei der kostenlosen Abgabe einer Brille, auch im Rahmen einer Dankesaktion für "Corona-Helden", um eine Werbegabe i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG. Von ihr geht die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten aus. Nach der Rechtsprechung des BGH wird eine unmittelbare Kopplung zwischen dem Erhalt der Werbegabe und einer Kaufentscheidung für das Bestehen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung nicht vorausgesetzt. Vielmehr sind hier die Grundsätze der sog. Publikumswerbung anzuwenden, wonach allein die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Beschenkten ausreicht.
Diese Gefahr liegt vorliegend nicht darin begründet, dass der von der Werbung angesprochene Adressat eine Entscheidung über eine von ihm zu bezahlende Leistung trifft, die er sonst nicht in Anspruch genommen hätte, sondern darin, dass er sich für die Leistung (Brillengestell und Glas) entscheidet, ohne die Produkte der Mitbewerber in seine Entscheidung einzubeziehen. Daneben erscheint es denkbar, dass die Beschenkten aus Dankbarkeit weitere Brillen der Beklagten, wie etwa eine Sonnenbrille, kostenpflichtig erwerben.
Eine Augenoptiker-Kette (mit mehr als 140 Augenoptikfachgeschäften in Deutschland) darf im Zusammenhang mit der Corona-Krise nicht mit Brillengeschenken für Angehörige bestimmter Berufsgruppen auf seiner Internetseite werben. Bei der Werbung handelt es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung, da die kostenlose Abgabe von Brillen gegen § 7 Abs.1 HWG verstößt.