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Vorzeitig beendete Treuepunkte-Aktion irreführend

BGH 16.5.2013, I ZR 175/12

Wenn von einem Un­ter­neh­men in der Wer­bung für eine Ra­batt­ak­tion feste zeit­li­che Gren­zen an­ge­ge­ben wer­den, so muss es sich grundsätz­lich hieran fest­hal­ten las­sen. Wird die Ak­tion vor Ab­lauf der an­ge­ge­be­nen Zeit be­en­det, liegt darin in der Re­gel eine Ir­reführung der mit der Wer­bung an­ge­spro­che­nen Ver­brau­cher.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klagte be­treibt ein Ein­zel­han­dels­un­ter­neh­men mit zahl­rei­chen Fi­lia­len im ge­sam­ten Bun­des­ge­biet. Sie warb im Frühjahr 2011 in Zu­sam­men­ar­beit mit dem Mar­ken­her­stel­ler Zwil­ling für eine "Treue­punkt"-Ak­tion, bei der Kun­den für 5 € Ein­kaufs­wert einen Treue­punkt er­hiel­ten. Die Treue­punkte konn­ten in ein zu der Ak­tion gehören­des Ra­battheft ge­klebt wer­den. Ein voll­ge­kleb­tes Heft konnte der Kunde einlösen und ge­gen Zah­lung ei­nes im Verhält­nis zum tatsäch­li­chen Wert ge­rin­gen Auf­prei­ses in den Märk­ten der Be­klag­ten Mes­ser von Zwil­ling er­wer­ben.

Das Ra­battheft ent­hielt einen Hin­weis dar­auf, dass bis zum 23.7.2011 Treue­punkte ge­sam­melt und bis zum 6.8.2011 ein­gelöst wer­den könn­ten. Auf eine Vor­rats­be­gren­zung oder eine mögli­che vor­zei­tige Be­en­di­gung der Ak­tion wurde nicht hin­ge­wie­sen. Auf­grund ei­ner ho­hen Nach­frage konnte der Be­darf nach den im Rah­men der Ra­batt­ak­tion aus­ge­lob­ten Zwil­ling-Mes­sern nicht ge­deckt wer­den. Die Be­klagte be­en­dete die Ak­tion des­halb nach Er­schöpfung ih­res Ak­ti­ons­vor­rats von 3,2 Mio. Mes­sern Ende Mai 2011 rd. zwei Mo­nate früher als an­gekündigt. Die Kun­den wur­den ab dem 16.5.2011 u.a. über Hand­zet­tel, Hin­weis­ta­feln in den Ge­schäften und im In­ter­net über das vor­zei­tige Ende der Treue­punkte-Ak­tion in­for­miert.

Bei der Pla­nung im Jahr 2009 war die Be­klagte von ei­ner höchs­tens zu er­war­ten­den Nach­frage von 2,8 Mio. Mes­sern aus­ge­gan­gen. Im Rah­men ei­ner eben­falls mit Zwil­ling im Jahre 2007 durch­geführ­ten Mes­ser-Ak­tion wa­ren etwa 2 Mio. Mes­ser ab­ge­setzt wor­den. Die kla­gende Ver­brau­cher­zen­trale Ba­den-Würt­tem­berg nahm die Be­klagte, nach­dem sich viele Ver­brau­cher bei ihr we­gen der vor­zei­ti­gen Be­en­di­gung der Treue­punkte-Ak­tion be­schwert hat­ten, auf Un­ter­las­sung in An­spruch.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Re­vi­sion der Be­klag­ten hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Die An­nahme des OLG, die von der Kläge­rin be­an­stan­dete "Treue­punkte"-Ak­tion sei der Be­klag­ten gem. §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG zu un­ter­sa­gen, ist nicht zu be­an­stan­den.

Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG ist die ir­reführende Ankündi­gung ei­ner Ver­kaufsförde­rungsmaßnahme un­lau­ter; ins­be­son­dere kann sich die Ankündi­gung ei­ner Ra­batt­ak­tion als ir­reführend er­wei­sen, wenn ein für einen be­fris­te­ten Zeit­raum an­gekündig­ter Ra­batt­ver­kauf vor­zei­tig be­en­det wird. Für die Be­wer­bung ei­ner be­fris­te­ten Ra­batt­ak­tion gilt grundsätz­lich nichts an­de­res. Kündigt ein Kauf­mann die Gewährung ei­ner Vergüns­ti­gung von vorn­her­ein mit ei­ner fes­ten zeit­li­chen Grenze an, muss er sich daran grundsätz­lich fest­hal­ten las­sen.

Wird der zeit­li­che Rah­men der Ra­batt­ak­tion auf­grund von Umständen verändert, die nach dem Er­schei­nen der Wer­bung ein­ge­tre­ten sind, ist da­nach zu un­ter­schei­den, ob diese Umstände für den Un­ter­neh­mer un­ter Berück­sich­ti­gung fach­li­cher Sorg­falt vor­aus­seh­bar wa­ren und des­halb bei der Pla­nung der be­fris­te­ten Ak­tion und der ent­spre­chen­den Wer­bung hätten berück­sich­tigt wer­den können. Da­bei hat der Wer­bende die Umstände dar­zu­le­gen, die für die Un­vor­her­seh­bar­keit der Verkürzungs- oder Verlänge­rungsgründe und für die Ein­hal­tung der fach­li­chen Sorg­falt spre­chen. Von er­heb­li­cher in­di­zi­el­ler Be­deu­tung dafür, ob der Wer­bende die not­wen­dige Sorg­falt an­ge­wandt hat, sind da­bei die Er­fah­run­gen, die er bei früheren ähn­li­chen Ver­kaufsförde­rungsmaßnah­men ge­sam­melt hat.

Vor­lie­gend hätte die Be­klagte auf­grund von zwei im Jahre 2010 durch­geführ­ten Ak­tio­nen mit Handtüchern der Marke "Möwe" (3 Mio. Stück) und Kochtöpfen des Her­stel­lers "WMF" (4,2 Mio. Stück) er­ken­nen und da­her berück­sich­ti­gen müssen, dass die von ihr kal­ku­lierte An­zahl von 2,8 Mio. Mes­sern evtl. nicht aus­rei­chen würde. Zum Zeit­punkt der Veröff­ent­li­chung hätte sie ohne wei­te­res in der Ankündi­gung oder in den Teil­nah­me­be­din­gun­gen mit der ge­bo­te­nen Deut­lich­keit dar­auf hin­wei­sen können, dass die "Ra­batt­ak­tion" vor­zeigt be­en­det wer­den könnte, falls der Vor­rat an Mes­sern wi­der Er­war­ten frühzei­tig er­schöpft sei.

Un­abhängig da­von wäre die Ankündi­gung der Ra­batt­ak­tion selbst dann ir­reführend, wenn die Be­klagte trotz Ein­hal­tung der fach­li­chen Sorg­falt durch eine un­er­war­tete Nach­frage über­rascht wor­den wäre. Für einen vollständi­gen Ab­bruch der Ra­batt­ak­tion hätte nämlich auch dann kein An­lass be­stan­den. Die Be­klagte hätte den enttäusch­ten Kun­den dann eine Al­ter­na­tive an­bie­ten müssen, etwa den Er­werb ei­ner an­de­ren Ware, den Er­werb der aus­ge­lob­ten Mes­ser zu einem deut­lich späte­ren Zeit­punkt, zu dem der Her­stel­ler wie­der zu lie­fern im­stande ge­we­sen wäre, oder durch Gewährung ei­nes Ein­kaufs­gut­scheins. Die an­ge­spro­che­nen Ver­kehrs­kreise rech­nen auch im Falle ei­ner ganz un­er­war­tet ho­hen Nach­frage nicht da­mit, dass die an­ge­spar­ten Ra­batt­mar­ken ein­fach ver­fal­len und kei­ner­lei Wert mehr ha­ben sol­len.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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