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Vorfälligkeitsentschädigung bei Kündigung des Darlehensvertrags

BGH 20.2.2018, XI ZR 445/17

Dem Dar­le­hens­ge­ber steht bei ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Dar­le­hens­ver­trags auf­grund Zah­lungs­ver­zugs des Dar­le­hens­neh­mers, der nicht Ver­brau­cher ist, ge­gen die­sen gem. § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB als Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ein An­spruch auf eine Vorfällig­keits­ent­schädi­gung zu, de­ren Höhe er auf den Zeit­punkt des Wirk­sam­wer­dens der Kündi­gung be­rech­nen kann.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Nach­lass­ver­wal­te­rin des ver­stor­be­nen B. Die­ser war ge­mein­sam mit N Ei­gentümer meh­re­rer Grundstücke. Die Grundstücke wa­ren mit einem Wohn- und Gaststätten­gebäude, einem Apart­ment­haus mit 12 Woh­nun­gen, einem Mehr­fa­mi­li­en­haus mit sechs ver­mie­te­ten Woh­nun­gen und einem Ein­fa­mi­li­en­haus mit Scheune be­baut. Be­trie­ben wurde der Kom­plex u.a. von der GbR B&N. Zur Fi­nan­zie­rung der Im­mo­bi­lien hat­ten die Ei­gentümer bei der Be­klag­ten in der Zeit von Fe­bruar 2007 bis April 2009 ins­ge­samt vier Dar­le­hen mit fes­ter Lauf­zeit auf­ge­nom­men. Die Dar­le­hen wa­ren alle durch Grund­schul­den auf dem Grund­be­sitz der bei­den Dar­le­hens­neh­mer ge­si­chert.

Im Fe­bruar und April 2012 kündigte die Be­klagte alle vier Dar­le­hen außer­or­dent­lich we­gen Zah­lungs­ver­zugs und machte zu­gleich Ver­zugs­zin­sen so­wie einen Re­fi­nan­zie­rungs­scha­den gel­tend. Auf­grund ei­nes von der Be­klag­ten be­trie­be­nen Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fah­rens in die Im­mo­bi­lien wur­den diese im Sep­tem­ber 2015 ver­kauft. Die Be­klagte be­hielt einen Be­trag für die Ver­zugs­zin­sen und zum Aus­gleich der Re­fi­nan­zie­rungs­schäden einen Be­trag i.H.v. rd. 246.000 € ein. Den rest­li­chen Kauf­preis kehrte sie an die Kläge­rin aus.

Mit der Klage ver­langte die Kläge­rin von der Be­klag­ten die Zah­lung des als Vorfällig­keits­ent­schädi­gung ein­be­hal­te­nen Be­trags i.H.v. rd. 246.000 €. Das LG gab der Klage i.H.v. rd. 84.000 € statt und wies sie im Übri­gen ab. Auf die da­ge­gen ge­rich­tete Be­ru­fung der Be­klag­ten wies das OLG die Klage ins­ge­samt ab. Die da­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion führte zur Auf­he­bung des Ur­teils des OLG und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG.

Die Gründe:
Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­ben Begründung kann ein An­spruch der Be­klag­ten auf Vorfällig­keits­ent­schädi­gung in der gel­tend ge­mach­ten Höhe nicht be­jaht wer­den. Der Be­klag­ten steht al­ler­dings ein An­spruch auf Zah­lung ei­ner Vorfällig­keits­ent­schädi­gung aus § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB im Hin­blick auf alle vier streit­ge­genständ­li­chen Dar­le­hen zu. Wird ein Dar­le­hens­ver­trag mit fes­ter Lauf­zeit durch frist­lose Kündi­gung der kre­dit­ge­ben­den Bank aus wich­ti­gem Grund - wie hier - vor­zei­tig auf­gelöst, weil der Dar­le­hens­neh­mer sei­nen Ver­pflich­tun­gen schuld­haft nicht nach­ge­kom­men ist, so steht der Bank ein An­spruch auf Er­satz des Scha­dens zu, den sie durch die vor­zei­tige Be­en­di­gung des Ver­trags er­lei­det. Dies ist hier der Fall. Die Dar­le­hens­neh­mer B und N ha­ben ihre Pflicht zur Erfüllung der Zins- und Til­gungs­leis­tun­gen ver­letzt und da­durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Dar­le­hens­verträge ver­an­lasst.

Der An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ist auch nicht gem. § 497 Abs. 1 BGB a.F. aus­ge­schlos­sen. Die Kläge­rin kann sich auf diese Vor­schrift nicht be­ru­fen, da die von den Dar­le­hens­neh­mern B und N mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Dar­le­hens­verträge keine Ver­brau­cher­dar­le­hens­verträge i.S.d. § 492 Abs. 1a S. 2 BGB a.F. sind. Bei der mit der Im­mo­bi­li­en­ver­wal­tung ver­bun­de­nen Tätig­keit der Dar­le­hens­neh­mer B und N han­delt es sich nach Um­fang, Kom­ple­xität und An­zahl der da­mit ver­bun­de­nen Vorgänge nach dem Ge­samt­bild um eine ge­werb­li­che Ver­wal­tung ei­ge­nen Vermögens. Sie han­del­ten da­her nicht als Ver­brau­cher.

Der Dar­le­hens­ge­ber kann bei der Be­rech­nung der Vorfällig­keits­ent­schädi­gung auch für den Stich­tag auf den Zeit­punkt des Wirk­sam­wer­dens der Kündi­gung der Dar­le­hen und nicht auf den Tag der Rück­zah­lung der Dar­le­hens­summe ab­stel­len. Denn der Leis­tungs­an­spruch wird durch § 281 Abs. 1 BGB in einem Scha­dens­er­satz­an­spruch um­ge­wan­delt. Da­bei ist der maßgeb­li­che Zeit­punkt der Tag der Scha­dens­ent­ste­hung.

Die Be­rech­nung der Vorfällig­keits­ent­schädi­gung durch die Be­klagte ist je­doch nicht zulässig. Die Be­klagte hat da­bei den Verzöge­rungs­scha­den und den Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung in un­zulässi­ger Weise mit­ein­an­der ver­mischt. Der Dar­le­hens­ge­ber hat nur wahl­weise einen An­spruch auf Er­satz sei­nes Verzöge­rungs­scha­dens nach § 280 Abs. 1 und 2 BGB, § 286 BGB oder einen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB. Er kann, wenn er den Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung wählt, nur so ge­stellt wer­den, wie er ste­hen würde, wenn der Dar­le­hens­neh­mer den Ver­trag ord­nungs­gemäß erfüllt hätte. Die Be­rech­nung der Be­klag­ten wird dem nicht ge­recht, in­dem sie im Hin­blick auf die in nicht ab­ge­zinster Höhe fällig ge­stellte Rest­dar­le­hens­va­luta den Verzöge­rungs­scha­den ver­langt und da­ne­ben für die ent­gan­ge­nen Zins­zah­lun­gen Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­langt. Dies ist un­zulässig.

Link­hin­weis:
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