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Steuerberatung

Vermögen einer unselbständigen Stiftung liechtensteinischen Rechts als Nachlassvermögen des Stifters

BFH v. 5.12.2018 - II R 9/15

Das ei­ner un­selbständi­gen Stif­tung liech­ten­stei­ni­schen Rechts über­tra­gene, je­doch wei­ter dem Stif­ter zu­zu­rech­nende Vermögen gehört beim Tode des Stif­ters zum Er­ban­fall, wenn die Herr­schafts­be­fug­nisse des Stif­ters ver­erb­lich sind.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist auf­grund no­ta­ri­el­len Tes­ta­ments von Fe­bruar 2005 Al­lein­erbe der 1906 ge­bo­re­nen und im Juli 2009 ver­stor­be­nen Erb­las­se­rin (E). E hatte als Stif­te­rin im Jahr 1999 Vermögen auf eine neu gegründete Stif­tung über­tra­gen. Die Stif­tung war mit Sta­tut von Fe­bruar 1999, geändert im Juni 2009, als un­be­fris­tete Stif­tung i.S.d. Art. 552 ff. des liech­ten­stei­ni­schen Per­so­nen- und Ge­sell­schafts­rechts (PGR) mit Sitz in Va­duz, Liech­ten­stein, er­rich­tet wor­den. Zweck der Stif­tung war die Aus­rich­tung von Beiträgen zu­guns­ten An­gehöri­ger be­stimm­ter Fa­mi­lien, nach dem Tod der Erst­begüns­tig­ten, der E, je­doch aus­schließlich die Aus­rich­tung von Beiträgen an Pro­jek­ten des O. Der von der Stif­te­rin be­stellte Stif­tungs­rat konnte in Bei­sta­tu­ten Begüns­tigte be­stim­men, fer­ner ein­stim­mig die Sta­tu­ten ändern und die Stif­tung in eine an­dere Rechts­form um­wan­deln oder auflösen. Aus ei­ner späte­ren Bestäti­gung der Mit­glie­der des Stif­tungs­ra­tes er­gibt sich, dass der Stif­tungs­rat im Rah­men der Man­dats­ausübung in vol­lem Um­fang an die An­wei­sun­gen der E ge­bun­den und nicht zu ei­ner selbständi­gen Ausübung des Man­dats be­rech­tigt war.

In dem Sta­tut von Juni 2009 war ge­re­gelt, dass ergänzend Aus­schüttun­gen an natürli­che und ju­ris­ti­sche Per­so­nen außer­halb des ge­nann­ten Fa­mi­li­en­krei­ses vor­ge­nom­men wer­den konn­ten. Die Stif­te­rin konnte im Rah­men des Bei­sta­tuts oder ei­nes Re­gle­ments kon­krete und ver­bind­li­che Kri­te­rien für die dem Stif­tungs­rat ob­lie­gende Ver­wal­tung des Stif­tungs­vermögens fest­le­gen. Sie konnte die Sta­tu­ten und Bei­sta­tu­ten je­der­zeit abändern so­wie die Stif­tung je­der­zeit ohne An­gabe von Gründen wi­der­ru­fen. Mit Bei­sta­tut von Juni 2009 be­stimmte der Stif­tungs­rat der Stif­tung die E je­weils zur Erst­begüns­tig­ten. Nach de­ren Tode wa­ren Beträge für den Ku­ra­tor so­wie für den Tier­schutz vor­ge­se­hen. Begüns­tig­ter des rest­li­chen Vermögens war der Kläger. Das Bei­sta­tut war zu Leb­zei­ten der E wi­der­ruf­lich und nach de­ren Tode un­wi­der­ruf­lich.

Die aus der Stif­tung von 1999 bis 2008 er­ziel­ten Erträge hatte die Erb­las­se­rin bei der Ein­kom­men­steuer nicht erklärt. Dies holte der Kläger nach ih­rem Tode im Au­gust 2009 nach. Zu­dem gab er im Ja­nuar 2010 eine Erb­schaft­steu­er­erklärung ab. Er wies darin auf das Stif­tungs­vermögen in Liech­ten­stein hin und ver­trat die Auf­fas­sung, es läge eine von der Stif­te­rin be­herrschte abhängige Stif­tung i.S.d. Ur­teils des BFH vom 28.6.2007 (II R 21/05) vor, de­ren Vermögen der Stif­te­rin zu­zu­rech­nen sei. Seine auf den Stif­tungs­sta­tu­ten be­ru­hende Begüns­ti­gung führe je­doch nicht zu einem steu­er­pflich­ti­gen Vor­gang gem. § 1 ErbStG. Das Fi­nanz­amt hielt das Vermögen der Stif­tung - nach Ab­zug der Beträge für den Ku­ra­tor und den Tier­schutz - für einen Teil des Nach­las­ses und setzte die Erb­schaft­steuer auf die­ser Grund­lage ge­gen den Kläger fest.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat im Er­geb­nis zu Recht ent­schie­den, dass das dem Kläger zu­ste­hende (rest­li­che) Stif­tungs­vermögen der Erb­schaft­steuer un­ter­liegt. Die vom Kläger in­so­weit er­wor­bene For­de­rung der E ge­gen die Stif­tung auf Aus­keh­rung de­ren Vermögens ist Teil sei­nes steu­er­pflich­ti­gen Er­werbs von To­des we­gen.

Der Erb­schaft­steuer un­ter­liegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 ErbStG der Er­werb von To­des we­gen. Als Er­werb von To­des we­gen gilt gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG u.a. der Er­werb durch Er­ban­fall nach § 1922 BGB. Der steu­er­recht­li­che Er­werb tritt grundsätz­lich in der Per­son des­je­ni­gen ein, der auch zi­vil­recht­lich Er­wer­ber ist. Ist der Erb­las­ser zur Zeit sei­nes To­des ein Inländer, der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG im In­land einen Wohn­sitz hatte, wird die Steu­er­pflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG begründet. Bei einem Er­ban­fall mit Aus­lands­berührung ist auf der Grund­lage zi­vil­recht­li­cher Vor­schrif­ten zu ent­schei­den, wel­ches na­tio­nale Recht für den Er­ban­fall maßge­bend ist und ob ein im Aus­land be­find­li­cher Vermögens­ge­gen­stand zum Nach­lass­vermögen gehört, der durch den Er­ban­fall auf den Er­ben über­geht. Nach § 1922 i.V.m. § 1942 BGB geht das ver­erb­bare Vermögen (Erb­schaft) im Wege der Ge­samt­rechts­nach­folge als Gan­zes auf den oder die Er­ben über. Die Uni­ver­sal­suk­zes­sion ist nicht dis­po­ni­bel. Eine wirt­schaft­li­che Be­trach­tungs­weise ist in­so­weit aus­ge­schlos­sen.

Das Vermögen ei­ner in­trans­pa­ren­ten, wirk­sam gegründe­ten und recht­lich selbständi­gen Stif­tung ist dem Stif­ter nicht mehr zu­zu­rech­nen und kann schon des­halb nach inländi­schem Er­brecht - un­abhängig von dem ausländi­schen Per­so­nal­sta­tut der Stif­tung - nicht mehr der ge­setz­li­chen Erb­folge oder ei­ner Verfügung von To­des we­gen un­ter­lie­gen. Vermögens­werte, die zum Zeit­punkt des Erb­falls nicht mehr zum Vermögen des Erb­las­sers gehören, sind kein Nach­lass­vermögen und der letzt­wil­li­gen Verfügung des Erb­las­sers ent­zo­gen. Ist ei­ner Stif­tung vor dem Erb­fall tatsäch­lich und recht­lich wirk­sam Vermögen zu­ge­flos­sen, ist es nur noch der Stif­tung zu­zu­ord­nen. Der Tod des Stif­ters ist in­so­weit erb­schaft­steu­er­recht­lich nicht von Be­deu­tung.

Sind je­doch - wie hier - nach den ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen und Re­ge­lun­gen dem Stif­ter um­fas­sende Herr­schafts­be­fug­nisse über das Vermögen ei­ner ausländi­schen Stif­tung vor­be­hal­ten, so dass die Stif­tung ge­hin­dert ist, über das ihr über­tra­gene Vermögen dem Stif­ter ge­genüber tatsäch­lich und frei zu verfügen, ist das Vermögen wei­ter­hin dem Stif­ter zu­zu­rech­nen. Herr­schafts­be­fug­nisse in die­sem Sinne er­ge­ben sich z.B. durch den Vor­be­halt des Stif­ters in Be­zug auf die Ent­schei­dun­gen über die An­lage und Ver­wen­dung des Vermögens, die Möglich­keit, ganz oder teil­weise die Rücküber­tra­gung des Vermögens zu ver­lan­gen, und die Wei­sungs­un­ter­wor­fen­heit der Stif­tung und ih­rer Or­gane ge­genüber dem Stif­ter. Der Stif­ter kann auf­grund sei­ner Be­fug­nisse über das Vermögen der Stif­tung wie über ein ei­ge­nes Bank­gut­ha­ben verfügen. Dies gilt man­gels Ände­run­gen der Ver­ein­ba­run­gen oder an­der­wei­ti­ger Zwi­schen­verfügun­gen bis zum To­des­zeit­punkt.

Vom maßgeb­li­chen Erb­sta­tut ist die kol­li­si­ons­recht­lich ge­son­dert an­zuknüpfende Vor­frage zu un­ter­schei­den, ob ein Recht nach dem Tode des Erb­las­sers noch vor­han­den ist und einen Nach­lass­ge­gen­stand dar­stellt. Ob Rechte, die ih­ren Grund im Stif­tungs­recht ha­ben, dem Grunde nach ver­erb­lich sind, rich­tet sich nach dem Per­so­nal­sta­tut der Stif­tung. Die­ses Per­so­nal­sta­tut ist maßgeb­lich für die Ent­schei­dung, ob das Vermögen der Stif­tung ver­erb­bar i.S.d. § 1922 BGB ist. Eine Ver­er­bung des Stif­tungs­vermögens kommt nur in Be­tracht, wenn die­ses in Durch­bre­chung des Tren­nungs­prin­zips zunächst dem Stif­ter auf­grund der ihm zu­ste­hen­den Herr­schafts­be­fug­nisse zu­zu­rech­nen war. Wei­tere Vor­aus­set­zung ist, dass die Herr­schafts­be­fug­nisse des Stif­ters eben­falls ver­erbt wer­den können und des­halb beim Ab­le­ben des Stif­ters auf des­sen Er­ben über­ge­hen. Sind die Herr­schafts­be­fug­nisse ver­erb­lich, tritt der Erbe da­mit auch bzgl. des Stif­tungs­vermögens in die Rechts­stel­lung des Stif­ters ein. Das Stif­tungs­vermögen gehört in einem sol­chen Fall grundsätz­lich zum Nach­lass­vermögen des Stif­ters i.S.d. § 1922 BGB.

Per­so­nal­sta­tut der Stif­tung war im Streit­fall das Recht des Fürs­ten­tums Liech­ten­stein. Nach liech­ten­stei­ni­schem Recht rich­tet sich nicht nur die Wirk­sam­keit der Gründung der Stif­tung, son­dern auch die Ver­erb­lich­keit stif­tungs­recht­li­cher Rechte und Pflich­ten. Das gilt so­wohl für eine in­trans­pa­rente, also recht­lich selbständige Stif­tung mit ei­ge­nem Stif­tungs­vermögen als auch für eine trans­pa­rente Stif­tung, de­ren Vermögen we­gen Durch­bre­chung des Tren­nungs­prin­zips dem Stif­ter zu­zu­rech­nen ist. Das FG hat vor­lie­gend zu Recht ent­schie­den, dass der als Al­lein­erbe er­wor­bene An­spruch ge­gen die Stif­tung auf Aus­keh­rung des Stif­tungs­vermögens zu dem der Erb­schaft­steuer un­ter­lie­gen­den Er­werb von To­des we­gen gehört. Denn beim Ab­le­ben des Stif­ters ist der Kläger als Al­lein­erbe nach § 1922 BGB in seine Rechts­po­si­tion ein­ge­tre­ten. Die bzgl. der Stif­tung be­ste­hen­den Herr­schafts­be­fug­nisse sind auf den Kläger im Wege der Ge­samt­rechts­nach­folge über­ge­gan­gen.

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