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Verhängung von Geldbußen durch die EZB teilweise nichtig

EuG v. 8.7.2020 - T-576/18 u.a.

Das EuG hat drei Be­schlüsse der EZB, mit de­nen im Rah­men der Auf­sicht über Kre­dit­in­sti­tute Geldbußen verhängt wur­den, we­gen un­zu­rei­chen­der Begründung teil­weise für nich­tig erklärt.

Der Sach­ver­halt:
In den Rechts­sa­chen T-576/18, T-577/18 und T-578/18 hatte die EZB drei Kre­dit­in­sti­tu­ten vor­ge­wor­fen, ent­ge­gen Art. 26 Abs. 3 der VO Nr. 575/2013 Ka­pi­tal­in­stru­mente als In­stru­mente ih­res har­ten Kern­ka­pi­tals ein­ge­stuft zu ha­ben, ohne die vor­he­rige Er­laub­nis der zuständi­gen Behörde ein­ge­holt zu ha­ben, und dies als fahrlässig be­gan­gene Verstöße be­wer­tet. Ge­gen die Crédit Agri­cole SA, Kläge­rin in der Rechts­sa­che T-576/18, verhängte die EZB eine Geldbuße von 4.300.000 €, was 0,015 % des Jah­res­um­sat­zes der Crédit Agri­cole-Gruppe ent­spricht. Ge­gen die Crédit Agri­cole Cor­po­rate and In­vest­ment Bank, Kläge­rin in der Rechts­sa­che T-577/18, wurde eine Geldbuße von 300.000 € verhängt, was etwa 0,001 % des Jah­res­um­sat­zes die­ser Gruppe ent­spricht. Ge­gen CA Con­su­mer Fi­nance, Kläge­rin in der Rechts­sa­che T-578/18, wurde eine Geldbuße von 200.000 € verhängt.

Die Kre­dit­in­sti­tute er­ho­ben Nich­tig­keits­kla­gen ge­gen die Be­schlüsse der EZB. Vor dem EuG ver­tra­ten die Kläge­rin­nen die Auf­fas­sung, dass die an­ge­foch­te­nen Be­schlüsse rechts­wid­rig seien, so­weit fest­ge­stellt wor­den war, dass sie Verstöße be­gan­gen hätten, und so­weit Ver­wal­tungs­sank­tio­nen ge­gen sie verhängt wor­den wa­ren.

Das EuG hat die an­ge­foch­te­nen Be­schlüsse, so­weit Geldbußen iHv 4.300.000 €, 300.000 € und 200.000 € verhängt wur­den, we­gen un­zu­rei­chen­der Begründung für nich­tig erklärt. Ge­gen die Ent­schei­dung des EuG kann in­ner­halb von zwei Mo­na­ten und zehn Ta­gen nach ih­rer Zu­stel­lung ein auf Rechts­fra­gen be­schränk­tes Rechts­mit­tel beim EuGH ein­ge­legt wer­den.

Die Gründe:
Die EZB ist be­rech­tigt ist, eine Ver­wal­tungs­geldbuße bis zu einem Höchst­be­trag von 10% des ge­sam­ten Jah­res­um­sat­zes der Un­ter­neh­mens­gruppe, der die be­tref­fende ju­ris­ti­sche Per­son an­gehört, zu verhängen. Dem­zu­folge verfügt die EZB über ein wei­tes Er­mes­sen hin­sicht­lich der Be­mes­sung der Geldbuße. Die Wah­rung der durch die Uni­ons­rechts­ord­nung in Ver­wal­tungs­ver­fah­ren gewähr­ten Ga­ran­tien ist in ei­ner sol­chen Kon­stel­la­tion von umso grund­le­gen­de­rer Be­deu­tung. Zu die­sen Ga­ran­tien gehört u.a. der An­spruch des Be­trof­fe­nen dar­auf, dass der be­tref­fende Be­schluss recht­lich hin­rei­chend begründet wird.

Die an­ge­foch­te­nen Be­schlüsse ent­hal­ten keine ge­nauen An­ga­ben zu der von der EZB zur Be­mes­sung der verhäng­ten Geldbußen an­ge­wand­ten Me­tho­dik, son­dern le­dig­lich ei­nige Erwägun­gen zur Schwere des Ver­stoßes, zu sei­ner Dauer und zur Schwere der zur Last ge­leg­ten Pflicht­ver­let­zung so­wie die Zu­si­che­rung, dass ein oder meh­rere mil­dernde Umstände berück­sich­tigt wor­den seien.

Zu­dem hat die EZB da­durch, dass sie in den an­ge­foch­te­nen Be­schlüssen die Größe des Kre­dit­in­sti­tuts, das den be­tref­fen­den Ver­stoß be­gan­gen hat, nicht an­ge­ge­ben hat, einen Ge­sichts­punkt nicht ge­nannt, der nach ih­ren ei­ge­nen Aus­sa­gen für die Be­mes­sung der Geldbuße be­son­ders be­deu­tend ist. Die feh­lende An­gabe der Größe des be­tref­fen­den Kre­dit­in­sti­tuts hin­dert das Ge­richt daran, seine Kon­trolle über die von der EZB vor­ge­nom­me­nen Be­wer­tung der in Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 1024/2013 ge­nann­ten Kri­te­rien der Verhält­nismäßig­keit, der Wirk­sam­keit und des ab­schre­cken­den Cha­rak­ters der verhäng­ten Sank­tio­nen auszuüben.

Hin­ge­gen ha­ben die Kre­dit­in­sti­tute die Rechts­wid­rig­keit der EZB-Be­schlüsse nicht nach­ge­wie­sen, so­weit in die­sen fest­ge­stellt wor­den war, dass sie die Verstöße be­gan­gen ha­ben.

Art. 26 Abs. 3 der VO Nr. 575/2013 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass dem Kre­dit­in­sti­tut die Er­laub­nis der zuständi­gen Behörde vor­lie­gen muss, be­vor die­ses seine Ka­pi­tal­in­stru­mente als In­stru­mente sei­nes har­ten Kern­ka­pi­tals ein­stuft. Die drei Kre­dit­in­sti­tute wa­ren auch in der Lage, den In­halt die­ser Be­stim­mung zu ver­ste­hen, so dass die EZB eine Fahrlässig­keit der drei fest­stel­len durfte.

Die EZB hat den ge­gen die drei Kre­dit­in­sti­tute er­ho­be­nen Vor­wurf, dass sie be­stimmte Ka­pi­tal­in­stru­mente ent­ge­gen den Vor­schrif­ten der VO Nr. 575/2013 ohne Er­laub­nis als In­stru­mente ih­res har­ten Kern­ka­pi­tals ein­ge­stuft hätten, be­reits in der Phase der Mit­tei­lung der Be­schwer­de­punkte klar for­mu­liert und so­mit das Recht die­ser Kre­dit­in­sti­tute, im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren an­gehört zu wer­den, ge­wahrt.

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