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Verabreichung von Zytostatika an ambulant behandelte Patienten eines Krankenhauses ist steuerfrei

BFH 24.9.2014, V R 19/11

Die Ver­ab­rei­chung von Zy­to­sta­tika im Rah­men ei­ner am­bu­lant in einem Kran­ken­haus durch­geführ­ten ärzt­li­chen Heil­be­hand­lung, die dort in­di­vi­du­ell für den ein­zel­nen Pa­ti­en­ten in ei­ner Apo­theke die­ses Kran­ken­hau­ses her­ge­stellt wer­den, ist als ein mit der ärzt­li­chen Heil­be­hand­lung eng ver­bun­de­ner Um­satz gem. § 4 Nr. 16b UStG steu­er­frei. Ent­ge­gen der Ver­wal­tungs­auf­fas­sung ist nicht zwi­schen sta­tionär und am­bu­lant im Kran­ken­haus be­han­del­ten Pa­ti­en­ten zu un­ter­schei­den.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin be­treibt ein Kran­ken­haus und ist als ge­meinnützige Ein­rich­tung an­er­kannt. In den Streit­jah­ren 2005 und 2006 verfügte sie über eine sog. In­sti­tuts­ermäch­ti­gung gem. § 116a SGB V, auf­grund der sie ermäch­tigt war, durch ihre Kran­ken­hausärzte am­bu­lante Be­hand­lun­gen von Krebs­pa­ti­en­ten (Che­mo­the­ra­pien) durch­zuführen. Die da­bei an die Pa­ti­en­ten ver­ab­reich­ten Zy­to­sta­tika wur­den von der Kläge­rin in der von ihr be­trie­be­nen Kran­ken­haus­apo­theke nach ärzt­li­cher An­ord­nung und in­di­vi­du­ell für den je­wei­li­gen Pa­ti­en­ten her­ge­stellt.

In ih­ren Um­satz­steu­er­erklärun­gen für die Streit­jahre gab die Kläge­rin die Zy­to­sta­tikaumsätze nicht an und machte auch kei­nen Vor­steu­er­ab­zug aus den Ein­gangs­umsätzen gel­tend, da sie von gem. § 4 Nr. 16b UStG steu­er­freien Umsätzen aus­ging. Das Fi­nanz­amt ging im An­schluss an eine Außenprüfung und auf­grund ei­ner Neu­re­ge­lung in Ab­schn. 100 Abs. 3 UStR 2005 da­von aus, dass die ent­gelt­li­che Ab­gabe von Me­di­ka­men­ten an Tu­mor­pa­ti­en­ten ab 2005 nicht mehr steu­er­frei sei.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes setzte der BFH das Ver­fah­ren aus und legte die Sa­che dem EuGH vor, um klären zu las­sen, ob die Ab­gabe von Zy­to­sta­tika durch Kran­ken­haus­apo­the­ken bei am­bu­lan­ten Be­hand­lun­gen in Kran­kenhäusern um­satz­steu­er­frei ist. Der EuGH hat mit Ur­teil vom 13.3.2014 (Rs.: C-366/12 - Kli­ni­kum Dort­mund gGmbH) ent­schie­den:

"Eine Lie­fe­rung von Ge­genständen wie den im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen zy­to­sta­ti­schen Me­di­ka­men­ten, die von in­ner­halb ei­nes Kran­ken­hau­ses selbständig täti­gen Ärz­ten im Rah­men ei­ner am­bu­lan­ten Krebs­be­hand­lung ver­schrie­ben wur­den, kann nicht gem. Art. 13 Teil A Abs. 1c der Sechs­ten Richt­li­nie 77/388/EWG in der durch die Richt­li­nie 2005/92/EG geänder­ten Fas­sung von der Mehr­wert­steuer be­freit wer­den, es sei denn, diese Lie­fe­rung ist in tatsäch­li­cher und in wirt­schaft­li­cher Hin­sicht von der Haupt­leis­tung der ärzt­li­chen Heil­be­hand­lung un­trenn­bar, was zu prüfen Sa­che des vor­le­gen­den Ge­richts ist."

Das Fi­nanz­amt ver­neinte das Vor­lie­gen ei­nes sog. "Kon­ti­nu­ums", die Kläge­rin be­jahte es hin­ge­gen. Die Re­vi­sion blieb in der Sa­che er­folg­los.

Gründe:
Die Ver­ab­rei­chun­gen der Zy­to­sta­tika durch die Kläge­rin an am­bu­lant in ih­rem Kran­ken­haus be­han­delte Pa­ti­en­ten sind als "mit dem Be­trieb der Kran­kenhäuser eng" ver­bun­dene "Umsätze" steu­er­frei.

Ent­ge­gen der Ver­wal­tungs­auf­fas­sung war nicht zwi­schen sta­tionär und am­bu­lant im Kran­ken­haus be­han­del­ten Pa­ti­en­ten zu un­ter­schei­den. De­fi­niert sich der mit der Kran­ken­haus- oder Heil­be­hand­lung eng ver­bun­dene Um­satz ent­spre­chend der EuGH-Recht­spre­chung da­nach, ob er zur Er­rei­chung der da­mit ver­folg­ten the­ra­peu­ti­schen Ziele un­ent­behr­lich ist, gehört hierzu auch die Ver­ab­rei­chung von für den Pa­ti­en­ten in­di­vi­du­ell her­ge­stell­ten Arz­nei­mit­teln zur Durchführung ei­ner am­bu­lan­ten Heil­be­hand­lung im Kran­ken­haus. Aus die­sem Grund wa­ren die hier in der Kran­ken­haus­apo­theke in­di­vi­du­ell her­ge­stell­ten Arz­nei­mit­tel für die Kran­ken­haus- und Heil­be­hand­lung auch un­erläss­lich i.S.v. Art. 13 Teil A Abs. 2b ers­ter Ge­dan­ken­strich der Richt­li­nie 77/388/EWG und bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung des § 4 Nr. 16 UStG mit dem Be­trieb des Kran­ken­hau­ses eng ver­bun­dene Umsätze.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Fi­nanz­am­tes kam es nicht dar­auf an, ob es dem Pa­ti­en­ten bei ei­ner am­bu­lan­ten Be­hand­lung -an­ders als bei ei­ner sta­tionären Be­hand­lung - im Ein­zel­fall zu­mut­bar wäre, sich die für die Be­hand­lung er­for­der­li­chen Arz­nei­mit­tel aus ei­ner öff­ent­lich zugäng­li­chen Apo­theke - nach Ver­schrei­bung durch das Kran­ken­haus - selbst zu be­sor­gen. Denn maßgeb­lich ist die Un­ent­behr­lich­keit mit Blick auf die kon­krete the­ra­peu­ti­sche Ziel­set­zung, nicht aber eine Un­ent­behr­lich­keit im Hin­blick auf denk­bare al­ter­na­tive Me­tho­den zur Arz­nei­mit­tel­be­schaf­fung. Schließlich ist es für die Steu­er­frei­heit ei­nes mit ei­ner ärzt­li­chen Heil­be­hand­lung eng ver­bun­de­nen Um­sat­zes nicht er­for­der­lich, dass für beide ein ein­heit­li­ches Ent­gelt ver­ein­bart wird.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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