deen

Branchen

Top-Entscheider aus Agrar & Ernährung im Gespräch mit Finanzierern

Auch zum 5. Bran­chen­dia­log Agrar & Ernährung am 26. Sep­tem­ber 2017 wa­ren wie­der über 140 Teil­neh­mer aus der Fi­nanz­wirt­schaft nach Düssel­dorf ge­kom­men, um mit Top-Re­fe­ren­ten aus der Pra­xis über Her­aus­for­de­run­gen und Chan­cen der Bran­che zu spre­chen.

An­dreas Schüren, Ma­na­ging Part­ner bei Eb­ner Stolz Ma­nage­ment Con­sul­tants, wies dar­auf hin, dass der Markt auch wei­ter­hin her­aus­for­dernd bleibt. Aber die In­ves­ti­ti­ons­be­reit­schaft steige der­zeit wie­der. Die­ser po­si­tive Trend setze sich auch in den kom­men­den Mo­na­ten fort.
Die Vor­trags­the­men spie­gel­ten die Fra­gen wi­der, mit de­nen sich die Bran­che be­schäftigt: agrar­po­li­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen, Per­so­nal und Re­cruiting, Mar­ken­trans­for­ma­tion, In­ter­na­tio­na­li­sie­rung und natürlich Di­gi­ta­li­sie­rung. Durch die Ver­an­stal­tung führte Chris­toph Ha­ver­mann, Part­ner bei Eb­ner Stolz.

Über 140 Teilnehmer trafen sich zum Branchendialog Agrar und Ernährung in Düsseldorf.© Volker Schäffner

Globale Trends im Agribusiness

Als ers­ter Red­ner eröff­nete Dr. Hel­mut Schramm, Ge­schäftsführer von Bayer CropSci­ence Deutsch­land. Mit sei­nem Vor­trag über mo­derne Land­wirt­schaft legte er den Fin­ger in die Wunde. Die ge­sell­schaft­li­che Ak­zep­tanz für den Agrar­sek­tor fehle viel­fach. Der Ver­brau­cher sehne sich nach einem sti­li­sier­ten, ro­man­ti­sier­ten Bild von Land­wirt­schaft, be­feu­ert durch die Wer­bung. Großbe­triebe, Pflan­zen­schutz­mit­tel und Gen­tech­nik fügten sich zu einem re­gel­rech­ten Feind­bild. Da­bei müsse die Pro­duk­ti­vität bis 2025 um 60 Pro­zent stei­gen, wolle man den Ef­fek­ten von Bevölke­rungs­wachs­tum, Agrarflächen­ver­lus­ten und Kli­ma­wan­del ent­ge­gen­wir­ken. Dafür brau­che man in­te­grierte Lösun­gen, che­mi­sch oder bio­lo­gi­sch, in je­dem Fall aber auch di­gi­tal. Zu­dem sei eine fak­ten­ba­sierte In­for­ma­tion und Kom­mu­ni­ka­tion in Rich­tung der Ver­brau­cher un­erläss­lich.

Wer hat die beste (digitale) Idee?

Prof. Klaus Jo­sef Lutz, Vor­stands­vor­sit­zen­der der BayWa, for­derte, man müsse den Agrar­sek­tor in­te­griert be­trach­ten. Al­les hinge mit al­lem zu­sam­men. Selbst was lo­kal pro­du­ziert werde, habe glo­bale Aus­wir­kun­gen.
Auch er zeigte den pro­duk­tiviäts­stei­gern­den He­bel von di­gi­ta­len Pro­dukt­in­no­va­tio­nen auf. Die Di­gi­ta­li­sie­rung berge aber auch neue Her­aus­for­de­run­gen, zum Bei­spiel die al­go­rith­mus­ge­steu­erte Spe­ku­la­tion. Oder fi­nanz­starke, bran­chen­fremde Player. De­ren Vorstöße misch­ten den Markt schon jetzt deut­lich auf, siehe „ama­zon fresh“. Es gehe auch in der Agrar- und Ernährungs­in­dus­trie im­mer mehr um die Frage: Wer hat die be­ste Idee? Wei­tere Fel­der für in­no­va­tive Lösun­gen seien Ur­ban/Ver­ti­cal Far­ming, das In­ter­net der Dinge oder die Durch­drin­gung durch Ro­bo­ter.

Pflichten und Möglichkeiten der Agrarpolitik

Be­son­ders im Agrar­sek­tor sind die po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen ent­schei­dend, wenn es um die in­ter­na­tio­nale Wett­be­werbsfähig­keit geht. Dr. Lud­ger Schulze Pals, Chef­re­dak­teur der top agrar, sprach mit Chris­tina Schulze-Föcking, NRW-Mi­nis­te­rin für Um­welt, Land­wirt­schaft, Na­tur- und Ver­brau­cher­schutz, und Dr. Hel­mut Schramm über ak­tu­elle The­men: So for­dert die In­dus­trie seit Lan­gem, die Po­li­tik solle Zu­las­sungs­ver­fah­ren für Pflan­zen­schutz­mit­tel be­schleu­ni­gen und ver­ein­fa­chen. Ge­sell­schaft­lich um­strit­ten ist auch die Frage, ob neue mo­le­ku­lar­bio­lo­gi­sche Züch­tungs­me­tho­den wie das Gen-Editing mit CRISPR/Cas un­ter das strenge Gen­tech­nik­recht fal­len oder nicht, es sich also um ein neues Pro­dukt oder nur einen neuen Pro­zess han­delt. Ein ge­mein­sa­mes An­lie­gen von Frau Schulze-Föcking und Herrn Dr. Schramm: Dis­kus­sio­nen ehr­lich und ideo­lo­gie­frei führen und Ent­schei­dun­gen wis­sen­schafts­ba­siert tref­fen.

Digitalisierung bedeutet Dematerialisierung

„Al­les, was di­gi­ta­li­siert, au­to­ma­ti­siert und ver­netzt wer­den kann, wird di­gi­ta­li­siert, au­to­ma­ti­siert und ver­netzt wer­den.“ So star­tete Karl-Heinz Land, Ge­schäftsführer der Be­ra­tung neu­land, sei­nen Vor­trag und brachte auf den Punkt, wo­hin die Reise geht: On­line- und Offline-Welt würden ver­schmel­zen. Pro­dukte besäße man nicht mehr, son­dern nutze und teile sie. Dienst­leis­tun­gen seien die Zu­kunft. In­no­va­ti­ons- und Pro­dukt­le­bens­zy­klen würden im­mer kürzer. Und all das ge­schehe ex­po­nen­ti­ell schnell.
Was zunächst ab­strakt klingt, hat laut Karl-Heinz Land enorme Aus­wir­kun­gen: Viele Dinge würden ver­schwin­den, wenn sie es nicht schon be­reits ge­tan hätten. Wenn ein Bahn­ti­cket nur noch auf dem Han­dy­dis­play er­scheine, brau­che man den Dru­cker nicht mehr, der das Ti­cket aus­druckt. Und da­mit müss­ten auch die 300 Kom­po­nen­ten, aus de­nen der Dru­cker bestünde, nicht mehr pro­du­ziert, ge­lie­fert und ge­la­gert wer­den usw. Kurz: Die De­ma­te­ria­li­sie­rung habe Aus­wir­kun­gen auf die ge­samte Wert­schöpfungs­kette.

Analog kaufen, digital erleben

Mehr Tra­di­tion geht nicht: Das Un­ter­neh­men Pe­ter Kölln, berühmt für seine Ha­fer­flo­cken,  gibt es be­reits fast 200 Jahre. Doch auch die­ser Mit­telständ­ler muss sich den tech­no­lo­gi­schen Her­aus­for­de­run­gen stel­len. Ge­schäftsführer Dr. Chris­tian von Boet­ti­cher star­tete sei­nen Vor­trag mit ei­ner Zahl, die die Son­der­stel­lung der Bran­che il­lus­triert: Nur 5,8 Pro­zent Men­schen sag­ten, sie würden Le­bens­mit­tel auch on­line kau­fen. Bei al­len an­de­ren Pro­duk­ten liege der An­teil um ein Viel­fa­ches höher. Bleibt hier also al­les, wie es ist? Nein. Es ändere sich zwar nicht die Art, wie wir Le­bens­mit­tel ein­kau­fen, so Dr. von Boet­ti­cher. Es ändere sich je­doch sehr die Art, wie wir eine Marke wahrnähmen und darüber kom­mu­ni­zier­ten. Des­halb müsse man auch bei Le­bens­mit­teln ein di­gi­ta­les Pen­dant kre­ie­ren und die Marke im Netz er­leb­bar ma­chen. Außer­dem böten die neuen Kanäle die ein­zig­ar­tige Möglich­keit, schnell und un­mit­tel­bar zu er­fah­ren, was der Kunde wirk­lich wolle und wie er lebe. Ne­ben dem ei­gent­li­chen Ver­kauf gehe es in Zu­kunft darum, diese wert­vol­len Da­ten zu sam­meln und mit dem Ver­brau­cher in einen Dia­log zu tre­ten.

Die Zukunft braucht Unternehmergeist

Prof. Dr. Ul­rike Det­mers, Ge­sell­schaf­te­rin und Mit­glied der zen­tra­len Un­ter­neh­mens­lei­tung der Mes­tema­cher-Gruppe wid­mete sich dem The­men­kreis Un­ter­neh­mer­tum, Führung und Re­cruiting. Sie erläuterte, wie eine ziel­ori­en­tierte Per­so­nalführung aus­se­hen kann: Klare und trans­pa­rente Ziele, Auf­ga­ben und Ter­mine ei­ner­seits. Und ge­gen­sei­ti­ger Re­spekt, we­ni­ger zeit­rau­bende Mee­tings und ein ganz­heit­li­cher An­satz an­de­rer­seits. Der Per­so­nal­ein­satz solle ef­fek­tiv und ef­fi­zi­ent er­fol­gen, ohne den Ap­pa­rat auf­zublähen. Sie plädierte außer­dem für Teams mit möglichst vie­len und vielfälti­gen Cha­rak­te­ren.

nach oben