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Rechtsberatung

Schul-Homepage: Schülerreferat mit frei zugänglichem Foto aus Internet?

EuGH, C-161/17: Schlussanträge des Generalanwalts vom 25.4.2018

Das Ein­stel­len ei­ner Schul­ar­beit, die eine al­len In­ter­net­nut­zern frei und kos­ten­los zugäng­li­che Fo­to­gra­fie enthält, ohne Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht und un­ter An­gabe der Quelle auf der In­ter­net­seite ei­ner Schule stellt kein öff­ent­li­ches Zugäng­lich­ma­chen i.S.d. Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 2001/29/EG dar. Dies gilt je­den­falls dann, wenn die­ses Bild be­reits ohne Hin­weis auf Nut­zungs­be­schränkun­gen auf dem In­ter­net­por­tal ei­nes Rei­se­ma­ga­zins veröff­ent­licht war.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Be­rufs­fo­to­graf. Er wen­det sich mit sei­ner Klage ge­gen das Land Nord-Rhein-West­fa­len und be­gehrt Un­ter­las­sung und Scha­dens­er­satz, weil auf der In­ter­net­seite der Ge­samt­schule Waltrop ein Schüler­re­fe­rat mit einem von ihm auf­ge­nom­men Foto der spa­ni­schen Stadt Córdoba (mit der Römi­schen Brücke im Vor­der­grund) veröff­ent­licht wor­den war. Eine Schüle­rin der Spa­ni­sch-AG hatte das Foto auf einem On­line-Rei­se­ma­ga­zin-Por­tal ge­fun­den und in ihr Re­fe­rat ein­gefügt. Un­ter dem Foto war ein Hin­weis auf diese In­ter­net­seite an­ge­bracht, die ih­rer­seits keine An­ga­ben zum Ur­he­ber des Fo­tos ent­hielt.

Der Kläger macht gel­tend, er habe nur den Be­trei­bern des Rei­se­ma­ga­zin-Por­tals ein ein­fa­ches Nut­zungs­recht an der Fo­to­gra­fie ein­geräumt. Die Ein­stel­lung des Bil­des auf der In­ter­net­seite der Schule ver­letze da­her seine Rechte (als Ur­he­ber) auf Zu­stim­mung zur Wie­der­gabe und zur öff­ent­li­chen Wie­der­gabe der Fo­to­gra­fie.

Der in letz­ter In­stanz mit der Sa­che be­fasste BGH möchte vom EuGH wis­sen, ob das Her­un­ter­la­den des Fo­tos und das Einfügung in das Schüler­re­fe­rat, das auf die In­ter­net­seite der Schule ein­ge­stellt wird, un­ter den Be­griff des "öff­ent­li­chen Zugäng­lich­ma­chens" ei­nes ge­schütz­ten Werks fällt und so­mit mögli­cher­weise das Ur­he­ber­recht des Fo­to­gra­fen ver­letzt.

Die Gründe:
Das Ein­stel­len ei­ner Schul­ar­beit, die eine al­len In­ter­net­nut­zern frei und kos­ten­los zugäng­li­che Fo­to­gra­fie enthält, ohne Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht und un­ter An­gabe der Quelle auf der In­ter­net­seite ei­ner Schule stellt kein öff­ent­li­ches Zugäng­lich­ma­chen i.S.d. Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 2001/29/EG dar, wenn die­ses Bild be­reits ohne Hin­weis auf Nut­zungs­be­schränkun­gen auf dem In­ter­net­por­tal ei­nes Rei­se­ma­ga­zins veröff­ent­licht war.

Eine Fo­to­gra­fie muss, um kraft Uni­ons­recht ur­he­ber­recht­lich ge­schützt zu sein, be­stimmte Krea­ti­vitätsan­for­de­run­gen erfüllen. Es ist be­reits zwei­fel­haft, dass eine bloße Auf­nahme der Stadt Córdoba mit der Römi­schen Brücke im Vor­der­grund - un­ge­ach­tet ih­rer Qua­lität - diese Kri­te­rien erfüllt. Im vor­lie­gen­den Fall ist diese Un­ter­schei­dung je­doch un­er­heb­lich, da das Uni­ons­recht den Schutz an­de­rer Fo­to­gra­fien im na­tio­na­len Recht zulässt und nach deut­schem Recht alle Fo­to­gra­fien durch das UrhG ge­schützt sind. Der Be­griff der "öff­ent­li­chen Wie­der­gabe" be­steht aus zwei Be­stand­tei­len: nämlich der "Hand­lung der Wie­der­gabe" und der er­reich­ten "Öff­ent­lich­keit". Die Zugäng­lich­ma­chung stellt da­bei in der di­gi­ta­len Welt das Pen­dant zur "Hand­lung der Wie­der­gabe" in der ana­lo­gen Welt dar. Die zur "Hand­lung der Wie­der­gabe" ent­wi­ckelte Recht­spre­chung ist da­her ent­spre­chend auf sie an­zu­wen­den.

Vor­lie­gend ist es je­doch zu kei­ner öff­ent­li­chen Wie­der­gabe im Sinne der EuGH-Recht­spre­chung ge­kom­men. Denn das Bild hat im Verhält­nis zum Schul­re­fe­rat nur ak­zess­ori­schen Cha­rak­ter und die Fo­to­gra­fie, die nicht mit Hin­wei­sen zu den Ein­schränkun­gen ih­rer Nut­zung ver­se­hen war, war frei zugäng­lich. Zu­dem ha­ben die Schüle­rin und das Lehr­per­so­nal ohne Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht ge­han­delt. Wei­ter­hin lag hier auch keine Wie­der­gabe an ein "neues Pu­bli­kum" vor. We­der ist ge­gen eine (in­exis­tente) Schutzmaßnahme ver­stoßen wor­den noch wurde ohne Er­laub­nis des In­ha­bers Zu­gang zu einem Werk, das sich im In­ter­net be­fin­det, gewährt. Im Übri­gen ist das all­ge­meine In­ter­net­pu­bli­kum, das die In­ter­net­seite des Rei­se­ma­ga­zins be­sucht, das­selbe wie das, das sich für das Por­tal der Schule in­ter­es­siert.

Die­ses Er­geb­nis be­deute nicht, dass eine Art Er­schöpfung des Ur­he­ber­rechts ein­geführt wer­den soll. Es stellt viel­mehr die lo­gi­sche Folge der Art und Weise dar, in der der In­ha­ber des Rechts an der Fo­to­gra­fie ihre Nut­zung über­las­sen hat, der wusste oder hätte wis­sen müssen, dass das Feh­len jeg­li­cher Maßnahme zum Schutz vor Ko­pien des Bil­des In­ter­net­nut­zer zu der An­nahme ver­an­las­sen konnte, dass es für das Pu­bli­kum frei verfügbar sei. Es geht in die­sem Zu­sam­men­hang nicht zu weit, von einem Ge­wer­be­trei­ben­den, der selbst oder über Dritte ein Werk im In­ter­net veröff­ent­licht, zu ver­lan­gen, dass er ge­eig­nete Maßnah­men auch tech­ni­scher Art trifft, um zu­min­dest sein Ur­he­ber­recht und den Wil­len, die Ver­brei­tung sei­nes Werks zu kon­trol­lie­ren, zum Aus­druck zu brin­gen und den ge­gen­tei­li­gen An­schein zu ver­mei­den.

Diese Sorg­falts­an­for­de­rung ver­rin­gern das hohe Schutz­ni­veau zu­guns­ten der In­ha­ber der Rechte an Bil­dern nicht und tra­gen zur Auf­recht­er­hal­tung des Gleich­ge­wichts zwi­schen ih­nen und den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen der In­ter­net­nut­zer bei, ohne dass die dem In­ter­net ei­gene Lo­gik verfälscht wird. Schließlich ver­liert der In­ha­ber des Rechts nicht die Kon­trolle über die Ko­pie der auf der In­ter­net­seite der Schule be­nutz­ten Fo­to­gra­fie, da er ihre Ent­fer­nung ver­lan­gen kann, wenn er der Mei­nung ist, dass ihm durch sie ein Scha­den ent­steht.

Link­hin­weis:

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