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Steuerberatung

Rückforderung von auf Insolvenzverwalter-Anderkonto gezahlter Steuererstattungsbeträge

FG Düsseldorf v. 4.5.2020 - 12 V 3362/19 A(AO)

Zah­lun­gen auf ein sog. An­der­konto fließen nicht in die Masse, son­dern un­mit­tel­bar in das Vermögen des Kon­to­in­ha­bers. Nach der Recht­spre­chung des BGH eig­nen sich An­der­kon­ten nicht zur An­lage von Geld­mit­teln der In­sol­venz­masse. Al­ler­dings war im Hin­blick auf die un­ein­heit­li­che Recht­spre­chung der Fi­nanz­ge­richte die Be­schwerde zu­zu­las­sen.

Der Sach­ver­halt:
Am 1.8.2012 war die An­trag­stel­le­rin zur In­sol­venz­ver­wal­te­rin über das Vermögen des B be­stellt wor­den. Später er­stellte sie für die Ver­an­la­gungs­zeiträume 2013 bis 2017 die Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen des B. Da­bei er­ga­ben sich Er­stat­tungs­an­sprüche i.H.v. 18.375 € so­wie ge­son­dert fest­ge­stellte Ver­lust­vorträge. Das Fi­nanz­amt über­wies die Er­stat­tun­gen auf die Kon­ten der der An­trag­stel­le­rin. Mit Be­schluss vom 7.11.2018 er­teilte das AG dem B Rest­schuld­be­frei­ung.

Be­reits im März 2019 hatte das Fi­nanz­amt der An­trag­stel­le­rin mit­ge­teilt, dass sich nach sei­ner Auf­fas­sung durch Er­tei­lung der Rest­schuld­be­frei­ung und des da­mit ver­bun­de­nen Weg­falls be­trieb­li­cher Ver­bind­lich­kei­ten ein Ge­winn er­gebe. Es sei be­ab­sich­tigt, die­sen zum Zeit­punkt der Be­triebs­auf­gabe am 28.2.2013 zu berück­sich­ti­gen. Dies habe auch steu­er­li­che Aus­wir­kun­gen für die Fol­ge­jahre 2014 bis 2017, die für die Jahre 2013 bis 2017 er­folg­ten Steu­er­er­stat­tun­gen seien dann zurück­zu­zah­len. Später er­lies die Behörde geänderte Ein­kom­men­steu­er­be­scheide für die Ver­an­la­gungs­zeiträume 2013 bis 2017 ge­genüber B.

Die An­trag­stel­le­rin be­gehrte dar­auf­hin vorläufi­gen Rechts­schutz. Zur Begründung trug sie vor, die ge­genüber B er­las­se­nen geänder­ten Be­scheide seien rechts­wid­rig. Die Gewährung der Rest­schuld­be­frei­ung sei kein rück­wir­ken­des Er­eig­nis und recht­fer­tige nicht die vom Fi­nanz­amt vor­ge­nom­mene Ände­rung der Be­scheide.

Das FG lehnte den An­trag ab. Al­ler­dings wurde im Hin­blick auf die un­ein­heit­li­che Recht­spre­chung der Fi­nanz­ge­richte die Be­schwerde zu­zu­las­sen

Die Gründe:
Es ist nicht ernst­lich zwei­fel­haft, dass die Rück­for­de­rung der streit­ge­genständ­li­chen Steu­er­er­stat­tun­gen rechtmäßig ist. Als um­ge­kehr­ter Er­stat­tungs­an­spruch ent­steht ein Rück­for­de­rungs­an­spruch zu­guns­ten des Steu­ergläubi­gers, wenn eine Er­stat­tung oder Steu­er­vergütung zu Un­recht, d.h. ohne recht­li­chen Grund, ge­zahlt wor­den ist, § 37 Abs. 2 Satz 1 AO. Ent­spre­chen­des gilt nach Satz 2 der Vor­schrift, wenn der recht­li­che Grund nachträglich wegfällt. Der An­spruch ent­steht ohne be­son­dere Fest­set­zung, über ma­te­ri­elle Grund­la­gen und Höhe ent­schei­det die Fi­nanz­behörde durch Ver­wal­tungs­akt nach § 218 Abs. 2 Satz 2 AO.

Die An­trag­stel­le­rin persönlich ist Empfänge­rin der Er­stat­tungs­leis­tun­gen. Bei den von der An­trag­stel­le­rin ein­ge­rich­te­ten Kon­ten han­delt es sich nicht um sog. In­sol­venz-Son­der­kon­ten. Ein sol­ches Konto setzt zum einen die Ein­rich­tung ent­we­der auf den Na­men des Ver­wal­ters als Par­tei kraft Am­tes für eine be­stimmte In­sol­venz­masse oder auf den Na­men des Schuld­ners vor­aus. Zum an­de­ren muss sich aus den Erklärun­gen er­ge­ben, dass der Ver­wal­ter seine Verfügungs­be­fug­nis le­dig­lich als Ermäch­ti­gungs­treuhänder (§§ 80, 148 InsO) ausübt, während Recht­sträger die In­sol­venz­masse ist. Nur un­ter die­sen Vor­aus­set­zun­gen be­steht keine Kon­to­be­zie­hung mit dem Ver­wal­ter persönlich und wer­den Zah­lun­gen auf das Konto Be­stand­teil der In­sol­venz­masse.

Das ist hier aber of­fen­sicht­lich nicht der Fall, denn in Auf­trag ge­ge­ben wurde die Ein­rich­tung ei­nes Voll­rechts­kon­tos der An­trag­stel­le­rin, das aus­schließlich sie persönlich der Bank ge­genüber be­rech­ti­gen und ver­pflich­ten sollte. Zah­lun­gen auf ein sog. An­der­konto fließen nicht in die Masse, son­dern un­mit­tel­bar in das Vermögen des Kon­to­in­ha­bers (vgl. u.a. BGH vom 7.2.2019, IX ZR 47/18 und vom 18.12.2008, IX ZR 192/07; Schles­wig-Hol­stei­ni­sches FG vom 6.7.2017, 5 K 42/15, FG Köln vom 13.2.2019, 4 K 1600/18;.a. A. FG Ba­den-Würt­tem­berg vom 1.7.2015, 1 K 1231/13, FG München vom 6.3.2019, 6 K 3063/18).

Der Um­stand, dass das Fi­nanz­amt mit den Er­stat­tun­gen seine ge­genüber der Masse be­ste­hen­den Ver­pflich­tun­gen erfüllen wollte, ändert an dem vor­ste­hen­den Er­geb­nis nichts. Denn maßgeb­lich für die Be­stim­mung des Leis­tungs­empfängers und da­mit des Schuld­ners des ab­ga­ben­recht­li­chen Rück­for­de­rungs­an­spruchs ist nicht der in­nere Wille der Fi­nanz­behörde, son­dern der ob­jek­tive Empfänger­ho­ri­zont des­je­ni­gen, der die Zah­lung er­hal­ten hat. Aus ob­jek­ti­ver Sicht mus­ste der An­trag­stel­le­rin vor dem Hin­ter­grund der vor­zi­tier­ten und im Zeit­punkt der Zah­lun­gen be­reits exis­ten­ten BGH-Recht­spre­chung klar vor Au­gen ste­hen, dass sie auf­grund der von ihr gewähl­ten Aus­ge­stal­tung der Ge­schäfts­be­zie­hung zur Bank Leis­tungs­empfänge­rin war.

Ver­meint­li­cher Rechts­grund für die Er­stat­tun­gen von Ein­kom­men­steuer 2013 bis 2017 so­wie Ne­ben­leis­tun­gen hierzu wa­ren die an die An­trag­stel­le­rin als In­sol­venz­ver­wal­te­rin adres­sier­ten Be­scheide. Hier­aus er­ga­ben sich zwar Er­stat­tungs­an­sprüche in Höhe der vom Fi­nanz­amt ge­leis­te­ten Zah­lun­gen. Die Be­scheide wa­ren aber nur Rechts­grund für Zah­lun­gen an die In­sol­venz­masse des B. Für die im Streit­fall er­folg­ten Zah­lun­gen an die An­trag­stel­le­rin hin­ge­gen fehlte ein Rechts­grund von vorn­her­ein. Aus die­sem Grund ist die von den Be­tei­lig­ten erörterte Frage, ob im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren Ein­wen­dun­gen ge­gen die Ände­rungs­be­scheide zu prüfen sind, un­er­heb­lich.

Ein von der An­trag­stel­le­rin vor­ge­tra­ge­ner unlösba­rer Kon­flikt zwi­schen In­sol­venz­recht und Steu­er­recht be­steht nicht. Nach der Recht­spre­chung des BGH, der der er­ken­nende Se­nat sich an­schließt, eig­nen sich An­der­kon­ten nicht zur An­lage von Geld­mit­teln der In­sol­venz­masse. Kon­to­gut­ha­ben auf einem An­der­konto sind ge­rade kein Be­stand­teil der Masse. Dem­ent­spre­chend han­delt ein In­sol­venz­ver­wal­ter pflicht­wid­rig, wenn er für die In­sol­venz­masse be­stimmte Zah­lun­gen auf einem An­der­konto ver­ein­nahmt und da­mit dem ei­ge­nen Vermögen zuführt. Durch pflicht­gemäßes Han­deln, nämlich durch Ein­rich­tung von Son­der­kon­ten, hätte die An­trag­stel­le­rin selbst ihre persönli­che Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung ver­mei­den können. Durch Berück­sich­ti­gung der er­hal­te­nen Er­stat­tun­gen bei der Schluss­ver­tei­lung ist bei der An­trag­stel­le­rin zwar Ent­rei­che­rung ein­ge­tre­ten. Nach BFH-Recht­spre­chung, der sich der Se­nat an­schließt, kann dem ab­ga­ben­recht­li­chen Rück­for­de­rungs­an­spruch ein ent­spre­chen­der Ein­wand aber nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den.

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