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Regelmäßige Verjährungsfrist bei Laufzeitzinsen einer globalverbrieften Inhaberschuldverschreibung ohne separate Zinsscheine

BGH 15.3.2016, XI ZR 336/15

Wer­den für eine Schuld­ver­schrei­bung auf den In­ha­ber keine Zins­scheine aus­ge­ge­ben, verjähren die Zins­an­sprüche nicht nach § 801 Abs. 1 S. 2 BGB. In die­sem Fall fin­den die Vor­schrif­ten über die re­gelmäßige Verjährungs­frist der §§ 195, 199 BGB An­wen­dung.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger macht ge­gen den be­klag­ten Staat Zins­an­sprüche aus ei­ner von die­sem be­ge­be­nen In­ha­ber­schuld­ver­schrei­bung gel­tend. Die Be­klagte emit­tierte im Jahr 2000 die 10% Pan Euro - An­leihe von 2000/2007 im Ge­samt­nenn­be­trag von 500 Mio. € (Wert­pa­pier­kenn­num­mer 5), die in 500.000 un­ter sich gleich­be­rech­tig­ten, auf den In­ha­ber lau­ten­den Schuld­ver­schrei­bun­gen zu je 1.000 € in ei­ner Dau­er­glo­bal­ur­kunde ohne Zins­scheine ver­brieft war. In den An­lei­he­be­din­gun­gen wur­den die An­wen­dung deut­schen Rechts und der Ge­richts­stand Frank­furt a.M. be­stimmt. Fer­ner ver­pflich­tete sich die Be­klagte in § 2 Abs. 1 der An­lei­he­be­din­gun­gen, die Schuld­ver­schrei­bun­gen in Höhe ih­res Nenn­be­trags vom 7.9.2000 an mit jähr­lich 10 Pro­zent zu ver­zin­sen, wo­bei die Zin­sen jähr­lich nachträglich am 7.9. ei­nes je­den Jah­res zahl­bar wa­ren. Der Kläger er­warb von der An­leihe 33 Schuld­ver­schrei­bun­gen über je­weils 1.000 €.

Die Be­klagte sieht sich seit 1999 mit er­heb­li­chen volks­wirt­schaft­li­chen Pro­ble­men kon­fron­tiert, die sich zu­min­dest zeit­weise bis zu ei­ner Fi­nanz­krise des Staa­tes aus­ge­wei­tet hat­ten. Mit Ge­setz Nr. 25.561 über den öff­ent­li­chen Not­stand und die Re­form des Wech­sel­kurs­sys­tems vom 6.1.2002 erklärte sie den "öff­ent­li­chen Not­stand auf so­zia­lem, wirt­schaft­li­chem, ad­mi­nis­tra­ti­vem, fi­nan­zi­el­lem und währungs­po­li­ti­schem Ge­biet". Auf der Grund­lage der dar­auf­hin er­las­se­nen Ver­ord­nung Nr. 256/2002 vom 6.2.2002 zur Um­struk­tu­rie­rung der Ver­bind­lich­kei­ten und Schul­den­zah­lun­gen der ar­gen­ti­ni­schen Re­gie­rung wurde der Aus­lands­schul­den­dienst durch die Be­klagte aus­ge­setzt, um ihn neu zu ord­nen. Auf­grund des­sen fiel auch der Kläger mit den von ihm er­wor­be­nen Schuld­ver­schrei­bun­gen nebst Zin­sen aus.

Mit der im Jahr 2010 ein­ge­reich­ten Klage ver­langte der Kläger von der Be­klag­ten die Zah­lung der am 7.9.2007 fällig ge­wor­de­nen Schuld­ver­schrei­bun­gen nebst Fällig­keits­zin­sen so­wie der je­weils am 7.9. der Jahre 2002 bis 2007 fällig ge­wor­de­nen Zin­sen ge­gen Mit­tei­lung der Zah­lung an seine De­pot­bank zwecks Aus­bu­chung der In­ha­ber­schuld­ver­schrei­bun­gen im Nenn­wert von 33.000 €. Die Be­klagte be­ruft sich un­ter an­de­rem auf Verjährung.

Das LG gab der Klage hin­sicht­lich der Haupt­summe nebst Fällig­keits­zin­sen ab 1.1.2008 und der ab dem Jahr 2005 fälli­gen Zins­an­sprüche statt und wies sie im Übri­gen ab. Das OLG gab der Klage auch hin­sicht­lich des am 7.9.2004 fälli­gen Zins­an­spruchs statt und er­kannte Fällig­keits­zin­sen auf die Haupt­summe be­reits ab dem 8.9.2007 zu. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und änderte das Ur­teil des LG da­hin ab, dass die Be­klagte ver­ur­teilt wird, an den Kläger einen Be­trag i.H.v. 36.300 € - da­von auf den Nenn­be­trag 33.000 € und auf am 7.9.2007 fällige Lauf­zeit­zin­sen von 3.300 € - aus der von der Be­klag­ten aus­ge­ge­be­nen In­ha­ber­schuld­ver­schrei­bung zu zah­len, so­wie an den Kläger Zin­sen i.H.v. 10 Pro­zent seit dem 8.9.2007 aus einem Be­trag i.H.v. 33.000 € zu zah­len.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des OLG gilt für die Verjährung von Lauf­zeit­zin­sen ei­ner glo­bal­ver­brief­ten In­ha­ber­schuld­ver­schrei­bung ohne se­pa­rate Zins­scheine nicht § 801 Abs. 1 BGB. Viel­mehr sind die all­ge­mei­nen Verjährungs­vor­schrif­ten der §§ 195, 199 BGB an­wend­bar. § 801 BGB enthält eine be­son­dere Re­ge­lung zum Erlöschen und zur Verjährung der in ei­ner Schuld­ver­schrei­bung ver­brief­ten Haupt­for­de­rung (Abs. 1) und der in einem Zins­schein ver­brief­ten Zins­for­de­rung (Abs. 2). Die Vor­schrift re­gelt da­ge­gen nicht die Verjährung von Zins­an­sprüchen, die ent­we­der in der Glo­bal­ur­kunde ver­brieft oder gar nicht ver­brieft sind. In­so­weit bleibt es bei der An­wend­bar­keit der all­ge­mei­nen Verjährungs­vor­schrif­ten.

So­weit der An­spruch aus ei­ner Schuld­ver­schrei­bung ver­zins­lich ist, kann die Ver­pflich­tung zur Zins­zah­lung gem. § 803 BGB in Zins­schei­nen oder aber ne­ben der in der Re­gel ab­strak­ten Haupt­for­de­rung in der Schuld­ver­schrei­bung selbst ver­brieft sein. Die bei­den Fall­ge­stal­tun­gen un­ter­schei­den sich vor al­lem darin, dass im Falle der Aus­gabe von Zins­schei­nen die Gel­tend­ma­chung des Zins­an­spruchs nur durch Vor­le­gung des Ku­pons möglich ist, während die Hauptur­kunde nicht mit vor­ge­legt zu wer­den braucht und grundsätz­lich auch nicht zum Emp­fang der Zins­leis­tung be­rech­tigt. Des Wei­te­ren be­ste­hen un­ter­schied­li­che Re­ge­lun­gen zu Vor­lage- und Verjährungs­fris­ten. Für Zins­scheine gilt in­so­weit die spe­zi­elle Re­ge­lung des § 801 BGB, wo­nach die Vor­la­ge­frist vier Jahre beträgt (Abs. 2 S. 1) und der An­spruch in zwei Jah­ren von dem Ende der Vor­la­ge­frist an verjährt (Abs. 1 S. 2). Für die in der Hauptur­kunde mit­ver­briefte Zins­for­de­rung ist diese Vor­schrift da­ge­gen nicht auch nicht ent­spre­chend an­wend­bar.

Man­gels Aus­gabe von Zins­schei­nen schei­det eine An­wen­dung des § 801 Abs. 2 BGB von vorn­her­ein aus. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des OLG ist aber auch § 801 Abs. 1 BGB nicht ein­schlägig. Diese Vor­schrift er­fasst nur die in der Schuld­ver­schrei­bung ver­briefte Haupt­for­de­rung. Dies er­gibt sich aus dem sys­te­ma­ti­schen Re­ge­lungs­zu­sam­men­hang der Vor­schrif­ten, ins­be­son­dere zu § 797 BGB, wo­nach die Leis­tungs­pflicht nur ge­gen Aushändi­gung der Ur­kunde be­steht. Eine sol­che Aushändi­gung der Ur­kunde kommt je­doch bei ei­ner nur in der Glo­bal­ur­kunde ver­brief­ten Zins­for­de­rung nicht in Be­tracht, wenn­gleich die Zins­zah­lung re­gelmäßig nur an den In­ha­ber der Hauptur­kunde er­folgt. Der In­ha­ber der Ur­kunde muss diese dem Aus­stel­ler gem. § 797 S. 1 BGB erst bei Fällig­keit und Zah­lung der Haupt­for­de­rung aushändi­gen.

Diese Aus­le­gung wird durch die Ge­setz­ge­bungs­ma­te­ria­lien bestätigt. Die An­wend­bar­keit des § 801 Abs. 1 BGB nur auf die ver­briefte Haupt­for­de­rung, nicht da­ge­gen auf den in der Hauptur­kunde mit­ver­brief­ten Zins­an­spruch, ent­spricht schließlich auch dem Sinn und Zweck die­ser Vor­schrift wie auch der früheren für Zins­for­de­run­gen gel­ten­den kurzen Verjährungs­vor­schrift des § 197 BGB aF. Und Man­gels Re­ge­lungslücke kommt auch eine ent­spre­chende An­wen­dung des § 801 Abs. 1 oder 2 BGB nicht in Be­tracht.

Link­hin­weis:

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