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Rechte aus §§ 536, 536 a BGB bleiben nach Ausübung einer Verlängerungsoption durch Mieter bestehen

BGH 14.10.2015, XII ZR 84/14

Die vor­be­halt­lose Ausübung ei­ner Verlänge­rungs­op­tion durch den Mie­ter führt nicht gemäß oder ent­spre­chend § 536 b BGB dazu, dass der Mie­ter für die Zu­kunft mit sei­nen Rech­ten aus §§ 536, 536 a BGB aus­ge­schlos­sen ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Rechts­vorgänge­rin der Kläge­rin ver­mie­tete der Be­klag­ten mit Ver­trag vom 30.4.2001 eine Ge­wer­be­im­mo­bi­lie, in der die Be­klagte wie ver­ein­bart eine Fach­kli­nik für Sucht­the­ra­pie be­treibt. Miet­be­ginn war der 1.6.2001, die Miet­dauer be­trug zehn Jahre. Zur Ver­trags­lauf­zeit re­gelt § 2 Zif­fer 2 das Recht der Mie­te­rin, "die Miet­zeit 2x um je 5 Jahre zu verlängern (Op­tion). Diese Op­tio­nen tre­ten je­weils still­schwei­gend in Kraft, wenn die Mie­te­rin spätes­tens 12 Mo­nate vor Ab­lauf der Miet­zeit keine ge­gen­tei­lige schrift­li­che Erklärung ab­gibt." Eine sol­che die Ver­trags­verlänge­rung ver­hin­dernde Erklärung gab die Be­klagte nicht ab.

Wei­ter ist in dem Ver­trag un­ter § 13 ge­re­gelt, dass die Mie­te­rin aus Mängeln der Be­schaf­fen­heit der ver­mie­te­ten Räume oder an den In­ven­tar­ge­genständen keine Rechte her­lei­ten kann, "es sei denn, der Ver­mie­ter hätte die Be­sei­ti­gung die­ser Mängel nicht in­ner­halb an­ge­mes­se­ner Frist vor­ge­nom­men, nach­dem die Mie­te­rin ihn un­ter Set­zung ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist mit Ein­schrei­ben-Rück­schein ab­ge­mahnt hat."

Erst­mals im Juli 2007 rügte die Be­klagte ver­schie­dene Mängel. Mit Schrei­ben vom 25.8.2010 for­derte die Be­klagte die Kläge­rin zur Be­sei­ti­gung zahl­rei­cher Mängel auf und wie­der­holte diese Auf­for­de­rung mit Schrei­ben vom 27.5.2011 un­ter Frist­set­zung. Nach­dem sich ab Fe­bruar 2012 die Miete auf­grund ei­ner ver­trag­li­chen Wert­si­che­rungs­klau­sel erhöht hatte, zahlte die Be­klagte die Miete nur noch zur Hälfte und be­hielt rd. 5.500 € pro Mo­nat mit der Begründung ein, die Miete sei we­gen Mängeln der Miet­sa­che um 50 Pro­zent ge­min­dert. Die Kläge­rin macht mit der Klage Mietrückstände von ins­ge­samt rd. 28.000 € für die Mo­nate Mai bis Sep­tem­ber 2012 gel­tend.

LG und OLG ga­ben der Klage statt; die Be­klagte könne sich we­gen vor­be­halt­lo­ser Ausübung der Op­tion auf vor der Op­ti­ons­ausübung auf­ge­tre­tene Mängel nicht mehr be­ru­fen. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH den Be­schluss des OLG auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung dort­hin zurück.

Die Gründe:
Das OLG hat zu Un­recht an­ge­nom­men, die von der Be­klag­ten gem. § 536 Abs. 1 BGB gel­tend ge­machte Min­de­rung sei ent­spre­chend § 536 b BGB aus­ge­schlos­sen, weil die Be­klagte trotz Man­gel­kennt­nis die Verlänge­rungs­op­tion ausgeübt habe, ohne sich Rechte we­gen der Mängel vor­zu­be­hal­ten.

Ob die vor­lie­gend er­folgte Ver­trags­verlänge­rung der­je­ni­gen durch Ausübung ei­ner Verlänge­rungs­op­tion ent­spricht, die der vom OLG her­an­ge­zo­ge­nen Recht­spre­chung des BGH zu § 539 BGB a.F. zu­grunde lag, kann da­hin­ste­hen. Denn wie der Se­nat nach Er­lass des an­ge­foch­te­nen Be­schlus­ses ent­schie­den hat, führt auch die vor­be­halt­lose Ausübung ei­ner Verlänge­rungs­op­tion durch den Mie­ter nicht gem. oder ent­spre­chend § 536 b BGB zum Ver­lust der ihm nach §§ 536 und 536 a BGB zu­ste­hen­den Rechte. Bei der Ausübung ei­ner Verlänge­rungs­op­tion han­delt es sich nicht um einen Ver­trags­schluss i.S.d. § 536 b BGB. Die Op­tion ist ein schon im Aus­gangs­ver­trag ein­geräum­tes Ge­stal­tungs­recht. Durch ihre Ausübung kommt kein neuer Ver­trag zu­stande. Viel­mehr wirkt sie un­mit­tel­bar auf das be­ste­hende Miet­verhält­nis ein, in­dem sie mit ih­rer Ge­stal­tungs­wir­kung le­dig­lich die ur­sprüng­lich ver­ein­barte Ver­trags­lauf­zeit ändert und ihr einen neuen Zeit­ab­schnitt hin­zufügt.

Auch die ent­spre­chende An­wen­dung des § 536 b BGB kommt bei vor­be­halt­lo­ser Ausübung ei­ner Verlänge­rungs­op­tion nicht in Be­tracht. Seit der Neu­re­ge­lung durch das am 1.9.2001 in Kraft ge­tre­tene Miet­rechts­re­form­ge­setz vom 19.6.2001 fehlt es an der für eine Ana­lo­gie er­for­der­li­chen plan­wid­ri­gen Re­ge­lungslücke. Im Zuge der Einführung des Miet­rechts­re­form­ge­set­zes hat der Ge­setz­ge­ber be­wusst da­von ab­ge­se­hen, eine Re­ge­lung für den Fall zu tref­fen, dass der Mie­ter den Man­gel erst nach Ver­trags­schluss er­kennt und trotz Kennt­nis des Man­gels die Miete über einen länge­ren Zeit­raum hin­weg vor­be­halt­los in vol­ler Höhe wei­ter­zahlt, son­dern mit § 536 c BGB eine ab­schließende Re­ge­lung für nachträglich sich zei­gende Mängel ge­trof­fen. Im Übri­gen ist eine ent­spre­chende An­wen­dung des § 536 b BGB auf die vor­be­halt­lose Ausübung der Verlänge­rungs­op­tion durch den Mie­ter auch nicht in An­se­hung des Ge­set­zes­zwecks ge­bo­ten.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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