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OLG Frankfurt a.M. zu den Sorgfaltspflichten eines Reitlehrers

Urteil des OLG Frankfurt a.M. vom 27.5.2013 - 4 U 162/12

Das OLG Frank­furt a.M. hat Scha­den­er­satz­an­sprüche ge­gen einen Reit­leh­rer zurück­ge­wie­sen, in des­sen Reit­un­ter­richt eine Reit­schüle­rin vom Pferd gestützt war, nach­dem ein an­de­res nahe vor­bei­geführ­tes Pferd ein Aus­bre­chen des Un­ter­richts­pfer­des ver­ur­sacht hatte. Die Reit­schüle­rin hatte sich bei dem Sturz er­heb­lich ver­letzt.

Der Sach­ver­halt:
Der be­klagte Reit­leh­rer er­teilte ei­ner Fi­nanz­be­am­tin in ei­ner Reit­halle in Hes­sen Ein­zel­un­ter­richt. Diese ritt auf einem 18-jähri­gen Wal­lach im Trab auf ei­ner Kreis­bahn in ei­ner Hälfte der Reit­halle. Der Be­klagte, der auch Hal­ter des Pfer­des ist, stand in der Mitte des Zir­kels. In der an­de­ren Hälfte der Reit­halle wurde zur sel­ben Zeit von der Ehe­frau des Be­klag­ten eine Stute in Be­glei­tung ih­res frei­lau­fen­den Foh­lens geführt.

Stute und Foh­len ver­ließen schließlich die Halle durch ein Tor und durch­quer­ten da­bei den Zir­kel, in dem die Fi­nanz­be­am­tin ritt. Im An­schluss daran änderte der Wal­lach ab­rupt seine Rich­tung und brach aus dem Zir­kel aus. Hier­durch stürzte die Fi­nanz­be­am­tin vom Pferd und er­litt einen Bruch ei­nes Len­den­wir­bels. Das Land Hes­sen, bei dem die Fi­nanz­be­am­tin be­schäftigt ist, nahm den Be­klag­ten aus über­ge­gan­ge­nem Recht we­gen der an­ge­fal­le­nen Arzt­kos­ten und des während der Er­kran­kung der Be­am­tin fort­ge­zahl­ten Ge­halts in An­spruch.

Das LG wies die Klage ab; eine et­waige Sorg­falts­pflicht­ver­let­zung, die dem Be­klag­ten zur Last ge­legt wer­den müsse, sei nicht ursäch­lich für den Un­fall ge­we­sen. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Be­ru­fung des Lan­des Hes­sen blieb vor dem OLG ohne Er­folg. Ge­gen die Ent­schei­dung kann Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde zum BGH ein­ge­legt wer­den.

Die Gründe:
Das Land Hes­sen hat kei­nen Scha­den­er­satz­an­spruch ge­gen den Reit­leh­rer.

Der Be­klagte hat zwar seine Pflich­ten als Reit­leh­rer da­durch ver­letzt, dass er seine Schüle­rin wei­ter tra­ben ließ, während die Stute und ihr Foh­len den Zir­kel durch­ge­quer­ten und die Halle durch das Tor ver­ließen. In die­ser Si­tua­tion hätte er seine Schüle­rin zu­min­dest auf­for­dern müssen, le­dig­lich im "Schritt" - also lang­sa­mer - wei­ter­zu­rei­ten.

Diese Vor­sichtsmaßnahme war des­halb ge­bo­ten, weil in die­ser Si­tua­tion, die na­he­lie­gende Möglich­keit be­steht, dass das tra­bende Pferd we­gen sei­nes Her­den­trie­bes mit ei­ner plötz­li­chen Rich­tungsände­rung den an­de­ren nach­fol­gen wolle. Da­mit ist eine Gefähr­dung für den Rei­ter ver­bun­den, wenn er im Trab oder Ga­lopp rei­tet, weil bei ho­hem Tempo eine un­vor­her­ge­se­hene Rich­tungsände­rung des Pfer­des vom Rei­ter nicht in je­dem Falle durch Körper­ver­la­ge­rung auf­ge­fan­gen wer­den und er des­halb stürzen kann. Dem­ge­genüber ist im Schritt eine sol­che Rich­tungsände­rung des Pfer­des in der Re­gel auf­fang­bar.

Es fehlt al­ler­dings ein zu­re­chen­ba­rer Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen der Sorg­falts­pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten und dem Sturz. Da der Wal­lach erst aus­ge­bro­chen ist, nach­dem das Tor be­reits wie­der ge­schlos­sen war, ist da­von aus­zu­ge­hen, dass er dies auch dann ge­tan hätte, wenn die Schüle­rin auf An­wei­sung des Be­klag­ten zunächst im Schritt und erst nach Schließen des To­res wie­der an­ge­trabt wäre.

 

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